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Die Affen von Cannstatt (German Edition)

Die Affen von Cannstatt (German Edition)

Titel: Die Affen von Cannstatt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Hand hin, als hätten wir nicht einst intimere Berührungen ausgetauscht, hinter die man nicht zurückkann, und bittet mich Platz zu nehmen. Er hat eine Bücherwand und eine Couch mit Tisch und zwei Sesseln in seinem Büro stehen, von dessen Fenstern man ins Neckartal blickt, das winterdürr unter tiefem Himmel liegt. Die ersten Schneeflocken fallen schon, Schnee ist angekündigt, aber dass er die Stadt begraben wird, ahnt man noch nicht.
    Till nimmt wie immer auf der Couch Platz, legt den Knöchel des einen Beins aufs Knie des anderen und breitet seine Arme auf der Rückenlehne aus. So installiert, fühlt er sich gut, groß und sicher. Manuela hat die Geste und ihre Reaktion darauf erbittert beschrieben: »Ich mache mich schmal, schlage die Beine übereinander, ziehe die Ellbogen an den Körper, sitze krumm, ducke mich.«
    Ich bin nicht Manuela. Ich nehme die Bedingungen meines einstigen Geliebten nicht an. Eine davon ist, dass ich im Sessel eine Haltung gespannter Unterwerfung einnehme. Er will, dass ich gute Miene zum bösen Spiel mache. Damit das geschieht, muss das Spiel böse werden. Die Verlängerung meines Jahresvertrags steht zur Debatte. Manuela kommt ja nun nicht wieder.
    »Wie geht es dir?«, fragt er. Sie lernen das in den Seminaren. Er hat es mich nach den ersten drei Wochen meines Probehalbjahrs auch schon gefragt. Es reichte ihm nicht, dass ich »gut« sagte. Er wollte mehr. Er lockte mit kumpelhaftem Augenzwinkern: »Die KoPla ist ja eine nicht immer einfache Abteilung. Daniela Hübner hat manchmal ganz schön Haare auf den Zähnen.«
    Damals glaubte ich, man pflege einen offenen Umgang untereinander, und erzählte ihm wie unter Vertrauten, dass ich mich an Danielas Launen und Wutanfälle erst habe gewöhnen müssen. »Sie scheint ein bisschen zu hadern mit ihrer Position«, plauderte ich. »Aber inzwischen verstehen wir uns gut. Sie ist ausgesprochen kompetent und ziemlich unterfordert.« Heute noch schäme ich mich des ersten Teils meiner Aussage. Ich habe nicht gemerkt, dass er Informationen sammelt, um sie gegen andere zu verwenden. Wenig später hat er Daniela zu sich gerufen. Sie hat es mir erzählt. Ihm sei zu Ohren gekommen, sie maße sich eine Vorgesetztenrolle an und vergifte das Betriebsklima. Wer ihm so was zutrage, fragte sie ihn, aber er wollte natürlich keine Namen nennen. Ich habe ihr gleich gestanden, dass es meine Schuld war. Dabei hätte ich mehr Gewicht auf ihre Kompetenz gelegt. Aber auch Daniela hat sich nur das Negative gemerkt. Danach ist sie mit mir nur noch mittags essen gegangen, wenn Arne und Batari dabei waren.
    »Mir geht es gut«, antworte ich jetzt auf seine Frage. Gemütlich zurückgelehnt sitze ich vor ihm im Sessel, die Arme locker auf den Seitenlehnen, die Beine nicht übereinandergeschlagen.
    Er steht auf, er springt fast hoch, holt eine Mappe vom Schreibtisch, kehrt zurück, setzt sich wieder und blättert. »Wie du sicher weißt«, sagt er, »müssen wir demnächst über eine Verlängerung deines Vertrags entscheiden. Wie ich sehe, ist man im Allgemeinen recht zufrieden mit deinen Leistungen.« Er schaut gar nicht hoch.
    »Was ist das denn für eine Akte?«, frage ich ihn. »Darf ich mal sehen?«
    Er schaut hoch und wirkt erstaunt.
    »Aber ich darf doch jederzeit Einblick in meine Personalakte nehmen«, sage ich.
    »Das ist nicht deine Personalakte.«
    »Wie? Du legst Dossiers über mich und andere an?« Ich bin verblüfft. Ist das erlaubt, frage ich mich. Ich werde mich beim Betriebsrat erkundigen. »Da bewegst du dich aber auf dünnem Eis.«
    »Inwiefern?« Ich höre seiner Stimme an, dass er nicht entspannt ist. Er verteidigt sich: »Es steht doch nichts Negatives drin. Da kann ich dich beruhigen.«
    »Und was steht in Manuelas Dossier? Hast du es noch?«
    Er richtet sich auf, setzt sich ordentlich hin. »Wie darf ich das verstehen?«
    Ich lächle ihn an. »Die hast du auf dem Gewissen, Till.«
    Er gibt sich begriffsstutzig. »Ich verstehe nicht recht, was du mir hier andeuten willst, Camilla. Du bist weder Medizinerin, noch warst du damals im Betrieb. Du kannst dich also nur auf Hörensagen berufen. Und das, meine liebe Camilla, ist deiner unwürdig.«
    Ich hänge meinen Blick ins Bücherregal. Ruhig bleiben. Nicht antworten. Sich nicht verteidigen.
    Etwas fällt mir auf, in diesem Moment. Ich erinnere mich, ich habe gestutzt, war für den Bruchteil einer Sekunde abgelenkt. Ich habe etwas gesehen, aber ich komme nicht mehr darauf, was es war. Ich musste

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