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Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Titel: Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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die reiche, aber scheue Kundschaft insgesamt verschreckt.
    Die HVB-Revisoren nehmen derweil ihre Prüfungsaufgabe durchaus ernst. Sie sammeln Belege und Unterlagen, verfolgen und dokumentieren Zahlungsströme und konfrontieren die Beschuldigten mit ihren Erkenntnissen. Fünf Mitarbeiter sind es am Ende, denen die Prüfer in ihrem vertraulichen Abschlussbericht Nr. 20546 »Versäumnisse und Verfehlungen« vorhalten. Auch Mollaths Frau ist darunter. Schnell erweist sich, dass viele der später von psychiatrischen Sachverständigen und Richtern immer wieder als »Teil eines paranoiden Gedankensystems« bezeichneten Geschichten des Gustl Mollath der Wahrheit entsprechen.
    Die internen HVB-Ermittler enttarnen ein kleines, aber vitales Netzwerk innerhalb der Nürnberger Filiale, das offenkundig über Jahre hinweg fragwürdige Geldgeschäfte für reiche Kunden abwickelte. Offenbar schleusten Mitarbeiter Kundengelder von der eigenen Schweizer HVB-Tochterbank Ernst & Cie. zur Bank Leu. Auch das hat Mollath behauptet, und auch das sind keine Hirngespinste: »Die von Herrn Mollath in seinem Brief angedeuteten Depoterträge vom Bankhaus Ernst & Cie zum Bankhaus Leu fanden tatsächlich statt«, notieren die Prüfer in ihrem Abschlussbericht.
    Allein vom März 1999 bis März 2000 wurden auf diese Weise insgesamt 18,5 Millionen Mark von Kunden aus dem Raum Nürnberg zur Bank Leu übertragen. Die Prüfer nehmen mit der Bank Leu Kontakt auf. Ihr Gesprächspartner dort lässt »unzweifelhaft durchblicken«, dass die Nürnberger HVB-Leute dafür an ihrem Arbeitgeber vorbei Provisionen von der Bank Leu kassiert haben. »Wir sehen den Verdacht der Provisionsannahme als erwiesen an«, schreiben sie. Wenn aber Provisionen gezahlt wurden, heißt das, dass es die von Mollath beschriebenen Geldgeschäfte auch tatsächlich gegeben hat. Je tiefer die Revisoren graben, desto mehr finden sie.
    So stoßen sie darauf, dass Frau Mollath 1996 ihren Kunden Werner S. beerbt hat. Als der Mann stirbt, hat er dem Revisionsbericht zufolge allein bei der HVB-Vorgängerin Hypobank 1,2 Millionen Mark Vermögen liegen. Frau Mollath bezifferte ihren Erbanteil auf 800000 Mark. Landete das Geld in der Schweiz? Sie streitet dies energisch ab. Die Prüfer können rekonstruieren, dass sie sich zwischen 1996 und 1999 mindestens einmal jährlich in der Schweiz aufhielt. Ein kleines Indiz, mehr aber auch nicht. »Ein Zusammenhang mit den Vorwürfen ist nicht nachweisbar«, heißt es im Revisionsbericht.
    Gegenüber den Revisoren ist Frau Mollath weitgehend schweigsam. Zum Thema Schweiz verweigert sie die Aussage. So bleibt auch offen, was mit dem Vermögen der Familie K. geschah. Gustl Mollath stellt der HVB eine Vollmacht zur Verfügung, aus der hervorgeht, dass seine Frau Gelder der Familie K. in der Schweiz verwaltet. Die HVB-Revisoren geben sich damit offenbar zufrieden und haken nicht weiter nach.
    Am Ende ist es tatsächlich nicht so wahnsinnig viel, was die Revisoren Frau Mollath konkret zur Last legen können. Trotzdem ist es genug, um ihr bereits am 25. Februar 2003, noch während also die Revision läuft, außerordentlich zu kündigen. Sie wehrt sich dagegen – mit Erfolg. Das Berliner Arbeitsgericht spricht ihr knapp 20000 Euro Abfindung zu, die außerordentliche Kündigung wird aufgehoben.
    Dass seine Frau im Revisionsbericht verhältnismäßig glimpflich wegkommt, entkräftet Gustl Mollaths Vorwürfe von Schwarzgeld- und anderen krummen Schweiz-Geschäften jedoch keineswegs. Vor allem ist es Unsinn zu behaupten, dass im Revisionsbericht nicht explizit von Schwarzgeld die Rede sei, wie unter anderem von Justizministerin Merk immer wieder gerne vorgebracht. Denn ganz abgesehen davon, dass das Wort im Revisionsbericht durchaus mehrfach vorkommt: Die Art und Weise, wie die von den Prüfern offengelegten Geldgeschäfte mit der Schweiz abgewickelt wurden, legt zwingend nahe, dass Geld am Fiskus vorbeigeschleust wurde. »Es wurde Bargeld in Millionenhöhe in die Schweiz transferiert und der Transfer erfolgte, wie von Mollath geschildert, als Schmuggel«, sagt dessen Anwalt Gerhard Strate. »Anhand des Berichtes lässt sich klar belegen, dass es solche Bargeldtransporte gab.« Geld in bar dorthin zu schaffen ist ein klares Indiz dafür, dass es vor dem Finanzamt verheimlicht werden soll. Und es gibt dafür einen Augenzeugen, der sich anbot, den aber keiner hören will: Gustl Mollath.
    Der Sonder-Revisionsbericht der HVB gibt Gustl Mollath auch in einem anderen,

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