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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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sich als Bibelarchäologe. Nicht wahr, Frau Schlesinger?«
    Felicia nickte geistesgegenwärtig. Dass Arno sich in der Hauptsache mit Bibelarchäologie beschäftigt haben sollte, war ihr neu, jedenfalls hatte Schlesinger nie darüber gesprochen.
    »Sie müssen wissen«, fuhr Rauthmann an Gropius gewandt fort, »Palästina und die Schauplätze des Neuen Testaments waren bis zum Ende des 19. Jahrhunderts archäologisch völlig unerforscht. Heute hat sich die Situation ins Gegenteil verkehrt. Heute zählen Israel und Palästina zu den archäologisch am besten erforschten Ländern. Und einen nicht unerheblichen Beitrag dazu hat Arno Schlesinger geleistet. Allerdings zahlte er auch einen hohen Preis.«
    »Einen hohen Preis?« Gropius sah Rauthmann fragend an: »Wie meinen Sie das, er zahlte einen hohen Preis?«
    Rauthmann warf Felicia einen Hilfe suchenden Blick zu, als habe er Hemmungen, Gropius' Frage zu beantworten. »Nun ja«, begann er zögernd, »die Sache mit dem Unfall. Zuerst hieß es, Schlesinger sei mit dem Jeep auf eine Landmine gefahren; aber das kann Ihnen Frau Schlesinger sicher besser erklären.«
    »Keineswegs!«, protestierte Felicia. »Sie müssen wissen, mein Mann hat nie über den Unfallhergang gesprochen. Er sagte, er wolle mich nicht nachträglich beunruhigen. Es war also kein Unfall?«
    Nervös zupfte Rauthmann an seiner Krawatte, dann sagte er leise: »Es war ein Bombenanschlag. Ich weiß es von Pierre Contenau, einem französischen Kollegen, der die Ausgrabungen in Beersheba leitet. Er war in der Nähe, als es passierte.«
    »Ein Bombenanschlag?« Gropius verzog das Gesicht. »In dieser Ecke der Welt gehen doch jeden Tag Bomben hoch. Das muss ja nicht zwingend mit Schlesinger etwas zu tun gehabt haben!«
    »Glauben Sie mir – es ist so, wie ich sage. Dort, wo Schlesinger seine Ausgrabungen durchführte, ist noch nie eine Bombe explodiert«, sagte Rauthmann mit Nachdruck.
    Gropius überlegte. »Aber das würde doch bedeuten, dass sich der Anschlag gezielt gegen Arno Schlesinger richtete!«
    »Oder gegen seine Arbeit.«
    »Oder gegen beide!« Gropius schwieg einen Moment. Das alles machte keinen Sinn! Wer in aller Welt konnte ernsthaft daran interessiert sein, einen deutschen Archäologen bei Ausgrabungen in Israel in die Luft zu sprengen? Es sei denn …
    »Darf ich Ihnen eine ernste Frage stellen?«, begann Gropius umständlich. »Gibt es in Ihrem Fachgebiet so etwas wie Konkurrenzneid? Ich weiß, wovon ich rede. Ich bin Arzt und ich glaube, es gibt keinen Berufszweig, in dem Konkurrenzneid so verbreitet ist wie unter der Ärzteschaft.«
    »Natürlich gibt es das! Der Wissenschaftsbetrieb ist hart, die meisten Planstellen sind vergeben, es wäre töricht, das zu leugnen.«
    Gropius nickte und wandte den Blick zur Seite; dann richtete er an Rauthmann die Frage: »War Arno Schlesinger in Archäologenkreisen beliebt?«
    Rauthmann warf Felicia einen verstohlenen Blick zu, und die erwiderte seinen Blick und sagte: »Tun Sie sich keinen Zwang an, Dr. Rauthmann, Sie brauchen mich nicht zu schonen!«
    Rauthmann schluckte. »Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Arno Schlesinger war in Kollegenkreisen ebenso gehasst wie geachtet. Geachtet wegen seinem Wissen und seinem scharfen Verstand. Gehasst, weil er – verzeihen Sie, wenn ich so deutlich werde – sehr viel Geld einsetzte, um Grabungslizenzen zu erhalten, auf die andere Archäologen ein halbes Leben vergeblich warten.«
    »Halten Sie es also für möglich, dass –«
    »Nein!«, fiel ihm Rauthmann ins Wort. »Bei aller Rivalität, ich hielte keinen Forscher, den ich kenne, für fähig, einen Mord zu begehen, keinen!« Und an Felicia gewandt: »Wenn ich jetzt den Grund meines Besuchs in Erinnerung bringen dürfte …«
    »Selbstverständlich.« Felicia erhob sich und bat Dr. Rauthmann ihr zu folgen. In geringem Abstand, gerade so, dass der Besucher nicht das Gefühl haben musste, unter ständiger Beobachtung zu stehen, folgte Gropius.
    Rauthmann bekam glänzende Augen, als er die Akten sah, die sich zu Hunderten in den Regalen des Arbeitszimmers türmten. Die meisten waren mit vergilbten Blättern gekennzeichnet, welche Hinweise auf den Inhalt gaben. Neben geografischen Angaben wie Salamis, Tyros oder Teil el-Farah konnte man Hinweise auf bestimmte Epochen lesen wie Mykenisch III A, Villanova-Kultur oder Badari-Kultur.
    »Manches ist hier in Unordnung geraten«, bemerkte Felicia, als sie Rauthmanns staunenden Blick auffing. »Die Polizei hatte

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