Die Akte Daniel (German Edition)
Moment nicht.
Also bleib er ruhig liegen, um seine Kräfte zu schonen. Offenbar sollte er noch etwas länger am Leben gelassen werden, auch wenn er sich den Grund dafür kaum vorstellen konnte.
Vermutlich wollten sie wissen, wo er Berenice hingebracht hatte. Aber das würde ihnen nichts nützen. Er würde ihnen nichts verraten.
Als sich jedoch eine fremde Gestalt, gewaltig in ihren Ausmaßen, über ihn beugte, konnte er einen Laut des Schreckens nicht unterdrücken. So hilflos wie in diesem Moment hatte er sich noch nie in seinem Leben gefühlt. Jason war nahe daran, um Gnade zu betteln. Aber er brachte keinen Ton heraus.
»Bleiben Sie ruhig liegen, Mr. Ghost. Ich habe nicht die Absicht, Sie zu fressen. Sie sind beim Ordo «, erklärte der Fremde in einem tiefen Bass. »Meine Name ist Fearman. Erholen Sie sich. Sie bekommen Medikamente, die Ihren Metabolismus unterstützen und die Körperfunktionen verlangsamen. Sie werden sich schwach fühlen. Aber das ist notwendig, damit Sie wieder gesund werden. Sie werden in der nächsten Zeit keine feste Nahrung bekommen. Sie können sie nicht verwerten.«
Jason sah seinen Erzfeind an. Der Ordo hatte ihn gefunden. Und Fearman war das Symbol seines Erzfeindes. Gegen diesen Mann hatte er viele Gefechte geführt, ohne dass sie einander jemals gesehen hatten. Doch Jason wusste, dass es viele Leute in der Foundation gab, die wegen dieses Mannes ihre Karriere aufs Spiel gesetzt und dabei verloren hatten.
Wieder versuchte er etwas zu sagen, aber es ging nicht. Er war diesen Leuten hilflos ausgeliefert. Fearman beugte sich etwas näher zu ihm. »Oh, übrigens haben wir Ihr Kätzchen bei uns aufgenommen. Es geht ihr gut. Sie werden sie bald sehen können.«
Jason suchte die Wahrheit in den goldgelben Augen. »Sie haben Berenice?«, fragte er mit rauer Stimme.
»Ja. Eine wirklich ungewöhnliche junge Dame und sie hat Sie verteidigt. Wir dürfen Ihnen nichts tun. Das haben wir ihr versprechen müssen.« Fearman lächelte; es wirkte nicht besonders beruhigend auf Jason.
Seine Hände verkrampften sich um die dünne Decke. Er war nackt darunter, wie er fühlte. »Ich ergebe mich Ihnen und werde Ihnen geben, was Sie wollen«, flüsterte er.
»Wir wollen nichts von Ihnen, Jason. Nur, dass Sie wieder auf die Beine kommen. Dann sehen wir weiter.« Fearmans Lächeln wurde etwas weniger einschüchternd.
Er wich aus dem Gesichtsbereich des Dämon , um seine Gedanken vor ihm zu verbergen. Fearman war zwiegespalten. So, wie Jason vor ihm lag, war es schwer zu glauben, dass dieser Mann mehr Kinder in die Fänge der Firma gebracht hatte als jeder seiner Vorgänger oder Kollegen.
Die blasse Haut spannte sich sicher schmerzhaft über die Knochen des ausgemergelten Leibs. Der Ordo hatte seit seiner Gründung schon einige Exemplare dieser seltenen Mutationen gehabt und wusste mittlerweile, was man ihnen zumuten konnte und was nicht. Dazu gehörte es auch, dass man ihren Metabolismus verlangsamen musste, wollte man sie am Leben erhalten. Sie brauchten eine besondere Ernährung und sie benötigten ein auf sie abgestimmtes Training. Das alles hatte die Firma entweder versäumt oder nicht gewusst oder bewusst die damit einhergehenden Einschränkungen für die Nutzung des Dämons nicht in Kauf nehmen wollen. Fearman vermutete eine Mischung aus allem. Damit unterstellte er schlicht pure Ignoranz und Unmenschlichkeit.
Der Firma ging es wirklich nur um die Macht, die Wissen mit sich brachte, wie ihm Demetrius voller Sarkasmus erklärt hatte. Jetzt hatte er ein weiteres Ergebnis dieser Politik unter seinen Fittichen. Es würde eine lange Zeit brauchen, bis aus Jason Ghost wieder ein lebensfähiger Mensch werden würde. Fearman konnte sich rühmen, den Dämon buchstäblich im letzten Augenblick gefunden zu haben. Die Traumgänger hatten ihn nur für einen Moment erkennen können. Einen Geist zu fangen, glich einer Suche im Nebel, wenn die Sonne am Morgen durch die Wolken brach.
Fearman wusste, dass der Ordo mit diesem Problem nicht allein stand. Die Grenzen der Traumgänger waren häufig spürbar, aber bisher nicht zu ändern gewesen. Doch die Sorge um Berenice hatte Jason für den Ordo sichtbar gemacht, während er sich vor der Firma zweifellos noch immer zu verbergen vermochte, wie es eigentlich nur einem Dämon möglich war. Ihm zu sagen, dass er das jedoch nicht mehr brauchte, weil der Ordo sich um seine Verschleierung kümmerte, war müßig. Der Instinkt saß tief.
Jason Ghosts Augen schlossen
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