Die Ajima-Verschwörung
freundliche, braune Augen. Seit siebenunddreißig Jahren war er seiner Frau ein treuer Ehemann. Das Paar hatte Zwillingstöchter, die zum College gingen und beide Meeresbiologie studierten.
Der Präsident und der Vizepräsident saßen in eine ruhige Unterhaltung vertieft im Oval Office, als Nichols Jordan hineinbat. Beide Männer wandten sich um, und Jordan stellte fest, daß sie in einer ebenso angespannten Verfassung waren wie der Assistent des Präsidenten für besondere Aufgaben.
»Vielen Dank, daß Sie gekommen sind, Ray«, begrüßte ihn der Präsident tonlos und deutete nervös auf eine grüne Couch, die unter einem Portrait von Andrew Jackson stand. »Bitte nehmen Sie Platz und berichten Sie uns, was zum Teufel da draußen im Pazifik vor sich geht.«
Jordan amüsierte sich im stillen immer über die Unruhe, die die Politiker angesichts drohender Krisen ergriff. Keiner der gewählten Würdenträger besaß die Ruhe und Erfahrung der Karrierebeamten, wie beispielsweise des Direktors der Central Intelligence, und nie konnten sie sich durchringen, die ungeheure Macht, die Jordan und seine Gegenspieler besaßen, um internationale Zwischenfälle zu kontrollieren und zu steuern, anzuerkennen und zu akzeptieren.
Jordan nickte dem Präsidenten zu, der ihn gut um Kopfeslänge überragte, und setzte sich. Ruhig und, wie es den übrigen schien, mit nervenaufreibender Gelassenheit stellte er einen großen Aktenkoffer auf dem Boden ab und öffnete ihn. Dann zog er bedächtig eine Akte hervor.
»Haben wir eine Situation?« fragte der Präsident ungeduldig; dies war die offizielle Bezeichnung für eine unmittelbare Bedrohung der Zivilbevölkerung, etwa durch einen Atomangriff.
»Ja, Sir, unglücklicherweise haben wir die.«
»Um was geht’s genau?«
Jordan warf nur der Wirkung wegen einen Blick auf den Bericht. Sämtliche dreißig Seiten hatte er sich bereits eingeprägt. »Genau um elf Uhr vierundfünfzig ereignete sich im Nordpazifik, ungefähr neunhundert Kilometer nordöstlich der Midway-Inseln, eine Explosion gewaltigen Ausmaßes. Einer unserer Pyramider-Spionagesatelliten fotografierte mit seinen Kameras den Blitz und die atmosphärische Erschütterung und zeichnete die Schockwelle auf, die von geheimen Unterwasserbojen übertragen wurden. Diese Daten wurden direkt dem Nationalen Sicherheitsdienst überspielt und dort analysiert. Danach wurden die Daten der militärischen seismografischen Stationen, die NORAD unterstehen, aufgefangen. NORAD hat diese Informationen an die CIA-Techniker in Langley übermittelt.«
»Die Schlußfolgerung?« hakte der Präsident nach.
»Sie stellen übereinstimmend fest, daß es sich um eine Nuklearexplosion handelt«, sagte Jordan bedächtig. »Sonst hätte sie unmöglich derartig gewaltig sein können.«
Bis auf Jordan, der so entspannt wirkte, als sehe er sich im Fernsehen gerade eine Familiensendung an, blickten die übrigen drei Männer im Oval Office angesichts der nun offen ausgesprochenen entsetzlichen Vorstellung ziemlich finster drein.
»Sind wir schon in DEFCOM-Alarmbereitschaft gegangen?«
fragte der Präsident, der damit auf die verschiedenen Alarmstufen bei einem bevorstehenden Atomangriff verwies.
Jordan nickte. »Ich habe mir die Freiheit genommen, NORAD vorsichtshalber sofort DEFCOM-Stufe drei zu befehlen und, je nachdem wie die Sowjets reagieren, auf DEFCOM-Stufe zwei zu gehen.«
Nichols starrte Jordan an. »Haben wir einen Aufklärer hochgeschickt?«
»Vor zwanzig Minuten ist von der Edwards Air Force Base eine Casper SR-Ninety gestartet, um die Angelegenheit zu überprüfen und weitere Daten zu sammeln.«
»Steht es fest, daß die Schockwelle von einer Atomexplosion ausgelöst wurde?« fragte der Vizepräsident. Er war erst Anfang vierzig und nur sechs Jahre Kongreßmitglied gewesen, bevor man ihn zum zweiten Mann im Staat nominiert hatte. Als leidenschaftlicher Politiker fühlte er sich bei dieser Geheimkonferenz nicht so recht wohl. »Es könnte sich doch auch um ein Unterwasserbeben oder einen Vulkanausbruch handeln.«
Jordan schüttelte den Kopf. »Die seismographischen Aufzeichnungen wiesen den unvermittelten Ausschlag auf, der für Atomexplosionen typisch ist. Bei einem Erdbeben sind die Kurven flacher und werden über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet. Diese Fakten werden durch die Computervergrößerung unterstützt. Sobald die Casper Strahlungsproben aus der Atmosphäre entnommen hat, müßten wir, in Kilotonnen gemessen, eine ziemlich
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