Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
Vom Netzwerk:
hatte.
    Gropius schwieg, es dauerte lange, bis er seine Gedanken neu geordnet hatte. Und Veronique feierte seine Sprachlosigkeit bereits als Sieg.
    »Wenn ich dich richtig verstehe, möchtest du mir diese Bilder und dein Schweigen für eine Million verkaufen«, sagte Gregor schließlich, und seine Stimme klang seltsam unbeteiligt.
    »Wenn du es so ausdrücken willst, ja. Ich wusste, wir würden uns verstehen.«
    Bisher hatten sie sich in leisem Ton unterhalten. Jetzt auf einmal wurde Gropius' Stimme laut und eindringlich: »Hast du überhaupt noch ein anderes Interesse als Geld, Geld, Geld?«
    »Zugegeben«, erwiderte Veronique und spitzte kokett die Lippen, »Geld ist derzeit mein Hauptinteresse. Als alleinstehende Frau muss man sehen, wo man bleibt.«
    Und mit so einer Frau warst du über achtzehn Jahre verheiratet, dachte Gropius. Dann erwiderte er, durchaus in der Absicht, sie zu kränken: »Deine Hysterie beginnt mich allmählich zu langweilen. Wenn ich mit allen Frauen, denen ich in den letzten Jahren begegnet bin, ein Verhältnis hätte, würde ich wohl nicht mehr unter den Lebenden weilen, ich wäre an Entkräftung gestorben.« Und während er ihr die Fotos zurückgab, fuhr er fort: »Nur ein Mensch mit schmutziger Fantasie oder jemand, der im Kopf nicht ganz richtig ist, sieht in diesen Bildern den Beweis für eine intime Beziehung. Und was deine Mordtheorie betrifft, der Gedanke ist so absurd, dass ich gar nicht darauf eingehen möchte.«
    Gropius winkte den Ober herbei, einen vornehmen weißhaarigen Mann, der den Eindruck vermittelte, als sei er im schwarzen Anzug schon zur Welt gekommen, und beglich die Rechnung. Veroniques Gesichtszüge schienen zum Zerreißen gespannt, aus ihren Augen blinkte der pure Hass. »Ich werde dafür sorgen, dass die Bilder in der Zeitung veröffentlicht werden«, zischte sie, »dann bist du für dein ganzes Leben ruiniert!« Und beinahe weinerlich fügte sie hinzu: »Eine Million und du könntest glücklich werden mit dieser Schlampe!«
    Aber das hörte Gropius nicht mehr. Er war grußlos aufgestanden und strebte der Drehtür des Foyers zu.

K APITEL 3
    H eilmannstraße 30. Hinter der bürgerlichen Adresse im Münchner Vorort Pullach verbirgt sich eine höchst brisante Institution, der Bundesnachrichtendienst. Von außen wirkt die Anlage dieses nach der amerikanischen Central Intelligence Agency, kurz CIA, zweitgrößten Geheimdienstes des Westens eher provinziell. Hinter hohen grauen Betonmauern mit einem Bundesadler und einem schweren Eisentor, das in unregelmäßigen Abständen zur Seite fährt, um dunkle Limousinen passieren zu lassen, verstecken sich abgewohnte Gebäude aus den sechziger Jahren, und kaum jemand würde vermuten, dass hier Spione und Agenten aus aller Welt aus- und eingehen, Telefongespräche aus Alaska abgehört, Telefaxe und E-Mails aus Lateinamerika abgefangen und im Hinblick auf politische, wirtschaftliche oder militärische Brisanz aufgezeichnet und ausgewertet werden.
    Spione stellt man sich gemeinhin als gutaussehende Kerle mit einer Pistole in der Rechten, den linken Arm um eine üppige Blondine geschlungen, vor, und so gesehen war der Mann, der kurz vor acht sein Reihenmittelhaus in dem genannten Vorort verließ und in seinen dunkelblauen BMW einstieg, alles andere als verdächtig. Auch trug er keinen wohlklingenden Namen, nein, er hieß schlicht Meyer, mit Ypsilon – so jedenfalls stand es auf dem Namensschild vor dem biederen Hauseingang. Von der Margarethenstraße kommend bog Meyer in die Heilmannstraße ein und gelangte so nach sieben Minuten Fahrzeit vor das wuchtige Gatter, das sich ihm bereitwillig und wie von Geisterhand öffnete.
    Meyer, Vorname Heinrich, Alter fünfundfünfzig Jahre, war Leiter der Abteilung 2 des BND und als solcher Vorgesetzter von über tausend Spezialisten, Computerfachleuten, Elektronikern und Fernmeldetechnikern, denen nichts heilig war, was zwischen Nord- und Südpol unsichtbar durch die Luft schwirrt. Er belieferte die Abteilung 5 – Operative Aufklärung, eine von insgesamt sechs Unterabteilungen des Bundesnachrichtendienstes, die sich mit der organisierten Kriminalität, dem internationalen Rauschgifthandel, illegaler Migration, Geldwäsche und dem internationalen Terrorismus beschäftigte, einer Sparte, der seit dem 11. September 2001 besondere Bedeutung zukam.
    SIGINT, so der Codename von Meyers Abteilung, einem Kunstwort aus Signal Intelligence, arbeitete mit dem teuersten technischen Aufwand und wurde

Weitere Kostenlose Bücher