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Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03

Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03

Titel: Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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Meoquanee?“
    „Weil es zu Ihnen passt. Es bedeutet so viel wie Losstürzender Kolibri, der rot trägt . Und, was führt Sie zu mir?“ Whitewolf nahm ihr gegenüber Platz und schlug die Beine übereinander. Er wirkte vollkommen entspannt.
    „Crows Narben. Ich habe heute Ihr Jugendfoto in einer Zeitung entdeckt. Es zeigt Sie mit nacktem Oberkörper beim Fischen in den Rocky Mountains. Sie haben die gleichen Narben. Crow ist indianischer Abstammung, ein Irokese. Wie Sie.“
    „Ich bevorzuge Mohawk. Sie kennen also unsere Rituale, kleine Frau?“
    „Ja. Der Sonnentanz ist seit 1910 offiziell verboten, weil es dabei zu Selbstzerfleischungen kam. Die jungen Krieger beweisen mit selbst zugefügten Verletzungen ihre Tapferkeit. Mit Riemen, in denen spitze Holzstifte stecken, lassen sie sich an den Marterpfahl binden. Die einzelnen Stifte werden dann in die Brust getrieben. Stundenlang harren die Männer so aus, bevor sie sich die Stifte schließlich selbst herausziehen. Es sind unvorstellbare Qualen, nicht wenige sind gestorben. Der höchste Preis der Tapferkeit ist der Tod. Heißt es nicht so?“
    „Und wissen Sie auch, warum diese Männer das taten?“
    „Ja, weil sie glaubten, dass ihre Qualen die Geister gnädig stimmen und ihrem Volk im Folgejahr große Büffelherden schicken würden.“
    „Sehen Sie, kleine Frau Litonya, und das ist der Punkt. Menschen nehmen mitunter grausame Qualen auf sich für die Dinge, an die sie glauben. In anderen Kulturen nennt man sie Märtyrer.“
    „Ja, aber der Sonnentanz dürfte heute an Bedeutung verloren haben. Ich nehme nicht an, dass Sie Ausschau nach Büffelherden halten, Mr Whitewolf?“ In Rabeas Augen glomm ein Funke.
    Whitewolfs undurchdringliche Maske hielt stand. Doch er musste zugeben, dass die Unverfrorenheit der kleinen Frau ihm imponierte. Natürlich wusste er, warum sie heute zu ihm gekommen war. Sie hatte verloren. Sie hasste es, zu verlieren. Doch selbst in der Niederlage musste sie dem Gegner noch die Stirn bieten. An ihrer Stelle hätte er nicht anders gehandelt. Er würde sie testen. Nur wenige außerhalb seines Volkes kannten noch die wahre Bedeutung des Sonnentanzes. Das ursprüngliche Ritual war den Weißen zu barbarisch gewesen. Sein Volk war den Weißen zu barbarisch! wiederholte er in Gedanken . Sein Volk auszurotten, war für die Weißen offenbar nicht barbarisch gewesen. Seit Columbus waren es innerhalb eines Jahrhunderts an die 100 Millionen Ureinwohner, die dem Morden und den Seuchen der „zivilisieren“ Welt zum Opfer gefallen waren. Opferten sich jedoch Männer, um eine Vision zu erlangen, um ihrem Volk das Überleben zu sichern, dann nannten sie es barbarisch! Whitewolf hasste es, wenn er sich, wie jetzt, in innere Monologe verstrickte. Er trug die Verbitterung seines Volkes in sich - aber er würde niemals zulassen, dass sie die Oberhand errang, sondern nutzte sie, um Kraft aus ihr zu schöpfen. „Was wissen Sie noch über mein Volk?“, fragte er mit wachsamem Interesse.
    „Zum Beispiel, dass die Mohawk ihre Feinde in tagelangen Marterungen gern zu Hackfleisch verarbeitet haben.“
    „Ja, und bevorzugt Priester. Am zähesten erwiesen sich die Jesuiten. Sie waren bei meinem Volk als Gefangene hochbegehrt. Man riss sich geradezu um sie, um sie zu zerreißen.“ Er grinste wie der Wolf, der er war. Natürlich kannte er Rabeas Biographie.
    „Ich weiß“, erwiderte Rabea ungerührt. „Ich hege viel Sympathie für Ihr Volk, Mr Whitewolf.“
    „Vermutlich, weil Ihr Volk seit Moses' Auszug aus Ägypten ebenso sein Land verlor, verfolgt, bekämpft und vergast wurde? Kommt jetzt die Litanei, Mein Leid ist euer Leid ?“
    „Nein. Ich habe mich aus einem anderen Grund mit den Irokesen beschäftigt. Erstaunlich Ihr Volk, ich bewundere es wahrhaftig. Es fasziniert mich, dass die Frauen als Verkörperung des lebensspendenden Prinzips den Mittelpunkt ihrer Gemeinschaft bilden. Ein Prinzip, das in der westlichen, „aufgeklärten“ Welt und vor allem bei den drei monotheistischen Weltreligionen ziemlich verpönt ist.“
    „Ja, mein Volk war seiner Zeit voraus und das war unser Verhängnis. Dann wissen Sie auch, dass die europäischen Einwanderer nicht nur unser Land gestohlen haben, sondern auch unsere politischen Errungenschaften übernommen haben? Unter anderem haben sich die Amerikaner bei der Formulierung ihrer Verfassung und Unabhängigkeitserklärung an uns Irokesen orientiert.“
    „Ich kenne die Fakten und habe über das Treffen 1744 in

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