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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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daß seine Versuche, Nachforschungen nach Roschmann anzustellen, offenbar nicht unbemerkt geblieben waren.
    »Recherchen nach einem gewissen Eduard Roschmann«, sagte er rundheraus. »Und?«
    »Ja, Hauptsturmführer Roschmann. Ich dachte, ich könnte Ihnen vielleicht behilflich sein.« Der Mann hatte unverwandt auf den Strom hinausgeschaut. Jetzt sah er Miller an. »Hauptsturmführer Roschmann ist tot.«
    »Tatsächlich?« sagte Miller. »Das wußte ich nicht.«
    Dr.   Schmidt schien erfreut zu sein.
    »Natürlich nicht – wie sollten Sie auch. Aber es ist dennoch die Wahrheit. Sie vergeuden wirklich Ihre Zeit.«
    Miller sah enttäuscht aus.
    »Können Sie mir sagen, wann er starb?« fragte er Herrn Dr.   Schmidt.
    »Sie haben die näheren Umstände seines Todes nicht in Erfahrung gebracht?« fragte der Mann.
    »Nein. Nur daß er Ende April 1945 zuletzt lebend gesehen wurde.«
    »Ah, ja, selbstverständlich«, sagte Dr.   Schmidt, beglückt, das bestätigen zu können. »Kurz darauf ist er dann gefallen, wissen Sie. Er ist in seine österreichische Heimat zurückgekehrt und dort im Frühjahr 1945 bei den Kämpfen gegen die Amerikaner gefallen. Sein Leichnam wurde von Leuten, die ihn zu Lebzeiten gut gekannt haben, zweifelsfrei identifiziert.«
    »Er muß ein bemerkenswerter Mann gewesen sein«, sagte Miller.
    Dr.   Schmidt nickte zustimmend. »Nun, ähm, ja, es gab eine ganze Reihe von Leuten, die davon überzeugt waren. Ja, in der Tat waren nicht wenige von uns davon überzeugt.«
    »Ich meine«, fuhr Miller unbeirrt fort, als sei er gar nicht unterbrochen worden, »bemerkenswert muß er schon deswegen gewesen sein, weil er außer Christus wohl der einzige Mensch ist, der wiederauferstanden ist von den Toten. Roschmann wurde am 20.   Dezember 1947 von den Engländern in Graz festgenommen. Lebend, versteht sich.«
    In Dr.   Schmidts Augen spiegelte sich der glitzernde Schnee von der Balustrade vor dem Fenster wider.
    »Miller, Sie sind sehr töricht. Wirklich, sehr, sehr töricht. Erlauben Sie mir, Ihnen einen guten Rat zu geben – den Rat eines älteren Mannes an einen sehr viel jüngeren. Stellen Sie Ihre Nachforschungen ein!«
    Miller sah ihn von der Seite her an.
    »Ich glaube, ich sollte Ihnen eigentlich dankbar sein«, sagte er.
    »Sie hätten allen Grund dazu – sofern Sie meinem Rat folgen«, entgegnete Dr.   Schmidt.
    »Sie haben mich schon wieder mißverstanden«, sagte Miller. »Roschmann ist noch Mitte Oktober dieses Jahres in Hamburg gesehen worden. Die letztgenannte Zeugenaussage wurde bisher allerdings noch nicht bestätigt. Jetzt ist sie bestätigt worden. Sie haben sie eben bestätigt.«
    »Ich kann nur nochmals sagen, Sie handeln töricht, wenn Sie diese Nachforschungen nicht sofort einstellen.« Dr.   Schmidts Blick war so kalt wie zuvor; aber jetzt war auch aufkeimende Angst dabei. Es hatte einmal Zeiten gegeben, in denen sich die Leute seinen Befehlen nicht zu widersetzen wagten – er hatte sich noch immer nicht damit abfinden können, daß dem nicht mehr so war.
    Miller wurde langsam wütend. Sein Kragen wurde ihm plötzlich zu eng, und das Blut schoß ihm ins Gesicht.
    »Sie verursachen mir Übelkeit, Herr Doktor Schmidt«, sagte er zu dem älteren Mann. »Sie und Ihresgleichen. Sie halten Ihre ehrbare Fassade aufrecht, aber Sie sind nichts als dreckiger Abschaum. Ich werde nicht aufhören, Fragen zu stellen, bis ich ihn gefunden habe.«
    Er wandte sich zum Gehen, aber der Mann packte ihn beim Arm. Aus einem Abstand von wenigen Zentimetern starrten sie sich wütend an.
    »Sie sind kein Jude, Miller. Sie sind arisch. Sie gehören zu uns. Was haben wir Ihnen denn getan, Menschenskind, was haben wir Ihnen denn nur getan?«
    Miller riß sich los.
    »Wenn Sie das noch immer nicht wissen, Herr Doktor Schmidt, dann werden Sie es nie begreifen.«
    »Ach, ihr jungen Leute seid doch alle gleich. Warum könnt Ihr nie tun, was man euch sagt?«
    »Weil wir nun einmal so sind. Ich jedenfalls bin so.«
    Der ältere Mann starrte ihn aus zusammengekniffenen Augen an. »Sie sind doch nicht dumm, Miller. Aber Sie betragen sich, als seien Sie es. Als gehörten Sie zu diesen lächerlichen Kreaturen, die dauernd von ihrem sogenannten Gewissen gesteuert werden. Aber ich fange an, das zu bezweifeln. Mir scheint fast, als stecke bei Ihnen ein persönliches Motiv dahinter.«
    Miller wandte sich zum Gehen.
    »Vielleicht habe ich ja eins«, sagte er und ließ den Mann stehen.

Kapitel 8
    Miller fand das Haus

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