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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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hast dir die Sache mit Schlesinger raffiniert ausgedacht, aber eben nicht raffiniert genug! Jetzt habe ich dich in der Hand!«
    In einer anderen Situation hätte Gropius das Gespräch beendet, er hätte einfach aufgelegt und sich mit einem leisen Fluch abreagiert; aber im Moment fühlte er sich wie ein angeschlagener Boxer, und Schläge, die er früher schweigend weggesteckt hätte, brachten ihn auf einmal ins Wanken. Jedenfalls ging er auf Veroniques Gerede ein und erwiderte mit gespielter Ruhe: »Ich weiß überhaupt nicht, wovon du sprichst!«
    Da schüttelte sich Veronique vor Lachen; aber Veronique war eine schlechte Schauspielerin, und ihr aufgesetztes Gelächter klang dumm und peinlich. »Ich habe hier Fotos vor mir liegen, die nicht nur das Ende deiner Karriere bedeuten, sondern auch das Ende deiner Freiheit!«
    »Fotos?«
    »Achtzehn mal vierundzwanzig und in bester Schärfe.«
    Gropius dachte nach. Er hatte beim besten Willen keine Vorstellung, was Bilder im Zusammenhang mit Schlesingers Tod zeigen könnten. Aber gerade diese Unsicherheit schürte seine Unruhe. Er sah, wie seine Hand, die den Hörer hielt, zitterte. »Also gut«, entgegnete er, und während er das sagte, tat es ihm bereits wieder Leid, »in einer Stunde im ›Hotel Vier Jahreszeiten‹.«
    Das Foyer des ›Vier Jahreszeiten‹, im Herzen der Stadt an der vornehmen Maximilianstraße gelegen, war ein beliebter Nachmittagstreff der feinen Gesellschaft, Agenten und Schauspieler der umliegenden Theater handelten Verträge aus, dazwischen gab sich die mondäne Halbwelt, die hier nach Opfern Ausschau hielt, ein Stelldichein. Als Veronique mit fünfzehnminütiger Verspätung in der Drehtür erschien, streckte Gropius provozierend den Arm aus und blickte auf seine Uhr. Unpünktlichkeit war nicht die einzige Unart seiner Frau.
    Gregor hatte Kaffee bestellt und für Veronique Pernod. Er war lange genug mit ihr verheiratet, um zu wissen, wonach ihr um diese Zeit der Sinn stand. Die Begrüßung fiel kühl aus. Während Gropius nur die Andeutung machte, sich von seinem Sessel zu erheben, dann aber sitzen blieb, verzog Veronique ihre Mundwinkel zu einem künstlichen Lächeln, aus dem nur Verachtung sprach, bevor sie ihm gegenüber Platz nahm.
    In der Absicht, die Sache so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, fragte Gregor geradeheraus: »Also – was willst du?«
    Veronique blickte an Gropius vorbei. Obwohl sie überzeugt war, alle Trümpfe gegen ihn in der Hand zu halten, begegnete sie ihrem Mann noch immer mit einer gewissen Unsicherheit. Viele Jahre hatte sie ihn bewundert wie ein Kind den Vater, hatte seine Klugheit geschätzt und seine Strebsamkeit, und sein souveräner Umgang mit Menschen war ihr stets ein Vorbild gewesen. Nun spürte sie, dass sich diese Gefühle nicht einfach abschalten ließen, auch wenn sie ihn inzwischen hasste. Anders als Gregor hatte sie sich auf die Begegnung vorbereitet, sie hatte sich die passenden Worte zurechtgelegt und sich ausgemalt, wie er darauf reagieren würde, aber von alldem war ihr nur der eine Satz im Gedächtnis geblieben, und diesen einen Satz stieß sie in einem Tonfall hervor, wie ihn Bankräuber oder Geiselnehmer gebrauchen mochten: »Ich will eine Million!«
    Gregor nickte verständnisvoll, ohne sich weiter aufzuregen, und Veronique hatte zunächst nichts anderes erwartet. Sie wusste, dass er sie mit dieser Forderung nicht ernst nehmen würde, und deshalb trieb sie das Ganze noch auf die Spitze, indem sie süffisant hinzufügte: »Natürlich zusätzlich zu der bereits von unseren Anwälten ausgehandelten Abfindung.«
    Während sie das sagte, zog Veronique Lewezows Fotos aus der Handtasche hervor und legte sie vor Gregor auf den Tisch.
    Fassungslos starrte Gropius auf die Fotos. Auch wenn er es verstand, seine Aufregung nach außen hin zu verbergen, fuhren tausend Gedanken wie Blitze durch sein Gehirn. Wie in aller Welt kam Veronique zu diesen Bildern? Wie lange schon wurde er beobachtet? Oder machten Felicia Schlesinger und Veronique sogar gemeinsame Sache?
    Noch während er über die letzte Möglichkeit nachdachte, hörte er Veronique sagen: »Du hast mit Schlesingers Frau ein Verhältnis, und gemeinsam habt ihr den Plan ausgeheckt, ihren Ehemann umzubringen. Keine schlechte Idee, den Nebenbuhler bei einer Operation sterben zu lassen. Und ein gefundenes Fressen für den Staatsanwalt!« Sie lächelte triumphierend, nicht ahnend, dass der Inhalt ihrer Worte fast etwas Erlösendes für ihren Mann

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