Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)
zu sagenhafte 32 Billionen US-Dollar versteckt sein. Anfang April 2013 erregt Material über Steuerhinterzieher weltweites Aufsehen, das dem internationalen Journalistennetzwerk ICIJ zugespielt wurde: 2,5 Millionen Dokumente über 120000 Briefkastenfirmen, Offshore-Konten und andere Schwarzgeldanlagen. Für Deutschland werten die Süddeutsche Zeitung und der Norddeutsche Rundfunk das Material aus. Das Magazin Focus berichtet, dass 100000 Deutsche, weit mehr als bis dato vermutet, heimlich unversteuertes Vermögen im Ausland verstecken. Nicht nur Millionäre seien darunter, Unternehmer und andere Geschäftsleute, sondern auch ganz normale Rentner.
Die Wahrscheinlichkeit, als Steuerhinterzieher oder gar -betrüger mit Guthaben im Ausland aufzufliegen, war in Deutschland viele Jahre relativ gering. Bayern zum Beispiel legte lange Zeit nur wenig Fahndungseifer an den Tag. Dementsprechend hielt sich die Angst, erwischt und hart bestraft zu werden, sehr lange in sehr engen Grenzen. Das änderte sich schlagartig am 14. Februar 2008.
Die Bilder scheuchten damals nicht nur in Deutschland viele Schwarzgeldbesitzer auf. Fernsehleute waren rechtzeitig vor Ort, und so sah die ganze Nation zu, als im feinen Kölner Stadtteil Marienburg eine Ikone der deutschen Wirtschaft stürzte: Klaus Zumwinkel, Chef der Deutsche Post AG. Wenige Stunden später trat er von seinem Posten zurück. In fünf Jahren, so stand es später im Urteil des Landgerichts Bochum, hatte Zumwinkel via Liechtenstein fast eine Million Euro an Steuern hinterzogen. Das Gericht verurteilte ihn in einem der spektakulärsten Steuerprozesse der deutschen Rechtsgeschichte im Januar 2009 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Million Euro Strafe. Zumwinkel und Tausende anderer Steuerhinterzieher und -betrüger aus vielen Ländern waren aufgeflogen, weil ein Mitarbeiter der Liechtensteiner Fürstenbank LGT ihre Daten gestohlen und an die jeweiligen Staaten verkauft hatte. Die eigentlichen Folgen des Datenklaus reichten jedoch weiter. Liechtenstein trocknet seither als Steueroase langsam, aber sicher aus. Die internationale Politik setzte das Thema auf ihre Tagesordnung. Man werde die Steueroasen trockenlegen, kündigten Regierungschefs an. Vor allem die Amerikaner machen Druck.
Von alledem kann Gustl Mollath eine Dekade zuvor noch nichts ahnen. Doch ihn beschleicht schon in den späten 1990er Jahren ein schlechtes Gefühl. Er sorgt sich in diesem Zusammenhang um seine Ehefrau. Seit Jahren versuche er, seine Frau »zu einem durchweg legalen Handeln« im Hinblick auf ihre Geldgeschäfte zu bewegen, schreibt Mollath an Rampl. Im Übrigen würden »etliche Kollegen« im Umfeld seiner Frau ähnlich handeln. »Seit Jahren belasten mich diese Geschäfte, seelisch und dadurch auch körperlich«, notiert Mollath. »Über die vielen rechtlichen Probleme gar nicht zu reden.«
Tatsächlich waren die Geldgeschäfte wohl jahrelang Thema im Hause Mollath. Das ging so weit, dass das Gebaren der Ehefrau als Vermögensberaterin die Ehe belastete und im erbitterten Rosenkrieg eine Rolle spielte. Gustl Mollath hat das immer wieder niedergeschrieben und erzählt. Wie ihn moralische Zweifel geplagt hätten angesichts des Tuns seiner Frau für reiche Kunden, die noch dazu ihr Geld bisweilen mit fragwürdigen Geschäften verdienen würden. Mit Waffen zum Beispiel. Außerdem habe er seine Frau auch schützen wollen, damit sie nicht noch weiter auf die schiefe Bahn gerate. Wie die Schweiz-Geschäfte angeblich liefen, erzählt Mollath auch dem psychiatrischen Gutachter Friedemann Pfäfflin, als dieser ihn im November 2010 im Bezirkskrankenhaus Bayreuth besucht. Da sitzt Mollath bereits mehr als vier Jahre in der Psychiatrie.
Mollath, so notiert Pfäfflin in seinem Gutachten für das Gericht, habe ihm von regelmäßigen Kurierfahrten seiner Frau in die Schweiz berichtet. »Wenn wir mal einen vierzehntägigen Italienurlaub machten, fuhr ich sie auch hin nach Zürich und konnte dann den schönen Jugendstil-Tresorraum im Keller besichtigen, der schon für viele Filme als Kulisse herhielt«, zitiert Pfäfflin Mollath. Der hat nach eigenen Angaben seiner Frau irgendwann untersagt, die eigenen Autos zu benutzen. Daraufhin sei sie mit dem Zug gefahren. »Weil in den Zügen immer mehr Kontrollen durchgeführt wurden, hat sie sich dann hergerichtet, sich bescheiden gekleidet, ein Rucksäckle mitgenommen, damit sie nicht auffällt«, erzählt Mollath dem Gutachter. Seine Frau bestritt solche
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