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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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die Priesterschüler den Schrein vorn und hinten an den langen Griffen und eilten an der einsturzgefährdeten Wand entlang auf den Gang zu, der in die Tiefe führte.
    Schon in feierlicher Prozession mit Ahtarraths Priestern und Priesterinnen durch diesen Gang zu ziehen war eine Erfahrung gewesen, welche die Seele belastete. Mit einer Horde hysterischer Priesterschüler zur unterirdischen Höhle zu eilen ging fast über Tirikis Kräfte. Die Schüler fürchteten das Unbekannte, während sie selbst immer wieder an die Szene denken musste, die sich vor wenigen Tagen hier abgespielt hatte.
    Als Chedan sie straucheln sah, fasste er ihren Arm, und sie ließ dankbar etwas von seiner unerschütterlichen Kraft in sich einströmen.
    »Ist das Lava?«, flüsterte Elis erschrocken, als sie die letzte Biegung umrundeten.
    »Nein. Der Stein leuchtet«, antwortete Damisa, und ihre Stimme zitterte.
    Nicht ohne Grund, dachte Tiriki und folgte ihr in die Höhle.
    Wie schon während des Rituals kreisten bunt schillernde Wirbel in den Tiefen des Steins. Lichter und Schatten jagten durch die Höhle, und jedes Mal, wenn die Erde bebte, zuckten Blitze von Wand zu Wand.
    »Wie sollen wir ihn berühren, ohne in Stücke gerissen zu werden?«, hauchte Kalaran.
    »Wir werden ihn hiermit verhüllen.« Chedan hob einen dicken Stoffballen aus dem Schrein und ließ ihn zu Boden fallen. »Die Seide wird die Energien abschirmen.«
    Hoffentlich, dachte Tiriki bei sich. Aber der Omphalos war ja auch aus dem Alten Land wohlbehalten hierher gebracht worden, also musste es möglich sein, ihn zu befördern.
    Chedan und Tiriki griffen sich die vielfach gefalteten Seidenbahnen und gingen damit auf den Stein zu. Beiden klopfte das Herz bis zum Hals. Die Energien waberten wie Feuer, doch was Tiriki spürte, war keine Wärme, sondern etwas, wofür sie keinen Namen hatte. Als sie die Seide über den Omphalos warfen, ließ der Druck nach. Tiriki hatte unbewusst den Atem angehalten, nun ließ sie ihn ausströmen. Mit der zweiten Stoffschicht, die sie über den Talisman legten, wich auch ihre Angst.
    »Holt den Schrein«, stieß Chedan hervor.
    Kalaran und Aldel, beide totenbleich, zerrten das Behältnis heran, bis es den Stein fast berührte, und öffneten eine Klappe in der Seitenwand. Mit einem tiefen Atemzug fasste der Priester den Stein mit beiden Händen und hob ihn hinein.
    Ein greller Blitz flammte auf, eine Druckwelle schleuderte Tiriki zu Boden. Damisa griff nach dem herabhängenden Stoff, warf ihn in den Schrein und stopfte ihn um den Stein herum fest.
    »Abdecken - vollständig abdecken!« Tiriki rappelte sich wieder auf. Chedan reichte Damisa den Rest der Seide, und sie rollte sie zusammen und drückte sie in die Ecken, bis vom pulsierenden Schein des Omphalos nichts mehr zu sehen war.
    Zu spüren war seine Kraft noch immer, doch jetzt war die Qual erträglich. Andererseits lenkte nun auch nichts mehr vom bedrohlichen Ächzen der Felsen ab.
    »Anheben!«, befahl Chedan. »Aldel und Kalaran, ihr seid die Kräftigsten - ihr nehmt die vorderen Griffe. Damisa und ich packen hinten an. Die anderen leuchten mit den Fackeln und sorgen für freie Bahn. Sobald wir draußen sind, können wir die Träger wechseln, aber jetzt müssen wir erst einmal los!«
    In diesem Moment erbebte der Boden der Höhle. Tiriki langte nach ihrer Fackel und eilte hinter dem Schrein her. Sie begriff, dass nur die Gegenwart des Omphalos die Felsen so lange vor dem Einsturz bewahrt hatte!
    Die Träger taumelten und stöhnten, als wäre die Last nicht nur unendlich schwer, sondern auch unruhig. Als Elis und Selast das sahen, fassten sie in der Mitte unter den Schrein und hoben ihn an. Je weiter sie sich von der Höhle entfernten, desto geringer wurde das Gewicht, und das war auch gut so, denn der Untergrund wurde mit jedem Schritt tückischer.
    Beim letzten Erdstoß hatte sich der Boden an mehreren Stellen aufgewölbt. In den Wänden klafften breite Risse, und da und dort gab bereits die Decke nach. Hinter ihnen stürzten mit lautem Getöse die Felsmassen herab, und von allen Seiten drang ein schrilles, misstönendes Heulen auf sie ein.
    »Mein Geist ist der Geist des Lebens; nichts kann ihn zerstören…«, sang Tiriki, um das schaurige Geheul der Steine zu übertönen. »Ich bin das Kind des Lichtes, das die Finsternis überwindet.«
    Die anderen stimmten ein, doch im Strudel der Urgewalten klangen die Worte dünn und kraftlos.
    »Macht schnell…« Damisas Stimme hörte sich weit

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