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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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geheißen.
    Dettmann setzte sich betont lässig auf die Schreibtischkante. »Und mit wem habe ich das Vergnügen?«
    »Charlotte Ritter. Kommissaranwärterin. Entschuldigen Sie. Ich dachte, Sie seien heute Morgen auf der Besprechung gewesen.«
    »Hatte zu tun.« Dettmann taxierte sie von oben bis unten. »Hab ich was verpasst?«
    »Nun, ich arbeite gerade an einer Mordsache und …«
    »Eine Mordsache.« Dettmann zündete sich eine Zigarette an. »Wusste gar nicht, dass die G sich auch um so was kümmert.«
    »Zurzeit bin ich der Mordkommission Vaterland von Kommissar Rath zugeteilt«, sagte sie, so sachlich und ruhig wie möglich. »Wir brauchen dringend Informationen über ein Betäubungsmittel namens Tubocurarin. Und über mögliche illegale Bezugsquellen dieses Stoffes im Raum Berlin.«
    »Soso«, sagte Dettmann.
    »Ich hatte gehofft, Sie können mir da weiterhelfen.«
    »Warum kommt Rath denn nicht selbst zu mir?«
    »Kommissar Rath hat mich mit dieser Aufgabe betraut, daher müssen Sie wohl mit mir vorliebnehmen.«
    »Lernt man als Kommissaranwärter nicht, dass man sich in solchen Fällen ans Rauschgiftdezernat wenden muss? Ich bin Mordermittler.«
    Diese harmlose Unterhaltung unter Kollegen schien grandios schiefzulaufen, doch Charly machte tapfer weiter. So schnell ließ sie sich nicht unterkriegen; wozu war sie in Moabit aufgewachsen?
    »Sozusagen der kleine Dienstweg«, sagte sie und versuchte es mit einem Lächeln, doch in Dettmanns Gesicht rührte sich kein Muskel. »Bevor ich gleich in eine andere Abteilung laufen muss … Ich dachte, so unter Kollegen …«
    »Soso. Unter Kollegen«, unterbrach Dettmann. »Soll das ein Witz sein?«
    »Wie?«
    »Sehe ich wirklich aus wie eine Tippse?«
    »Ich verstehe nicht …«
    »Du warst doch mal Tippse bei Gennat, Mädchen, oder? Und da du mich für deinen Kollegen hältst …«
    »Ich bin keine Tippse, wie Sie sich auszudrücken pflegen, sondern Kommissaranwärterin in der Inspektion G, derzeit eingesetzt in der Inspektion   A! Und ich verbitte mir diesen Ton und Ihre plumpe Vertraulichkeit.«
    »Du verbittest dir diesen Ton? Oho!«
    Dettmann musterte sie von oben bis unten, starrte unverschämt lange auf ihre Beine.
    »Hör mal zu, Mädchen«, sagte er dann, leise, aber deutlich, und beugte sich so weit nach vorne, dass sie sein Rasierwasser riechen konnte und seinen Mundgeruch, »ich weiß nicht, wem du öfter einen geblasen hast, Böhm oder dem Buddha, aber eines weiß ich: Du hast mir gar nichts zu sagen.«
    Charly glaubte, sich verhört zu haben. »Was haben Sie da gerade gesagt?«
    »Ich weiß nicht, was du gerade gehört hast.«
    »Hören Sie endlich auf, mich zu duzen! Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen das erlaubt zu haben.«
    »Deine Erlaubnis brauche ich nicht. Für gar nichts, ist das klar? Und schon gar nicht in diesem Büro. Wenn du Befehle erteilen willst, dann geh zurück zu deiner Weibertruppe, vielleicht lassen die sich von dir was sagen. Und nun verdufte, ick hab zu tun.«
    Und damit setzte er sich an seinen Schreibtisch und fuhr fort, die Akte zu studieren, die er auf dem Tisch liegen hatte, ohne Charly eines weiteren Blickes zu würdigen.
    Sie stand da mit offenem Mund, völlig perplex. Ihr erster Impuls war, hinüberzugehen und diesem unverschämten Kerl einfach eine zu scheuern, aber ihr Verstand bremste sie, sagte ihr, dass so etwas nicht gerade karrierefördernd sei. Aber etwas anderes fiel ihr nicht ein, schon gar keine schlagfertige Antwort, und so stand sie da und schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    »Is noch was, Frau Kollegin?«, fragte Dettmann und lächelte sie derart dreist an, dass es ihr endgültig die Sprache verschlug. »Ich dachte eigentlich, ich wäre durch mit Ihnen.«
    Er siezte sie wieder. Und in diesem Moment, wo sie ihn so da sitzen und grinsen sah, wusste Charly, dass Harald Dettmann die Worte, die er ihr eben ins Gesicht gesagt hatte, diese unverschämten Beleidigungen, jedem anderen gegenüber abstreiten würde. Und wer würde ihr, der Kommissaranwärterin, schon Glauben schenken? Was wog ihr Wort gegen das eines altgedienten Kriminalkommissars? Der Anstecknadel an seinem Revers zufolge war Dettmann sogar Mitglied im Schrader-Verband, dem Verband Preußischer Polizeibeamter; an so einem war hier im Präsidium nicht zu rütteln, da musste er schon silberne Löffel aus der Dienstwohnung des Polizeipräsidenten stehlen.
    Charly wollte dem grinsenden Dettmann seinen Triumph nicht länger gönnen,

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