Die Ajima-Verschwörung
Metallfinger auf den Knopf des untersten Stockwerks, und der Lift fuhr lautlos nach unten.
Zu schade, daß das MAIT-Team nichts von einem Aufzug gewußt hatte, der von der Inseloberfläche in das unterirdische Zentrum führte, dachte Pitt während der Fahrt. Ein Eindringen vom Ferienzentrum aus wäre vielleicht erfolgversprechender gewesen.
Einen Moment später öffneten sich die Türen, und McGoon begleitete Pitt in einen hell erleuchteten Gang. »Die vierte Tür links. Treten Sie ein.«
Die Tür war wie jede glatte Fläche im Innern der unterirdischen Anlage weiß gestrichen. Ein kleines rotes Kreuz bot den einzigen Hinweis, daß sich hier eine Ambulanz befand.
Einen Türgriff gab es nicht, nur einen Knopf, der in den Rahmen eingelassen war. Pitt drückte darauf, und geräuschlos öffnete sich die Tür. Eine attraktive junge Dame in Schwesterntracht sah von einem Schreibtisch auf und musterte ihn, als er hereinkam, mit ernsten, braunen Augen. Sie sagte etwas auf japanisch zu ihm, doch er verstand sie nicht und zuckte die Achseln.
»Bedaure«, erwiderte er. »Ich spreche bloß Englisch.«
Ohne ein weiteres Wort stand sie auf, ging durch den Raum, in dem sechs leere Betten standen, und verschwand in einem Büro.
Ein paar Sekunden später tauchte sie zusammen mit einem jungen, freundlich lächelnden Japaner in Jeans und Pullover mit rundem Ausschnitt unter dem weißen Mantel und einem Stethoskop um den Hals wieder auf.
»Mr. Pitt?« fragte er im Tonfall der amerikanischen Westküste.
»Ja.«
»Sie wurden bereits angemeldet. Josh Nogami. Ist mir eine Ehre. Ich bin ein Fan von Ihnen, seit Sie damals die
Titanic
gehoben haben. Ihretwegen habe ich mit dem Tauchen angefangen.«
»Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, erwiderte Pitt beinahe verlegen. »Sie hören sich gar nicht wie ein Einheimischer an.«
»Ich bin in San Francisco im Schatten der Bay Bridge geboren und aufgewachsen. Wo stammen Sie her?«
»Ich bin in Newport Beach, Kalifornien, aufgewachsen.«
»Was für ein Zufall. Ich habe meine internistische Ausbildung im St. Paul’s Hospital in Santa Ana absolviert. Früher habe ich bei jeder Gelegenheit in Newport gesurft.«
»Sie sind ein ganzes Stück von zu Hause fort.«
»Sie auch, Mr. Pitt.«
»Hat Suma Ihnen ein Angebot gemacht, das Sie nicht ablehnen konnten?«
Das Lächeln wurde kühl. »Ich bin ein großer Bewunderer von Mr. Suma. Vor vier Jahren habe ich die Arbeit für ihn aufgenommen, ohne daß er mich kaufen mußte.«
»Dann glauben Sie an das, was er tut?«
»Hundertprozentig.«
»Entschuldigen Sie, aber ich glaube, man täuscht Sie.«
»Ich fühle mich nicht getäuscht, Mr. Pitt. Ich bin Japaner und glaube an den Vorsprung, den unsere Kultur auf intellektuellem und künstlerischem Gebiet gegenüber der zusammengewürfelten amerikanischen Gesellschaft gewonnen hat.«
Pitt war nicht in der Stimmung, sich auf eine neuerliche Debatte über Lebensphilosophien einzulassen. Er deutete auf sein Knie. »Das werde ich morgen brauchen. Ich muß es mir verstaucht haben. Können Sie den Schmerz so abtöten, daß ich es gebrauchen kann?«
»Bitte rollen Sie Ihr Hosenbein hoch.«
Pitt kam der Bitte nach, zog die notwendigen Grimassen und atmete zischend, um seine Schmerzen zu demonstrieren, während der Arzt das Knie abtastete.
»Keine Schwellung und keine Abschürfungen. Auch keinerlei Anzeichen für einen Bänderriß.«
»Tut aber dennoch verdammt weh. Ich kann’s nicht beugen.«
»Haben Sie es sich verletzt, als Sie auf Mr. Sumas Ferienanlage abgestürzt sind?«
»Neuigkeiten verbreiten sich hier offenbar schnell.«
»Die Roboter haben ein System der Flüsterpropaganda entwickelt, auf das die Gefangenen in San Quentin stolz wären.
Nachdem ich von Ihrer Ankunft gehört hatte, bin ich nach oben gefahren und habe mir die Überreste Ihres Flugzeugs angeschaut. Mr. Suma war gar nicht glücklich, daß bei Ihrem Absturz preisgekrönte Karpfen im Wert von vierhunderttausend Yen dran glauben mußten.«
»Dann wissen Sie auch, daß ich den ersten Auftritt beim morgigen Massaker habe«, bemerkte Pitt.
Das Lächeln wich aus Nogamis Gesicht. »Ich möchte Ihnen versichern, daß ich, obwohl ich Mr. Sumas Anweisungen befolge, überhaupt nichts für Kamatoris mörderische Jagden übrig habe.«
»Irgendein Rat, den Sie einem Verurteilten geben könnten?«
Nogami deutete mit vielsagender Geste auf die Wände und die Zimmerdecke.
»Die Wände hier haben mehr Ohren und Augen als ein
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