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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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aufzuknöpfen.
    »Nicht so stürmisch«, sagte sie. »Wolltest du mir nicht das Schlafzimmer zeigen?«
    »Wie Sie wünschen, gnädige Frau.«
    »Fräulein!«, sagte sie entrüstet.
    Er hob sie hoch und trug sie zum Schlafzimmer hinüber. Sie war so weich und warm und federleicht, wie er sie in Erinnerung hatte. Er wusste nicht, ob er sich mit seinem Antrag blamiert hatte, er wusste nicht, wie ihre Antwort lautete, er wusste nur, dass sie das ernste Thema mit einem Kuss beiseitegeschoben hatte und es zwischen ihnen plötzlich wieder so war wie früher.
    Das Telefon klingelte.
    Er ließ sich nicht beirren und bugsierte Charly ins Schlafzimmer, ließ sie aufs Bett fallen und küsste sie, während er sich wieder an ihrer Bluse zu schaffen machte und sie seinen Krawattenknoten löste.
    Das Telefon klingelte weiter. Da war jemand hartnäckig, doch Rath war entschlossen, das Klingeln zu ignorieren, bis Kirie das Telefon mit ihrem Bellen übertönte, und Charly grinste und sagte: »Vielleicht ist es doch besser, du gehst ran.«
    Rath schaute auf die Uhr. Viertel vor sechs. Er seufzte und stand auf, ging an den Apparat und meldete sich.
    »Mensch, Gereon, endlich! Wo hast du gesteckt, verdammt noch mal?«
    Reinhold Gräf. Rath hatte es befürchtet.
    »War nur kurz am Bahnhof.«
    »Kurz? Verdammt, ich versuch schon seit einer Ewigkeit, dich zu erreichen …«
    »Was ist denn los?«
    »Männliche Leiche. Haus Vaterland , Potsdamer Platz.«
    »Scheiße.«
    »Ja, Scheiße! Mensch, beeil dich, bevor neben allen anderen Beteiligten auch noch Böhm spitzkriegt, dass der diensthabende Kommissar auf sich warten lässt!«
    Rath legte auf und zog die Krawatte fest. Er musste Charly nichts erklären, sie war schon dabei, ihre Bluse wieder zuzuknöpfen.
    3
    D as Haus Vaterland lag am Potsdamer Platz wie ein gestrandeter Vergnügungsdampfer, und etwas in der Art war es auch. Mit Patriotismus hatte das Haus nichts am Hut, es ging einzig und allein darum, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen, und zwar möglichst viel davon. Hinter der Fassade warteten rund ein Dutzend verschiedenartigster Lokale auf Kundschaft: ein bayrisches Brauhaus, eine spanische Bodega, eine Wildwestbar, ein türkisches Café und vieles mehr, alles mit passender Inneneinrichtung, passender Speisekarte und passendem Unterhaltungsprogramm. Gaffer, die nur mal kurz gucken und staunen wollten, waren nicht willkommen, wer hineinwollte, musste am Eingang einen Verzehrgutschein lösen.
    In seinen ersten Berliner Tagen hatte Rath in der Rheinterrasse so etwas wie Heimat zu finden versucht, dann aber festgestellt, dass es hier nur viel zu süßen Wein gab und kitschige Rheinromantik. Zu Berlins viel beschworenem Weltstadtflair, an das vor allem die Berliner selbst glaubten und die Touristen aus der Provinz, die voller Staunen auf die glitzernde Stadt schauten, hatte das Etablissement jedenfalls nicht viel beizusteuern, da hatten die mondänen Bars im Westen wie Femina oder Kakadu eindeutig mehr zu bieten, jedenfalls für Raths Geschmack. Das Vaterland beeindruckte mit seiner schieren Größe und mit den Neonröhren, deren Lichteffekte den nächtlichen Potsdamer Platz beherrschten.
    Um diese Uhrzeit allerdings war der gestrandete Vergnügungsdampfer so tot wie ein Geisterschiff. Nur die Autos vor dem Lieferanteneingang, allen voran das Mordauto, zeigten, dass irgendetwas passiert sein musste. Rath parkte seinen Buick hinter dem Opel vom Erkennungsdienst und blieb noch einen Moment im Wagen sitzen. Er zog an seiner Overstolz und blies den Rauch gegen die Windschutzscheibe. Noch nie hatte er so wenig Lust auf Arbeit verspürt, ja, einen regelrechten Widerwillen gegen seinen Beruf empfunden, wie an diesem Morgen. Einen Moment lang hatte er daran gedacht, Charly einfach mitzunehmen, doch sie hatte abgelehnt. »Was sollen die Kollegen denken, wenn wir zu zweit dort auftauchen?« Ihre Antwort hatte ihn auf eine unbestimmte Weise gekränkt, obwohl er wusste, dass sie recht hatte.
    Er drückte die Zigarettenkippe in den winzigen Aschenbecher des Buick und stieg aus, entschlossen, die Sache hier so schnell wie möglich hinter sich zu bringen und in die Carmerstraße zurückzukehren, zu Charly, in deren Obhut er Kirie gelassen hatte.
    Doktor Karthaus, der auch außerhalb des Seziersaales stets seinen weißen Arztkittel trug, stand vor dem Eingang, in der Hand eine Zigarette, und unterhielt sich mit einem Schupo. Der Blaue salutierte, als Rath herantrat, der Gerichtsmediziner

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