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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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grinste noch immer: »Sicher wissen Sie nicht, wie die weibliche Leiche in Ihr Laboratorium gelangte.«
    »Welche Leiche?«
    »Eine gewisse Sheba Yadin.«
    »Sheba Yadin? Das ist doch nicht möglich!«
    »Sie kennen die Signora?«
    »Ja, das heißt nein. Von ihr stammt das Geld in meiner Handtasche.«
    Sie hatte den Satz kaum ausgesprochen, da wusste sie, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Aber es war ihr nun einmal herausgerutscht. Fassungslos drückte sie dem Commissario ihre Tasche in die Hand und stürmte die Treppe empor.
    An der Tür zum Laboratorium stieß sie einen Schrei aus: Auf dem Labortisch lag, aufgebahrt zwischen Gläsern, Gefäßen, Kanülen und elektronischen Messinstrumenten, eine junge Frau mit kurzem Blondhaar, geschmackvoll gekleidet in ein beigefarbenes Kostüm. Ein Fuß steckte in einem dunklen hochhackigen Pumps, der andere Schuh lag auf dem Boden. Ihr linker Arm lag am Körper, der rechte hing halb angewinkelt über den Tischrand herab. Die Augen waren nicht ganz geschlossen, sodass man das Glitzern der Augäpfel noch erkennen konnte.
    »Ist sie wirklich tot?«, fragte Signora Selvini zögernd.
    Der Commissario, der der Signora nachgegangen war, nickte.
    »Und wie kommt sie hierher? Wer ist das überhaupt?«
    »Das wollte ich eigentlich Sie fragen«, erwiderte der Commissario und trat ganz nahe an sie heran. »Ihr Name ist Sheba Yadin. Sie müssten sie eigentlich kennen. Sie sagten doch eben …«
    »Unsinn!«, fiel ihm die Signora ins Wort und strich sich mit der Hand über die Augen. »Das ist nicht Sheba Yadin. Ich habe erst heute mit Sheba Yadin gesprochen, und sie übergab mir das Geld!«
    »Sie kannten Signora Yadin schon länger?«
    »Nein. Nur dem Namen nach war sie mir bekannt. Die Frau oder Freundin eines Archäologen, der bei uns irgendwelche Analysen in Auftrag gegeben hat. Ich bekam das Geld für eine Analyse, die in unserem Institut durchgeführt wurde. Von dem Auftrag konnte niemand wissen, und kein anderer hätte mir für die Analyse so viel Geld bezahlt. Für jeden anderen war sie wertlos.«
    »Sie beharren also darauf, dass diese Frau nicht Sheba Yadin ist?«
    »Ich schwöre es bei San Lorenzo und allen Heiligen!«
    Da hielt ihr der Commissario einen Pass vors Gesicht. Das Passfoto zeigte eine junge Frau mit langen dunklen Haaren; aber auch wenn die leblose junge Frau auf dem Labortisch kurze blonde Haare hatte, war unschwer zu erkennen, dass es sich um ein und dieselbe Frau handelte. Der Name, auf den der Pass in hebräischer und lateinischer Schrift ausgestellt war, lautete: Sheba Yadin.
    »Mein Gott!«, stammelte Signora Selvini und sah den Commissario ratlos an. Sie war völlig durcheinander. »Mein Gott!«, wiederholte sie. »Ich verstehe das alles nicht.«
    »Signora, Sie müssen doch irgendeine Erklärung dafür haben, warum auf Ihrem Labortisch eine tote Frau liegt und warum sie in ihrer Handtasche dieselbe Summe mit sich herumträgt wie Sie: zwanzigtausend Euro.«
    »Sie hat …?«
    »Zwanzigtausend Euro in der Tasche! Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, Signora, das ist, abgesehen von der Summe, höchst ungewöhnlich und gewiss kein Zufall. Mir drängt sich da der Verdacht auf, Sie haben zusammen mit Sheba Yadin ein Geschäft gemacht und sich die Summe redlich geteilt. Dabei kam es vielleicht zum Streit, wobei Signora Yadin auf der Strecke blieb. War es so?«
    Signora Selvini stieß einen Schrei aus. »Nein, nein, nein! Ich habe mit dem Mord nichts zu tun. Ich kenne diese Frau doch gar nicht!«
    »Sagten Sie nicht, Sie hätten das Geld in Ihrer Handtasche von Sheba Yadin erhalten? Also, was stimmt denn nun, Signora Selvini? Sagen Sie endlich die Wahrheit!«
    »Die Wahrheit, die Wahrheit! Ich habe die Wahrheit gesagt. Ich habe mich mit Sheba Yadin im Café am Corso Belgio getroffen, ihr zwei DNA-Analysen ausgehändigt und dafür zwanzigtausend Euro bekommen.«
    »Zeugen?«
    »Signora Yadin!«
    »Aber die liegt vor Ihnen und ist tot!« Die Stimme des Commissario wurde bedrohlich laut.
    »Dann hatte Sheba Yadin eben eine Doppelgängerin …«
    »… die Ihnen so einfach mal zwanzigtausend Euro überreicht, ohne Quittung, ohne alles.«
    »Ja. So war es.« Aus Signora Selvinis Gesicht sprach pure Verzweiflung. Sie bekam feuchte Augen. Aber nicht aus Schmerz, sondern aus Wut, aus Wut darüber, dass sie sich in eine schier ausweglose Situation gebracht hatte.
    Ein Mann der Spurensicherung in weißem Papieroverall und mit weißen Gummihandschuhen drängte die

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