Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
machen würden und seine Familie töteten, dann wäre sie mit ihrer Liebe zur Stelle, würde für ihn da sein, um ihn in seinem Kummer zu trösten.
Wenig später langte Jeanette in der kleinen Reihenhaussiedlung im Dürerweg an.
Die Dämmerung war noch fern. Im Haus schien alles dunkel, doch Lukas' blauer Passat parkte vor der Garage. War Lukas zuhause? Jeanette stellte sich auf ein längeres Warten ein.
Doch bereits wenige Minuten später näherte sich ein Wagen und parkte direkt hinter dem VW. Jeanette hatte ihren Roller in einem Gebüsch im kleinen Park gegenüber abgestellt. Sie selbst hatte sich hinter einem Auto verschanzt, von wo aus sie einen freien Blick auf das Haus hatte. Ihr Herz schlug höher, als sie sah, wie Lukas dem Wagen entstieg.
Kack! Er war nicht allein, seine blöde Schwester war dabei. Jetzt konnte sie nicht zu Lukas und ihm Beistand leisten. Kurz darauf sah sie Lukas und seine Schwester zusammen mit den beiden Hunden das Haus verlassen. Jeanette verschlang Lukas so lange mit ihren Blicken, bis er verschwunden war. Eine Viertelstunde später kam er zurück. Danach sah sie ihn lange nicht mehr.
Erst gegen 07:30 Uhr tat sich wieder etwas. Die lästige Schwester wurde von einer Limousine abgeholt. Jeanette überlegte, ob sie jetzt gleich bei Lukas klingeln sollte. Aber was war, wenn die Schwester zurückkäme? Aus irgendeinem Grund zögerte sie. Gerade als sie sich dazu entschlossen hatte, fuhr ein Polizeiwagen langsam durch die Straße. Kack! Jeanette duckte sich und wagte es minutenlang nicht, sich zu bewegen. Tatsächlich kehrte der Polizeiwagen auf seiner Patrouille kurz darauf noch einmal zurück.
Und dann war auch die Limousine mit der Zwillingsschwester wieder da. Sie stieg aus und hielt ein kleines Paket in ihrer Hand. Die Limousine parkte neben dem Passat. Die Männer blieben im Wagen sitzen. Jeanette ärgerte sich. Lukas allein sprechen zu können, konnte sie für die nächsten Stunden vergessen. Trotzdem blieb sie auf ihrem Posten.
Dann fuhr eine weitere Limousine vor. Der Fahrer stieg aus und riss den Wagenschlag für einen großen, hageren Mann mit graumeliertem Haar auf. Jeanette erkannte Lukas' Vater von Fotos her.
Zwei weitere Männer, mit jeweils einem Aluminiumkoffer in der Hand, kletterten aus dem Wagen und sahen sich aufmerksam um.
Lukas' Vater betrat das Haus, dann folgten die beiden Kofferträger.
Der Ältere drehte sich unerwartet nochmals um und sandte einen forschenden Rundblick in die Umgebung. Jeanette fürchtete schon, dass er sie gesehen hatte. Sie stellte kurzfristig das Atmen ein und wagte nicht, sich zu bewegen. Sie hatte genug Krimis gesehen, um zu wissen, dass hier eine Geldübergabe vorbereitet wurde. Die Aluminiumkoffer enthielten sicher das Lösegeld für Frau und Sohn.
Das war schlecht. Ehrlich, sie hatte nichts dagegen, wenn das Kind freikam. Sie stellte sich vor, wie sie dem Jungen eine gute Mutter sein würde, viel besser, als ihre Mutter es für sie war. Aber sie musste Lukas' Frau loswerden. Und plötzlich kam ihr eine Idee.
Kapitel 19
London, England
Rabea trat durch die Drehtür des London Chronicle. Zielstrebig ging sie auf die Empfangsdame zu, die hinter einem futuristischen Tresen aus Glas und Marmor thronte.
„Guten Tag“, sagte sie auf Englisch. „Ich bin eine Journalistin aus Deutschland. Ich würde gerne mit Ihrem Chefredakteur sprechen. Ich habe wichtige Informationen, die ihn interessieren dürften.“ Ihren Namen verschwieg sie vorerst.
Die gepflegte Empfangsdame sah von ihrem Journal auf. Sie musterte Rabea, als wäre sie eine Spinne in ihrer Schublade. Rabea ahnte, dass sie ramponiert aussehen musste. Im Lüftungsschacht war es ziemlich staubig gewesen.
„Hören Sie“, meinte Rabea nochmals eindringlich. „Ich weiß, wie ich aussehe. Aber ich wurde entführt und konnte entkommen. Es ist wirklich wichtig, dass ich mit Ihrem Chefredakteur spreche.“
„Was ist denn los, Amelia?“ Ein Wachmann war interessiert näher gekommen, die Finger in den Hosenbund gehakt.
„Diese Frau hier … sie behauptet entführt worden zu sein und will mit dem Chefredakteur sprechen“, erklärte die Empfangsdame mit schriller Stimme, als hätte Rabea ihr gerade erklärt, ein Alien zu sein. Rabea zwang sich weiterhin zu einem freundlichen Gesichtsausdruck.
„Entführt?“ Der Wachmann musterte Rabea nun ebenfalls misstrauisch. „Warum kommen Sie dann zu uns und gehen nicht zur Polizei?“
„Weil die mir nicht helfen
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