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Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Titel: Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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aufgrund einer nicht erfolgreichen Firmengeschichte völlig unfähig zu sein, kaufmännische Geschäftsfähigkeiten zu entwickeln?
    In den Beschuldigungen, die Mollath aussprach, habe Simmerl offenbar »keine wahnhaften Inhalte zu erkennen« vermocht. Heißt das vice versa: Man könnte in der klinischen Psychiatrie aus Beschuldigungen wahnhafte Inhalte erkennen, ohne den Wahrheitsgehalt der Beschuldigungen vorher abgeklärt zu haben? Oh.
    Kröber zitiert ausführlich aus dem Protokoll, das Simmerl über das Gespräch mit Mollath in seinem Gutachten verwendet hat. Unter anderem: dass Mollath überhaupt nicht einverstanden sei mit der Versteigerung seines Hauses. Dass seine Frau hohe Ansprüche gegen ihn angemeldet habe. Dass er sich letztlich gegen den finanziellen Ruin nicht werde wehren können. Dass er es seiner Frau aber so schwer wie möglich machen werde. Dass er vor den ganzen Ereignissen mit seiner Frau nie in nervenärztlicher Untersuchung gewesen sei. Dass er sich nie als fanatisch oder querulatorisch empfunden habe, vielmehr immer schon ein gerechtigkeitsliebender Mensch gewesen sei. Dass ihm der Richter bei der Verhandlung immer das Wort abgeschnitten habe. Dass verhindert hätte werden sollen, dass er etwas gegen den Schwarzgeldskandal berichtet. Kröber kommentiert dies: All dies seien Angaben, die Mollath gegenüber Herrn Simmerl gemacht habe und »von diesem offenbar nicht als Ausdruck einer wahnhaften Störung gewertet wurden«.
    Das folgende Detail könnte man schlechterdings kaum erfinden. Zuvor hat Kröber dargestellt: dass Mollath am 27. Februar 2006 in seinem Haus festgenommen wurde, auf dem Dachboden in einem Zwischenboden aufgefunden wurde, sich hinter einer Kiste versteckt hat – der ganze vom Landgericht verzapfte Mist. Nun schildert Kröber aus dem Gutachten von Simmerl, der schlicht das aufgeschrieben hat, was Mollath ihm gesagt hat. Dass er nämlich vor der Kirche um eine Personenüberprüfung gebeten habe und danach festgenommen worden sei. Ausweislich des Polizeiprotokolls stimmt diese Darstellung Mollaths exakt, die Simmerl in sein Gutachten übernommen hat. Und damit stimmt nicht: die Darstellung Kröbers. So einfach ist das. Kröber stellt das dar, was Simmerl protokolliert hat, und merkt an: Diese Angaben Mollaths wären vom Kollegen Simmerl offenbar nicht als Ausdruck einer wahnhaften Störung gewertet worden. Es ist wohl an der Zeit, Kröber um eine Stellungnahme zu bitten. War er also der Ansicht, dass diese Angaben Mollaths vice versa »Ausdruck einer wahnhaften Störung« seien? »Auf Ihre […] Fragen zum Gutachten Simmerl kann ich nicht antworten, ohne auf Begutachtungsinhalte einzugehen; datenschutzrechtlich sehe ich da Grenzen«, antwortet Kröber.
    Kröber kommt in seinem Gutachten zu dem Urteil, es gäbe in der Sache Mollath eine »recht dürftige Informationslage«. Sicherlich, räumt er ein, wäre »es gut und sinnvoll« gewesen, mit Mollath zu sprechen, dieser hätte sinnvollerweise die Chance nutzen sollen, seine Sichtweise darzustellen. Andererseits, urteilt Kröber, könne »eindeutig festgestellt« werden, dass die Materialien, »die insbesondere Dr. Leipziger zusammengetragen hat, vollauf ausreichen, um die Diagnose einer ›wahnhaften Störung‹ zu rechtfertigen«.
    Es geht dann noch mal gegen Simmerl: »Unsicherheit über das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen geschaffen«, schreibt Kröber, »hat offenbar allein das Gutachten von Herrn Dr. Simmerl.« Das Wort »allein« ist in dem Zusammenhang interessant, war doch Simmerl auch derjenige, der »allein« und als Einziger Mollath zu dem Zeitpunkt untersucht hat. Simmerl habe es »offenbar durchaus für naheliegend halten« wollen, dass die Ehefrau Mollaths »in große kriminelle Geldverschiebegeschichten mit der Schweiz verwickelt war«, dass die Beschuldigungen Mollaths also wahr seien. Der Professor aus Berlin urteilt über den Nervenarzt aus Niederbayern: »Bei Kenntnis der Sachlage vermag dieses Gutachten […] durchaus Verwunderung zu erwecken.«
    Jetzt wird es ziemlich heftig für Simmerl. Kröber hätte dem Vormundschaftsgericht geraten, zur Frage der Geschäftsfähigkeit »vielleicht doch einen kompetenteren Sachverständigen anzuhören, der sich gerade in einer Fragestellung wie hier stärker anhand der aktenkundigen Fakten zurückzuversichern bemüht«.
    Kröber sieht die wahnhafte Störung bestätigt, er schlägt vor: Möglicherweise sei »nach einer anfänglichen medikamentösen

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