Die Ajima-Verschwörung
»Ich habe einen Freund von mir, der beim Geheimdienst arbeitet, gebeten, Sie zu überprüfen, während Sie im Tunnel beschäftigt waren. Ich glaube, eine Messerschmitt 262 wird sich in Ihrer Sammlung gut ausmachen und eine vorzügliche Ergänzung zu Ihrer dreimotorigen Fordmaschine sein.«
»Ihr Freund war sehr gründlich.«
»Als Sammler hochwertiger Mechanik, glaube ich, werden Sie der Maschine den gebührenden Respekt zollen.«
»Sie wird originalgetreu restauriert«, versprach Pitt.
Halder zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich lässig gegen ein Düsentriebwerk und blies den Rauch aus. »Ich schlage vor, Sie mieten sich einen Tieflader. Bis heute abend müßte der Tunneleingang so sehr erweitert sein, daß man ein Flugzeug ans Tageslicht ziehen kann. Ich bin sicher, daß Leutnant Reinhardt und die Überlebenden seiner Gruppe Ihnen gerne behilflich sein werden, Ihre neueste Erwerbung fortzubringen.«
Bevor ein völlig verblüffter, dankbarer Pitt noch ein Wort sagen konnte, hatte Halder sich umgedreht und ging davon.
Weitere acht Stunden vergingen, bevor die mächtige Pumpe den größten Teil des Wassers abgesaugt hatte und die Luft in der Galerie, die das Raubgut aus dem Krieg enthielt, gefahrlos eingeatmet werden konnte. Halder stand mit einem Megaphon auf einem Stuhl und informierte seinen Stab, bestehend aus Kunstexperten und Historikern, sowie eine Reihe hoher Regierungsbeamter und Politiker, die sich das Schauspiel nicht entgehen lassen wollten. Eine ganze Armee von Fernseh- und Zeitungsreportern drängelten sich auf Clausens inzwischen zertrampelten Salatfeld und verlangten, in den Bunker gelassen zu werden. Doch Halder hatte Anweisung aus Bonn erhalten, den Vertretern der Medien den Zugang zu versagen, bevor der Schatz nicht genau überprüft worden war.
Hinter der Stahltür erstreckte sich die Galerie einen guten halben Kilometer weit. Die Regale und Kisten waren bis zum anderen Ende und gut vier Meter hoch gestapelt. Trotz des Wassers im Tunnel war die Eingangstür luftdicht versiegelt gewesen, und die Betonkonstruktion war erstklassig, so daß keine Feuchtigkeit hatte eindringen können. Selbst die empfindlichsten Objekte waren in ausgezeichnetem Zustand erhalten.
Die Deutschen richteten umgehend ein Foto- und Konservierungslabor ein, eine Werkstatt sowie einen Bereich, in dem die Fundstücke katalogisiert wurden. Sofort nach seiner Ansprache begab sich Halder in die Kammer mit den Kunstschätzen und dirigierte die dortigen Aktivitäten von einem Büro aus, das aus Fertigteilen bestand und eilig, sogar mit Telefonen und Telefax ausgerüstet, aufgestellt worden war.
Pitt schüttelte den Kopf, ging zusammen mit Mancuso durch den inzwischen trockenen Tunnel und wunderte sich, wieviel in weniger als vierundzwanzig Stunden passiert war.
Er und Mancuso fanden das Regal, das das Inventar der japanischen Botschaft enthielt, ungefähr fünfzig Meter hinter den Skulpturen, die einstmals die Museen Europas geziert hatten. Die Deutschen hatten schon ein Kabel mit Lampen aufgehängt, die von einem transportablen Generator gespeist wurden und den Schatz, der sich bis ins Unendliche zu erstrecken schien, in helles Licht tauchten.
Die japanische Abteilung war leicht auszumachen. Die Kisten waren mit
Kana
-Zeichen beschriftet und sehr viel sorgfältiger geschreinert als die rohen Kisten, die von den Nazi-Tischlern zusammengenagelt worden waren.
»Lassen Sie uns mit dem da anfangen«, erklärte Mancuso und deutete auf einen schmalen Behälter.
»Der sieht aus, als hätte er die richtige Größe.«
»Sie haben doch in Japan gearbeitet. Was steht drauf?«
»Behälter Nummer vier«, übersetzte Mancuso. »Eigentum seiner Majestät, des Kaisers von Japan.«
»Das ist eine enorme Hilfe.« Pitt machte sich an die Arbeit und hebelte mit Hammer und Stemmeisen vorsichtig den Deckel auf. Der Behälter enthielt ein kleines, hübsches Seidengemälde, das Vögel zeigte, die verschiedene Berggipfel umschwirrten.
»Bestimmt keine Insel.« Er zuckte die Achseln.
Er öffnete zwei weitere Kisten, doch die Gemälde, die er ans Licht zog, stammten aus einer späteren Periode als der Masaki Shimzus, des Meisters aus dem sechzehnten Jahrhundert. Hinten im Regal stand nur noch eine weitere kleine Kiste, die ein Gemälde enthalten konnte.
Bei Mancuso zeigten sich die ersten Anzeichen von Streß.
Schweiß glitzerte auf seiner Stirn, und nervös fingerte er an seiner Pfeife herum. »Das muß es sein«, murmelte er,
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