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Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Titel: Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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zu, nickten und winkten. Willkommen in Di-Yu, sagten sie, willkommen in der Hölle des Eisennetzes. Einer sagte: Der Gott Ping-Deng ist hier der oberste Richter. Ein anderer sagte: Hast du eine der Zehn Unverzeihlichen Sünden begangen? Wenn ja, kommst du hier nicht mehr raus …
    Ich habe nicht gesündigt, ehrlich, mein Wort darauf!, wollte er erwidern und schlug die Augen auf, ohne sich bewusst zu sein, dass er sie geschlossen hatte …
    Zu seinem Entsetzen befand er sich jetzt selbst in einer der Nischen und starrte einen anderen Unglücklichen an, der erschlafft in seinem Käfig hing. Ich bin wohl ohnmächtig geworden, überlegte er, doch als er die Flaschen ansah, waren die meisten noch fast voll. Eine namenlose, unentrinnbare Angst krampfte ihm den Magen zusammen, der vor Hunger zuckte. Dann bemerkte er trotz seiner Qualen, dass der ihm gegenüber fixierte Gefangene, ein schlaksiger Humanoider mit plumpem Kopf, ein dunkles, feucht glänzendes Auge geöffnet hatte und ihn ansah.
    Doch die Drogen betäubten schon wieder seine Sinne und den Protest seines Bauchs, wogten heran wie eine warme Woge, die ihn überrollte und in eine glitzernde Dunkelheit fortriss …
    Als er das nächste Mal erwachte, hörte er Stimmen, das Rollgeräusch von Rädern und das Klirren von Werkzeug. Er lauschte mit geschlossenen Augen.
    »… warum wird dem hier der Glückstod vorenthalten? Er ist doch reif dafür …«
    »Anordnung der Großlords – Menschen sollen für unsere Vor-Brüder bewahrt werden, die haben etwas anderes mit ihnen vor …«
    »Potsch! Bewusstseinsfresser-Abschaum – die sind nicht meine Brüder! Kein Ehrgefühl, schlechtes Karma …«
    »Du kriegst gleich schlechtes Karma, wenn der Alte Eisenzahn dich hört …«
    Infusionsflaschen klirrten, dann strömte eine träge Woge durch seine Adern, erst prickelnd, dann besänftigend und schließlich betäubend …

15 Chel
    In seinen verschlungenen Träumen wanderte er umher. Er meinte, durch das dichte Laubwerk des Tochterwaldes bis zum dahinter liegenden rauen Land und in die entferntesten Winkel der Menschenkolonie blicken zu können. In seinem Vudron-Traum lagen alle sieben Tochterwälder merkwürdig nah beieinander – ein kurzer Spaziergang führte nach Ibsenkog im Süden oder nach Tapiola im Norden. Die ganze Landschaft der Kolonie war in leuchtenden Farben und in allen Einzelheiten vor ihm ausgebreitet: die Dörfer und Städte ebenso wie die Wege und Wälder des Bauernlands an der Küste.
    Den Tochterwäldern aber war eine ganz spezielle Ausstrahlung eigen, eine schwache Aura von Macht und Geheimnis, was selbst für den armen, halb abgebrannten und vernachlässigten Buchanskog im Osten von Hammergard galt. Die kalten Wogen der Korzybskisee erstreckten sich nach Osten, im Westen lag die Schulter des Riesen, dahinter ein Labyrinth von Felsgraten und Schluchten und die Vorberge des Kentigerngebirges, dessen schroffe Gipfel sich nach Westen und Norden erstreckten. Und in den Tälern und Schluchten, entlang der Südflanke der Savrenkiberge und der Nordseite des großen Arawnwaldes, schimmerten Höhleneingänge, alte Uvovo-Kammern, die zu Zeiten von Segrana-Die-War angelegt worden waren.
    Eine davon hatte er vor vielen Tagen besucht, kurz nach seiner Verpuppung zum Seher, und die Erinnerung an das verstaubte Innere stand ihm erstaunlich klar und deutlich vor Augen. Der Vudron-Traum war lebensvoll, aber leicht zu lenken – eben noch war er über die dunstverhangenen, sonnenbeschienenen Wege des Tochterwaldes gewandelt, da befand er sich auf einmal in der trockenen, sandigen Düsternis der unterirdischen Kammer. Gelehrter Trem, der damals dort die Aufsicht führte, näherte sich ihm von der Seite, das braune Gewand voller Staub.
    »Hüter«, sagte er. »Das ist der Same des Krieges. Du musst die Augen holen.«
    »Ich bin nicht der Hüter«, entgegnete Chel. »Die Menschenfrau Catriona ist die Hüterin.«
    »Die Hüterin Umaras«, sagte Trem, »muss die Augen zu den Samen des Krieges bringen.«
    Plötzlich stand er in der unter dem Wurzelhaus befindlichen Kammer der lebenden Wurzeln. Gelehrter Trem hob die hohle Hand über eine in die Wand eingebettete dicke Wurzel, neigte sie und ließ blau leuchtende Stäubchen darauf niederrieseln. Sie sanken in die feuchte grün-schwarze Holzhaut ein, und bald darauf breitete sich ein flackerndes blaues Flechtwerk über die Verzweigungen auf andere Wurzelsysteme aus, bis der Raum in reinem blauem Licht erstrahlte.
    Chel atmete scharf

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