Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)
Julias vereiteltem Fluchtversuch von Bord der Sakrament , dem Mutterschiff der Chaurixa-Terroristen, erklärt. Julia hatte sie angehört, nachdenklich genickt und ihr kein Wort geglaubt.
Sozusagen als Zeichen ihrer Gutmütigkeit und ihres guten Willens hatte Talavera ihr das Haus, den Hund, das Boot und so weiter überlassen, und als Julia um einen menschlichen Gefährten bat, willigte die Terroristin nach kurzem Überlegen ein.
Es war der fünfte Tag seit ihrer Ankunft am Strand, wenngleich objektiv nur ein Tag verstrichen war. Während sie sich auf der Veranda aalte, löste sie Informationsknoten und Muster aus der Rohdatenwolke heraus, die wie ein gewaltiger, langsam kreisender Tornado über ihr dräute und dessen graue und schieferblaue Ströme gesprenkelt waren mit funkelnden Partikeln, die in verflochtenen Strängen gefangen waren.
Ein Stück weiter am Strand rannte lachend eine Frau und spielte mit dem Hund, warf Stöcke und plantschte im flachen Wasser. Der Wind trug ausgelassenes Hundegebell heran.
Die Darstellung war symbolisch. Indem sie Daten aus dem Tornado herauslöste, konfigurierte sie sie für die Rechenmakros, die sie in bestimmten Kortexregionen angelegt hatte, in jenen dicht gepackten Netzen neuronaler Pfade, die unter ihrer bewussten und kundigen Kontrolle standen. Dies war ihr eigener Mikrokosmos, und deshalb bereitete es ihr Vergnügen, zu beobachten, wie die Informationsstränge sich zum messingfarbenen, glockenförmigen Einlass einer kleinen, aber wundervoll archaisch wirkenden Maschine schlängelten, die auf dem Verandatisch stand. Sie bestand aus bizarren Einzelteilen mit blinkenden Lämpchen und stieß Funken sprühend und schnaufend Dampfwolken aus. Im Stundenabstand ertönte eine Fanfare, und am anderen Ende rollte eine daumengroße Glaskugel hervor und landete in einem ausgepolsterten Korb. Julia nahm sie heraus, legte sie auf ein dreieckiges Tablett und schichtete sie nach und nach zu einer funkelnden Pyramide, die nach ihrer Vollendung verschwinden würde, sobald sie den Blick abwandte.
Sie war sich vollkommen bewusst, dass ihr Körper ungeachtet der angenehmen Umgebung und aller sonstigen Annehmlichkeiten reglos in einem von Talaveras Virtualitätstanks ruhte. Sie konnte schon von Glück sagen, wenn man sie seit ihrer Einkerkerung in Ruhe gelassen und keiner forensischen Untersuchung unterzogen hatte.
Hundegebell und das Geräusch von Schritten kündigten die Rückkehr ihrer Gefährtin an.
»Ach, Julia! Immer nur arbeiten und keine Erholung sind schlecht für den Verstand, weißt du!«
Catriona Macreadie, bekleidet mit hellblauer Windjacke und geblümter Hose, zog einen Korbstuhl an den Tisch heran und setzte sich. Der Golden Retriever legte sich ihr zu Füßen nieder.
»Das ist ein dringendes Projekt, Cat«, sagte sie. »Und da ich dafür verantwortlich bin, muss ich mich ranhalten.«
»Aber wenn es abgeschlossen ist, nehmen ich und Benny dich zu den Felstümpeln mit, die wir entdeckt haben – du musst dir unbedingt mal die Ammonitkrabben anschauen!«
Julia nickte lächelnd und wunderte sich, denn sie hatte bestimmt noch nicht an Felstümpel gedacht und dem Hund auch keinen Namen gegeben. Andererseits sollte das auch keine exakte Kopie der realen Catriona sein, die viel weniger umgänglich war. Julia wollte sich schon erkundigen, wie weit es bis zu den Felstümpeln sei, als das Tischgerät wieder seine blecherne Fanfare ertönen ließ und eine weitere Glaskugel ausstieß. Catriona fischte sie mit leisem Lachen aus dem Auffangkorb.
»Wunderschön«, sagte sie und blickte in das verschleierte, strukturierte Innere der Kugel.
Der Hund stellte sich auf einmal auf die Beine und sah Julia an.
»Vorlagenpaar kompiliert«, sagte er. »Anweisungen?«
»Kopieren und überschreiben.«
Catriona, die gerade die Kugel auf das dreieckige Tablett hatte legen wollen, erstarrte mitten in der Bewegung. Ihre Gestalt wurde opak, als eine leuchtende Transsektionsebene sie von Kopf bis Fuß durchdrang. Als es vorbei war, wurde sie wieder körperlich, die Kugel fiel mit einem klickenden Geräusch aufs Tablett, und Catriona richtete sich mit leerem Blick auf und wartete auf Anweisungen.
Julia lächelte. Als Talavera und deren Handlanger sie in den Virtualitätstank sperrten, hatten sie nicht gewusst, dass sie das letzte Polymot in ihrem Haar versteckt hatte, in der Nähe des Scheitels. Vor ein paar Tagen hatte sie einen Satz Polymote – Bauelemente im Nanomaßstab – umprogrammiert und
Weitere Kostenlose Bücher