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Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Titel: Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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Aufsatz ja genau dafür starkgemacht: für das rechtzeitige Anmelden. »Die Untersuchung des Probanden erfolgt vorangekündigt an mindestens zwei Terminen,« schreibt Kröber in diesem Aufsatz.
    Auch die andere Forderung – Einsicht in die interne Dokumentation – ist nach Mollaths Erfahrungen in Bayreuth wohl nur zu verständlich. Immerhin wurde ihm dort schon einmal aus seiner Forderung, er wolle eine Kernseife zum Waschen, ein Strick gedreht. Im Beharren auf Kernseife wusch sich Mollath einige Tage aus Protest nicht, das geriet den Psychiatern zum Beleg für seine Wahnkrankheit. Um solches Verhalten klarstellen zu können, muss man es eben erst mal wissen. Deshalb will Mollath Einsicht in diese internen Akten.
    Im Fall Mollath ist dieser auf den ersten Blick eher unscheinbar wirkende Moment, in dem er Kröber mitteilt, seine beiden Forderungen seien nicht erfüllt, einer der entscheidenden in der Geschichte. Mollath ist im April 2008 seit zwei Jahren ununterbrochen in einer geschlossenen Anstalt eingesperrt. Seit September 2007 liegt ein Gutachten vor, das ihm attestiert, nicht unter einer psychotischen Erkrankung zu leiden. Sicher: Es ging in diesem Gutachten hauptsächlich um die Frage, ob Mollath geschäftsfähig ist. Aber auch das Gericht in Regensburg sah sich nach diesem Simmerl-Gutachtens veranlasst, die Unterbringungsnotwendigkeit noch einmal überprüfen zu lassen.
    Es sieht also jetzt, nachdem Mollath gegenüber Hans Simmerl das erste Mal über seine Sache gesprochen hat, erstmals seit langem ziemlich gut aus für ihn. Zumindest empfindet er es so. Internem Klinikpersonal will er sich nicht anvertrauen, weder in Bayreuth noch in Straubing. Mollath glaubt nicht, dass Klinikärzte unvoreingenommen an seine Sache rangehen. Ihm ist klar: Wenn das Gespräch mit Kröber schiefläuft, warum auch immer, dann ist für lange Zeit keine Freilassung in Sicht. Dann kommen wieder nur die internen Stellungnahmen, die oft nur die Wiederholung von vorher schon Geschriebenem sind. Dann geht es um die abwehrende Haltung Mollaths dem Klinikpersonal gegenüber. Dann wird wieder mit großem Ausrufezeichen betont, dass der nach Aktenlage wahnkranke Mollath Behandlung und Medikamente verweigert. Dann bleibt Mollath wahrscheinlich noch für weitere Jahre hinter weißen Wänden. Denn bis der nächste externe Gutachter zu Gustl Mollath gelassen wird – das dauert erfahrungsgemäß.
    Mollath weiß, dass er nun alles richtig machen muss. Und entscheidet sich spontan möglicherweise: für das Falsche. Als das Telefon läutet und er sich gleichsam aus dem Stegreif von Kröber untersuchen lassen soll, sagt er: Nein. Er wollte sich darauf vorbereiten. Er wollte seine Akten lesen. Darum hatte er ausdrücklich gebeten.
    Versteht man Kröber richtig, so will er sich durchaus rechtzeitig angemeldet haben. In dem Fall hat es offenbar aber nicht funktioniert. Pech, könnte man sagen, Pech für Gustl Mollath. Was der nicht wissen kann: dass einer, der begründet, warum er sich unter diesen Umständen nicht begutachten lassen will – dass so einer dann trotzdem begutachtet werden kann. Nur eben aus der Ferne.
    Wie war das mit Kröbers theoretischer Grundlegung aus dem Jahr 1999? »Die Untersuchung des Probanden erfolgt vorangekündigt an mindestens zwei Terminen.« In diesem Fall aber ist die Vorankündigung nicht zu Mollath vorgedrungen, warum auch immer. Und ein zweiter Termin kam dann auch nicht mehr zustande. Am 27. Juni 2008 jedenfalls legt Kröber sein Gutachten vor. Aus Mollaths Sicht fällt es vernichtend aus. Und für seine Zukunftsperspektive verheerend.
    Kröber zitiert die Erlanger Fachärztin, die Mollath nie gesehen hat: Mit großer Wahrscheinlichkeit leide Mollath an einer ernstzunehmenden psychiatrischen Erkrankung.
    Aus dem Urteil des Landgerichts von 2006 übernimmt er den Satz: »In der Hauptverhandlung am Amtsgericht Nürnberg am 25. September 2003 übergab Herr Mollath Schriftsätze zu seiner Verteidigung, die in keinerlei erkennbarem Zusammenhang zu den Anklagevorwürfen standen.« Dieser Satz war schon im Urteil auf bizarre Weise falsch.
    Es wird auch beschrieben, dass Mollath bei der Aufnahme im Bezirkskrankenhaus Bayreuth »ungepflegt gewirkt« habe. Auffällig sei sein negativistisches Weltbild mit paranoiden Denkinhalten, insbesondere der »Schwarzgeldkreis-Verschwörung« gegen ihn. Auch die innere Stimme, die Mollath sage, er sei ein ordentlicher Kerl, findet bei Kröber Erwähnung. Und dass seine Stimmung

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