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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Euch beim Packen so strenge Beschränkungen auf, dass Ihr es wohl zurücklassen würdet. Und er…« Chedan lächelte traurig. »Er meinte, Ihr würdet wahrscheinlich auch ihm nicht gestatten, es mitzunehmen.«
    »Das sieht ihm ähnlich«, lachte Tiriki. »Wir hatten mehrere Diskussionen darüber, was mitdurfte und was zurückbleiben sollte.« Ihre Augen wurden feucht. Bevor die Gefühle sie überwältigen konnten, öffnete sie das Kästchen und schaute hinein. Es war bis zum Rand gefüllt mit kleinen Schmuckstücken wie Ohrgehängen, Medaillons samt den dazugehörigen Ketten und verschiedenen Ringen. »Seltsam, was einem Prinzen wichtig erscheint.« Sie wollte den Deckel schon wieder schließen, als ihr Blick plötzlich auf einen Gegenstand fiel.
    »Mutter der Nacht«, hauchte sie. »Seid gepriesen, Chedan. Ihr und auch Micail.«
    Der Magier beugte sich vor und schaute in das Kästchen. »Was habt Ihr gefunden?«
    Sie hatte die Finger geschlossen, doch nun hielt sie ihm die flache Hand hin. Ein Ring blitzte auf. Der Stein war nur klein, hatte aber unglaublich viele Facetten, er war schuppig und glatt, Intaglio und Kamee zugleich, ein feines Netz aus Licht und Schatten. »Wir waren fast noch Kinder, als er ihn mir schenkte. Wahrscheinlich ein Erbstück aus dem Schmuck seiner Großmutter, das er sich einfach genommen hatte.«
    Chedan nickte. Er hatte das Wappen des Seereichs erkannt. Zwei Drachen, ein roter und ein weißer, fest ineinander verschlungen im ewigen Kampf des Guten gegen das Bessere. Doch er wusste auch, dass Tiriki nicht das Wahrzeichen vergangener Größe darin sah, sondern Micails erstes, kostbarstes Liebespfand.
    »Ob er mir wohl noch passt?«, murmelte sie mit bebender Stimme. »Es ist so lange her…« Sie schob ihn auf den Finger, verzog das Gesicht, als er am Gelenk stecken blieb, und zwängte ihn gewaltsam darüber.
    »Seht Ihr…«, sagte Chedan leise. »Micails Liebe hält Euch umfangen, was immer auch geschieht.«
    Ihr Blick flog zu seinem Gesicht, und sie sah, was er dachte, bevor er es verbergen konnte. Falls die Seuche noch schlimmer würde, falls auch er nicht überlebte, würde sie jeden Trost brauchen, den sie finden konnte.
    Ein Schatten huschte über das Gras. Er hob den Kopf. Jubel erfüllte sein Herz, die Sorge trat in den Hintergrund, denn vor der Sonne zeichneten sich die schlanken Umrisse eines Falken ab.

12. Kapitel
    Der Falke schwebte über der Ebene, ein Fleck Leben an der unendlichen Weite des Himmels. Für das Auge des Vogels bestand kein Unterschied zwischen einem Priester und einem Bauern, zwischen jenen Menschen, die auf den Feldern arbeiteten, und jenen, die ihre Anstrengung darauf richteten, die großen Sandsteinblöcke hinaus auf die Ebene zu bewegen. Der Falke betrachtete alles Handeln der Menschen mit erhabener Gleichgültigkeit. Micail, der sich bemühte, sieben Sänger zu einem Chor zu vereinen und so ein Werkzeug zu schaffen, das geeignet wäre, mittels der Magie des Gesangs die Steine anzuheben, hätte gern die gleiche Einstellung gehabt.
    Vergangene Nacht hatte er geträumt, er säße mit Chedan in einer kleinen Taverne in Ahtarra, gleich unterhalb der Bibliothek; sie tranken Raf Ni'iri und ließen sich von ihrer Unterhaltung treiben, so wie es zuweilen mit Ardral der Fall war. Tatsächlich erstaunte es ihn einigermaßen, dass sein Gegenüber nicht Ardral war, und er fragte sich, ob er wohl aus irgendeinem Grund das Gesicht des einen Mannes auf das eines anderen projizierte; denn obgleich er den alkonischen Magier stets hoch geachtet hatte, waren sie doch niemals enge Freunde geworden. Aber zweifellos war dieses Bild lediglich seiner gegenwärtigen Zerstreutheit entsprungen und besaß keinerlei tiefere Bedeutung.
    Sie hatten über die Ausbildung des geistlichen Nachwuchses diskutiert, wie er sich erinnerte, und auch über die verschiedenen Möglichkeiten, die Wirkung des Gesangs nutzbringend einzusetzen.
    »Also dann…« Er zwang sich, seine Gedanken wieder der Gegenwart zuzuwenden, und deutete auf einen Gesteinsbrocken, der etwa drei Schritte entfernt auf einem Holzklotz ruhte. »Stimmt die Töne an, zuerst leise, und richtet dann, sobald ich das Zeichen dazu gebe, die Klangschwingungen auf den Stein.«
    Er hatte die Gruppe von ungeübten Sängern in einen kleinen bewaldeten Hain geführt, der zwischen der Ebene und der Ansammlung von Hütten lag, welche die Ai-Zir zur Unterbringung ihrer Gäste errichtet hatten. Micail und seine Leute lebten nun schon seit

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