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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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hier nicht mehr viel Betrieb, die meisten Hafenarbeiter waren längst zu Hause, höchstens zwei Dutzend noch auf den Beinen.
    Und ein Zug der Bereitschaftspolizei, von dem im Moment allerdings nichts zu sehen war. Die Männer hielten sich gut versteckt. In der Lagerhalle 2 hatte bis vor einem Jahr noch die Firma Ford ihre Autos für den deutschen Markt zusammenschrauben lassen, dann aber die Produktion in eine neue Fabrik nach Köln verlagert und so einen Beitrag zum Anstieg der Berliner Arbeitslosenzahlen geleistet und zum Leerstand der Berliner Lagerhäuser.
    Die verwaiste Halle hätte ausreichend Platz für eine ganze Hundertschaft, für ein ganzes Bataillon geboten, ein ideales Versteck. Das Hauptzollamt, mit dem sie in diesem Fall zusammenarbeiteten, hatte ihnen dieses Versteck vorgeschlagen, und sie hatten die Männer so unauffällig wie möglich herangekarrt, zivile Mäntel über die Uniformen geworfen, die Gewehre und sogar die Tschakos in Kisten in die Halle geschafft. Es hatte ausgesehen wie ein Trupp Arbeiter, als habe endlich jemand die Halle gepachtet und gedenke sie nun wieder mit Leben zu füllen. Oberkommissar Böhm und ein Oberzollinspektor, ebenfalls in Zivil, hatten die Halle als Letztes betreten. Erst als alle drinnen waren, hatte Böhm den Bereitschaftspolizisten ihre Instruktionen vorgetragen und ihnen Tschakos und Karabiner aushändigen lassen. Seitdem warteten die Männer in der Halle auf einen Anruf.
    Gräf schaute auf das Telefon neben den Hebeln und Knöpfen, von denen er nicht wagte, einen anzurühren, aus Angst, der Kran könne sich dann in Bewegung setzen. Über diese Telefone sprachen die Kranführer mit den Vorarbeitern am Boden und koordinierten die Zusammenarbeit von Kran und Bodenpersonal. Das Telefon in seinem Kran aber war jetzt direkt mit Lagerhalle 2 verbunden. Und obwohl Gräf das wusste, zuckte er zusammen, als es klingelte.
    »Ja?«
    »Rührt sich noch nichts?«
    »Nichts.«
    Neun Uhr hatte in Lamkaus Kladde gestanden, neun Uhr, Dienstagabend. Fünfhundert Kisten. Eine Menge Holz. Und noch mehr Schnaps, pro Kiste vierundzwanzig Flaschen. Würde jedenfalls reichen für eine ordentliche Anklageerhebung. Dummerweise wussten sie nicht, welches Schiff, nur welches Hafenbecken, und hier im Nordbecken lagen gleich fünf Schiffe vertäut.
    Gräf fragte sich schon, ob vielleicht doch jemand Lunte gerochen hatte und sie die ganze Aktion womöglich umsonst angeleiert haben mochten, da tat sich etwas an der Westhafenstraße. Sie kamen. Ein Wagen nach dem anderen rollte durchs Osttor auf das Gelände, fünf schneeweiße Lieferwagen, allesamt mit Werbeaufdruck. Mathée Luisenbrand. Treuburger Bärenfang. Damit hatte Gräf nicht gerechnet: dass die Firma Lamkau so offen mit einer derart heiklen Fracht durch die Gegend fuhr. Oder sollten sie sich geirrt haben, und die Ladung dieser Lieferwagen stammte ganz legal und offiziell aus der regulären und ordentlich versteuerten Produktion der Luisenbrennerei? Aber warum hätte Lamkau den Liefertermin dann in eine Kladde eintragen sollen, in der ansonsten nur Schwarzeinnahmen aufgeführt wurden, Einnahmen, die in den offiziellen Firmenbüchern nirgends auftauchten?
    Die Wagen hielten hintereinander am Kai, am Freiladeplatz direkt neben der Lagerhalle. Gräf nahm den Feldstecher und versuchte, den Namen des Schiffes zu erkennen, an dem Lamkaus Lieferwagen stehen geblieben waren. MS Erika .
    Ein paar Männer kamen an Deck und öffneten die Ladeluken. Und dann stiegen sie auch aus den Lieferwagen. Jedes Auto war mit zwei Männern besetzt, und alle trugen die offiziellen Kittel der Firma Lamkau.
    Gräf wunderte sich zunächst darüber, doch dann wurde ihm klar, dass alles andere viel auffälliger gewesen wäre. Die Männer taten ja nichts Verbotenes, sie beluden ein Frachtschiff mit Schnapskisten. Es waren die gleichen Kisten mit dem Luisenbrandschriftzug, die Gräf bereits im Haus Vaterland gesehen hatte. Im Aufzug neben dem toten Lamkau.
    Nur dass die hier schwarzgebrannten Fusel enthielten und kein Markenprodukt. Bestimmt für den amerikanischen Markt, wohin sie mithilfe des Ringvereins Concordia verschifft werden sollten.
    Hoffentlich war es wirklich so. Sonst wären sie bis auf die Knochen blamiert.
    Vom Schiff wurde eine Gangway zum Kai hinübergeschoben, dann bildeten die Männer eine Kette und begannen, die Kisten vom ersten Lieferwagen auf das Schiff zu reichen. Einmal in Schwung gekommen, ging das in einem enormen Tempo. Wie eine Eimerkette

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