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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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oder Türen gab, die ihn an der direkten Verfolgung hindern konnten.
    Zehn Minuten vor zwölf näherte sich ein Mann im schwarzen Mantel aus feinstem Tuch, hochgewachsen und von finsterem Blick. Es schien, als behielte er denselben Ausgang wie Lewezow im Auge, während er betont gelangweilt auf- und abging. Lewezow kannte den Mann nicht, folglich wusste er auch nicht, ob dessen Anwesenheit zufällig war oder im Zusammenhang mit seinem Auftrag stand. In sicherer Entfernung zog Lewezow seine Kamera mit dem Teleobjektiv aus dem Mantel hervor und schoss von dem Unbekannten einige Aufnahmen.
    Er wollte die Kamera gerade verschwinden lassen, als aus dem Gate, das er seit geraumer Zeit unter Beobachtung hielt, Dr. Fichte in Begleitung eines Mannes heraustrat und geradewegs auf den wartenden Mann im dunklen Mantel zuging. Geistesgegenwärtig drückte Lewezow auf den Auslöser seiner Motorkamera. Dann verbarg er sie wieder unter seinem Mantel.
    In angeregter Unterhaltung strebten die drei Männer dem Ausgang zu, von wo sie sich einem nahen Parkplatz zuwandten. Lewezow winkte ein Taxi herbei und gab dem Fahrer unter Zuhilfenahme eines 20-Euro-Scheins zu verstehen, er möge sich an die Fersen der drei Männer heften. Es dauerte nicht lange, und die Männer bestiegen einen dunklen Mercedes. »Folgen Sie dem Fahrzeug!«, bedeutete Lewezow dem Fahrer.
    Dem Droschkenkutscher mit wirren Haaren und zerknittertem Gesicht bereitete die Verfolgung sichtlich Spaß. Von der ihm gestellten Aufgabe begeistert, wechselte er ständig die Fahrspur, ignorierte ein paar rote Ampeln und gelangte so dicht hinter dem schwarzen Mercedes auf den Wenzelsplatz, wo der Wagen vor dem Hotel ›Europa‹, einem Prachtbau mit üppiger Jugendstilfassade, anhielt.
    Aus sicherer Entfernung beobachtete Lewezow, wie ein Kofferträger das Gepäck der Ankömmlinge in das Innere des Hotels brachte. Dann betrat er die Halle und setzte sich in einen der Ledersessel, von dem er den Empfangstresen im Blick hatte. Während Fichte und sein Begleiter den Meldezettel ausfüllten, kam der dritte Mann dieser Aufgabe nicht nach. Entweder wohnte er schon länger in diesem Hotel oder er hatte nur die Aufgabe, die beiden anderen hierher zu bringen.
    Lewezow wiegte sich in Sicherheit, er wusste, dass Fichte ihn nicht kannte, und auch die beiden anderen Männer hatte er nie gesehen. Deshalb erhob er sich und ging mit auf dem Rücken verschränkten Armen in der Halle auf und ab, als erwarte er einen Hotelgast. In Wirklichkeit versuchte Lewezow den einen oder anderen Gesprächsfetzen der drei Männer aufzufangen.
    Dabei musste er sich etwas ungeschickt angestellt haben, jedenfalls redete ihn plötzlich der Portier in deutscher Sprache an. »Mein Herr, kann ich Ihnen helfen?«
    Lewezow erschrak, er fühlte sich ertappt, aber nach einer Schrecksekunde hatte er die Situation wieder im Griff und antwortete: »Nein danke, ich erwarte jemanden.«
    Im selben Augenblick verabschiedeten sich die drei Männer voneinander, um auf ihre Zimmer zu gehen. Sie wirkten nervös. Lewezow bekam gerade noch mit, dass sie sich für 15 Uhr verabredeten, um gemeinsam nach Pode … den genauen Namen konnte er nicht verstehen, zu fahren. Dann verschwanden sie im Lift.
    Wie sollte er der Situation am besten begegnen? Lewezow dachte nach. Schließlich trat er auf den Portier zu, der ihn kurz zuvor angesprochen hatte. Er machte seinen Job zwar erst seit ein paar Jahren, aber Lewezow wusste sehr genau, wie man am besten eine Auskunft erlangte: nie mit einer direkten Frage, immer mit einer vorausgehenden Behauptung. Deshalb redete er den Portier an: »Bei Ihnen ist gerade ein Dr. Fichte aus München abgestiegen. Wer sind eigentlich die beiden Männer in seiner Begleitung?«
    »Gewiss, mein Herr!«, erwiderte der Portier, nachdem er einen Blick auf den Bildschirm seines Computers geworfen hatte. »Soll ich Sie mit seinem Zimmer verbinden?«
    »Nein, vielen Dank!«, erwiderte Lewezow. »Mich interessieren nur die Namen der beiden anderen Männer, die sich gerade in seiner Begleitung befanden.«
    »Ich bin nicht befugt, Namen unserer Gäste …«
    »Ich weiß«, unterbrach Lewezow den pflichtbewussten Portier, er zog einen Geldschein aus der Tasche und schob ihn verstohlen über den Tresen.
    Fünfzig Euro waren eine Menge Geld für einen Prager Hotelportier, jedenfalls genug, um Vorschriften und Diskretion zu vergessen. »Bitte nehmen Sie einen Augenblick Platz«, flüsterte der Portier aus dem Mundwinkel und

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