Die Akademie der Abenteuer - Die Knochen der Götter
doch toll. Und Fili könnte dann gleich mal anfangen, Marsianisch zu lernen.«
»Du spinnst wirklich.« Filine verzog den Mund. »Möchtest du wirklich vom Mars abstammen? Reichen dir die Menschen nicht? Die haben doch auch eine ziemlich interessante Geschichte.« Sie blickte No spöttisch an und in ihren grünen Augen schimmerte ein dunkler Glanz. Dann drehte sie sich zur nächsten Tür.
»Wo ist denn hier nur diese verflixte Bibliothek?«
Im vierten Stockwerk eines abgelegenen Treppenhauses wies endlich ein dunkler Pfeil in einen abgehenden Flur. »Bibliothek« stand in dicken schwarzen Buchstaben in den Pfeil geschrieben.
»Auch ein blindes Huhn findet mal die Bibliothek«, stöhnte No. »Wenn wir jeden Tag so lange nach den Räumen suchen müssen, dann können wir unser eigentliches Studium und die Sache mit den Fragmenten total vergessen.«
»Stimmt«, keuchte Rufus, als er die letzte Stufe genommen hatte. »Ich muss mir den Plan der Akademie bald mal selber aufzeichnen, dann behalte ich ihn besser im Kopf.«
Sie bogen in den Gang ein und folgten den Pfeilen. Schließlich erreichten sie eine hohe, bogenförmige Doppeltür, über der in dicken goldenen Lettern das Wort »Bibliothek« prangte.
Vor Anstrengung zitternd stieß Filine die schwere Tür auf.
Rufus schnappte nach Luft. Vor ihnen lag die überwältigendste Bibliothek, die er in seinem Leben gesehen hatte. Allerdings konnte er als Vergleich auch nur die Stadtteilbibliothek, das Lesezimmer an seiner Grundschule und die Museumsbücherei heranziehen.
Und er war mit seinem Staunen nicht alleine. Neben ihm stieß No einen leisen Pfiff aus.
»Mann, das ist ja …«
»… der Hammer!«, vollendete Filine seinen Ausruf. Dann drehte sie sich No zu, der sie verblüfft ansah. »Nein, das ist mehr als ein ordinärer Hammer. Das ist das Paradies.«
Hinter der hohen Tür führte ein langes Gewölbe weit in die Tiefe. Links und rechts des Raumes, in dem Tische mit grün beschirmten Lampen zum Lesen einluden, ragten mehrere offene Stockwerke auf, in denen mit Gold und Schnitzereien verzierte Bücherregale schmale Gänge bildeten. Ein Geruch von Leder und Staub, nach sehr altem Papier und frischer Tinte hing in der Luft. Die Decke über dem Ganzen war gewölbt wie ein halbes Fass und so hoch, dass Rufus sie eher erahnte als sah.
»Okay«, nickte No, nachdem er den ersten Anblick verdaut hatte. »So viele Bücher auf einen Haufen habe ich noch nie gesehen. Fragt sich nur, wie man hier jemals irgendwas Bestimmtes finden soll.«
»Wir müssen fragen«, sagte Rufus. »Hier gibt es garantiert einen Katalog, in dem die Bücher nach Titeln und Stichworten verzeichnet sind. Das Ganze hat natürlich eine Ordnung.«
»Ach ja?« No deutete auf eine alte Harfe, die mitten in der großen Halle stand. »Und mit dem Ding macht man sich dann bemerkbar, oder wie?«
»Ich finde, das Instrument sieht zu kostbar aus, um daran zu zupfen«, erwiderte Filine. »Wollen wir uns nicht einfach erst mal ein bisschen umsehen?«
»Na schön«, maulte No. »Mir hat der Halbmarathon hierher zwar schon gereicht, aber wenn du meinst, dass wir noch mehr Bewegung brauchen …«
Rufus grinste.
Im nächsten Augenblick aber sprang er erschrocken zurück.
Unter einem dunklen Regal kam plötzlich ein schwarzes Etwas hervorgeschossen.
»Was ist das?«
»Ein Tier, ganz eindeutig!« No beugte sich neugierig vor. »Hey, Filine, ich hoffe nur, du bist kein Mäuseschreckmädchen. Das hier sieht nämlich original wie ’ne viel zu fette Ratte aus«, verkündete er strahlend.
Tatsächlich hatte das Tier etwas von einer Ratte an sich. Allerdings war es um einiges größer und hatte keine rosa, sondern eine tiefschwarze Schnauze.
»Nein, das ist ganz eindeutig eine Bisamratte«, erklärte Filine ungerührt. »Ich hatte nämlich zufällig Bio in der Schule. Aber was macht denn so ein Tier in einer Bibliothek? Bisamratten leben eigentlich am Wasser. Und hier frisst die doch bestimmt die Bücher.«
»Na, dann ist das ja wirklich eine tolle Ordnung, die hier herrscht.« No blickte dem Tier nach, das sich seelenruhig zwischen ihnen hindurch zu einem der großen Tische bewegt hatte und dort mühelos an einem der Beine bis auf die Tischplatte kletterte. Plötzlich packte die Bisamratte mit den Pfoten etwas, das unter einem der grünen Lampenschirme im Lichtkreis lag, und begann es zu fressen.
»Was hat sie da?«, rief No.
»Einen Radiergummi«, gab Rufus tonlos zurück.
Die seltsame Bisamratte
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