Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)
Carola D. seien völlig ohne Bedeutung. Denn sie »stand in keinem Verhältnis zu einem der Verfahrensbeteiligten, das geeignet gewesen wäre, ihre Objektivität in Zweifel zu ziehen«.
Was das alles mit dem Fall Mollath zu tun hat?
Der Fall Diehl hat damit nichts zu tun, es gibt aber eine pikante personelle Überschneidung an einer neuralgischen Stelle. Kurz bevor Staatsanwältin Carola D. die Ermittlungen in Sachen Diehl zugunsten des Rüstungskonzerns einstellte, flatterten ihr Ende 2003 auch die Strafanzeigen von Gustl Mollath auf den Tisch, in denen er seine Frau, ihre damaligen Kollegen und deren reiche Kundschaft der illegalen Geldgeschäfte und der Schwarzgeldtransfers in die Schweiz beschuldigte. Staatsanwältin D. war es, die ohne substanzielle Prüfung der Vorwürfe Mollaths sofort wusste, dass an dessen Anschuldigungen nichts dran sein konnte. Am 9. Februar 2004 stellte sie daher das Verfahren ohne nähere Untersuchung ein.
Nun muss man wissen, dass Nürnberg zwar eine halbe Million Einwohner hat, jedoch wie eine zu groß gewordene Kleinstadt funktioniert. Selbst dann, wenn man die etwa 250000 Einwohner der unmittelbar angrenzenden Städte Fürth, Erlangen und Schwabach hinzurechnet. Man kennt sich, man läuft sich über den Weg. Richter Brixner etwa, der bereits 2004 der Steuerfahndung Ermittlungen auf Mollaths Anzeigen hin ausredete und zwei Jahre später Mollath mit einem fehlerdurchtränkten Landgerichtsurteil auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie einwies, jener Brixner also war lange Zeit auch aktiver Handballspieler und -trainer. Und zwar in dem Klub, in dem auch der heutige Ehemann von Mollaths Exfrau demselben Hobby nachging. 1980 war Brixner nach eigenen Angaben sogar sein Trainer. Er versichert, danach habe man sich nicht mehr gesprochen.
Noch aufschlussreicher für das Nürnberger Beziehungsgeflecht ist der Blick in die Mitgliederlisten der dortigen Rotary-Clubs. Führende Staatsanwälte und Richter saßen in den für Mollaths Leben entscheidenden Jahren und sitzen größtenteils bis zum heutigen Tag als rotarische Freunde an einem Tisch. Und zwar mit ranghohen Bankern, hohen Tieren in Finanzbehörden und ebenso bekannten wie einflussreichen Nürnbergern, wie zu Lebzeiten auch Karl Diehl einer war. Verwaltet werden die meisten Nürnberger Rotary-Clubs übrigens damals wie heute – in der Geschäftsstelle der Nürnberger Hypovereinsbank. Dort also, wo Mollaths Exfrau und deren Kollegen ihren Schweiz-Geschäften nachgingen. Dort also, wo die Angst besonders groß war, es könnte etwas an die Öffentlichkeit durchsickern von dem, was die HVB-Revisoren aus München in ihrem geheimen Bericht an Unregelmäßigkeiten und Fragwürdigkeiten zutage gebracht hatten.
Um nicht missverstanden zu werden: Die Mitgliedschaft in einem Rotary-Club ist per se genauso wenig verdächtig wie jene in einem Handballverein. Rotarier tun auch viele gute soziale Werke. Es hinterlässt jedoch einen merkwürdigen Beigeschmack, wenn Menschen ihre rotarischen Freundschaften pflegen (auf welche man in diesen Kreisen große Stücke hält), die kraft ihrer Rollen eigentlich diametral unterschiedliche Interessen verfolgen. Zudem widerspräche es jeder menschlichen Erfahrung, wenn in den Zirkeln nicht bisweilen auch über Vorgänge gesprochen würde, die gleich mehrere Mitglieder gerade beschäftigen.
Zum Beispiel über einen renitenten Quälgeist, der bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeigen stellt, Richtern, Politikern und Bankern drängende Briefe schreibt, sich als Angeklagter vor Gericht nicht minder unbequem verhält und bei alledem auch noch jene Hypovereinsbank mit Schwarzgeldvorwürfen traktiert, bei der die rotarischen Fäden zusammenlaufen. Jene Bank, in deren Räumen man sich gerade unter guten rotarischen Freunden über justament so einen »Spinner« oder »Querulanten« austauscht. (Um hier mal den offenbar offiziellen Aktenvermerks-Duktus jener nordbayerischen Finanzbehörden wiederzugeben, die ja, ausweislich der Rotary-Listen, ebenfalls mit am Sekttischchen stehen.)
Könnte es sein, dass da einmal im trauten Kreis ein Banker über Mollath geklagt hat oder ein Staatsanwalt? Und zwar in einer Weise, dass der hohe Finanzbeamte oder der Banker auch einiges dazu zu sagen wussten? Oder befinden wir uns hier bereits im Bereich der wahnhaften Spekulation?
Was also wäre zu tun? Gut, es wäre schon ein Fortschritt, wenn sich jemand, der Gerichtspräsident, Chef einer Finanzbehörde oder
Weitere Kostenlose Bücher