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Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Titel: Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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monolithische Erschöpfung hatte sich ihrer bemächtigt, als die uralten und grauenerregenden Kräfte sich abschwächten und versiegten. Dann spürte sie, dass jemand Bekanntes durch die abgrundtiefe, mahlende Müdigkeit hindurch Kontakt mit ihr aufzunehmen suchte. Sie wollte etwas sagen, doch es gelang ihr nicht. Dann löste sich auch noch ihr Bewusstsein auf in einem zeitlosen, unkörperlichen Fluss ohne Anfang und Ende …
    Als sie erwachte, taten ihr alle Glieder weh, auch im Hals und im Rücken hatte sie Schmerzen. Sie lag in einer kleinen Hütte auf einer Pritsche, zugedeckt mit einer grob gewebten Decke, die schwach nach Kräutern duftete. Sie gähnte, kratzte sich hinter dem Ohr, dachte ans Essen … und setzte sich unvermittelt auf. Zitternd betastete sie ihre Hände, Arme, Beine, Füße und begriff allmählich, dass sie wieder einen Körper hatte, ihren eigenen Körper!
    Hellwach geworden, lag sie einen Moment lang da, dann erhob sie sich, wickelte sich in die Decke und schaute aus dem Fenster.
    Sie blickte auf eine Bucht mit Bäumen und dichtem Laub, nicht weit vom Ufer schaukelten ein paar Boote. Ein kühler Wind wehte vom Meer her, doch es roch noch immer verbrannt.
    »Ah, schön, dass du auf bist. Hab Kleider für dich.«
    Eine große, hagere Frau in zerlumpter, mehrfach geflickter blauer Weste und Arbeitshose hatte die Hütte betreten. Sie legte einen Arm voll Wäsche auf einen Hocker.
    »Wo bin ich?«, fragte Cat. »Wie bin ich hierhergekommen?«
    »Wiegeschleier nennen die Uvovo den Ort. Das ist unser Wachbaum. Ich heiße übrigens Kirsten.«
    Sie gaben sich die Hand, und Cat stellte sich vor. Kirsten machte große Augen.
    »Der Uvovo, der dich gestern Abend herbrachte, hat uns nicht gesagt, wer du bist«, meinte sie und senkte die Stimme. »Warst du dabei? Wie war das?«
    »Was meinst du?«, fragte Cat, die keine Ahnung hatte, wovon die Rede war.
    »Warte, ich zeig’s dir.«
    In die Decke gehüllt, trat sie hinter Kirsten auf die Plattform hinaus, die die Hütte umgab.
    »Da drüben ist eine Plattform, von der aus man einen guten Ausblick nach Süden hat«, sagte Kirsten.
    Eine Rampe führte zu einer überdachten Plattform mit brusthohem Geländer hoch. Als Cat die Plattform betrat und sich der Brüstung näherte, traf es sie wie ein Faustschlag.
    Vom Wald Segranas, von der wundervoll verflochtenen, verwobenen Matrix aus Flora und Fauna, Biomasse und organischem Leben und all den Städten und Siedlungen der Uvovo war nichts mehr übrig. Eine versengte, verrußte Ödnis erstreckte sich so weit das Auge reichte, eine Aschewüste, aus der die verkohlten Baumgerippe wie schwarze Stacheln aufragten. Dieses Grauen hatte sie in ihrer Vision erblickt. Eine bedrückende Stille ging davon aus, die bis in ihr Innerstes reichte.
    Mit tränenüberströmtem Gesicht lehnte Catriona sich ans Geländer, sonst wäre sie zusammengebrochen. Überall lagen verbogene Cyborgwracks herum, mit angeschmolzenen Werkzeugarmen und hervorquellenden elektrischen Eingeweiden. Chel und der Zyradin hatten von einem großen Opfer gesprochen. Das hier aber war einfach zu viel.
    Sie ertrug den Anblick nicht. Schluchzend sank sie zu Boden und schlang die Arme um die Knie, während Kirsten tröstend auf sie einredete.

39 Julia
    Alles wirkte beunruhigend improvisiert. Harry schilderte ihr in allen Einzelheiten Reski Emantes’ Ablenkungsmanöver – ein Dutzend Störremotes hatten die Energieprofile von Konstrukt-Kampfdroiden emittiert, als sie über verschiedene Luftschleusen in die Station eingedrungen waren –, und kurz darauf begann das Datenformgerät, sie für den Transfer umzustrukturieren. In diesem Moment lag Julias Körper auf einer Liege in einem der Subraum-Signaltürme der Großen Nabe, die neuronalen Pfade ihres leeren Bewusstseins standen unter der Kontrolle einer speziellen AI, die von den Subservern als Kognition bezeichnet wurde und in einem Hirnimplantat lokalisiert war. Sobald Julias fraktalisiertes Bewusstsein umstrukturiert war, würde sie in das Implantat gestreamt werden, die Kognitions-AI überschreiben und die Kontrolle übernehmen. Sie hatte im Schichtnetz gewaltige interplanetarische Entfernungen zurückgelegt, es war zu erstaunlichen Begegnungen gekommen, sie hatte unglaubliche Dinge gesehen und mit tödlichen Gegnern gekämpft, nur damit der Kreis sich schließen konnte.
    Nun, ganz geschlossen hatte er sich noch nicht – ihr Kortex wies zu große Schäden auf, um das Risiko eines organischen Transfers

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