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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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da eher skeptisch.«
    »Das heißt, wir ignorieren die Weisheit von oben?«, fragte Gräf.
    »Das heißt, wir werden nichts überstürzen. Wir haben ausdrücklich den Auftrag, diskret auch in diese Richtung zu ermitteln. Aber erst einmal schaue ich mir den fraglichen Artikel an. Und dann reden wir darüber. Nach der Mittagspause.«
    Gräf nickte. »Mir knurrt eh schon der Magen. In der Kantine gibt’s heute Rinderleber.«
    »Da bin ich dabei«, sagte Lange.
    »Was ist mit dir, Gereon?«, fragte Gräf.
    Rath schüttelte den Kopf. »Leber ist nichts für mich.« Er drückte die Zigarette aus. »Fragt doch die Voss, ob sie euch begleitet, ich hol mir was bei Aschinger.«
    Die Kollegen verschwanden, und Rath blätterte durch die Zeitschrift, bis er den Artikel gefunden hatte. Mysteriöser Ertrinkungstod , lautete die Überschrift, Tathergang gibt Rätsel auf. Wie üblich in den Monatsheften war er in einem sachlichen, fast bürokratischen Deutsch abgefasst, kaum lebhafter als die Sprache der Polizeiprotokolle, aber dazu noch mit einem gewissen akademisch anmutenden Oberlehrerton unterfüttert. Rath quälte sich durch. Er wusste nun wieder, warum er das Blatt eher selten las.
    Der Tote aus Dortmund hieß Hans Wawerka und war am Morgen des Ostersonntags tot in seinem Bett gefunden worden. Rath schaute auf das Foto, das in den Monatsheften abgebildet war, als könne der Mann, der ihn da aus treuen Augen anschaute, zu sprechen anfangen und ihm mitteilen, wer ihn im eigenen Bett ermordet hatte.
    Denn daran, dass der Bergmann eines gewaltsamen Todes gestorben war, ließen die Ermittlungen des Dortmunder Polizeipräsidiums keinen Zweifel, an allem anderen jedoch schon. Der gerichtsmedizinische Befund hatte Tod durch Ertrinken konstatiert, ob es dennoch vielleicht nur ein Beinahe-Ertrinken war wie in Berlin, was Gennat mutmaßte, war Rath erst einmal egal. Interessanter war ein anderer Aspekt: Die Dortmunder Gerichtsmedizin hatte ebenfalls eine Einstichstelle festgestellt, wie bei Lamkau in der Halsvene, sich jedoch nicht weiter damit befasst, jedenfalls keine Blutanalyse eingeleitet. Gennats Misstrauen gegenüber den Fähigkeiten der Kriminalpolizei in der preußischen Provinz war wohl doch nicht nur der üblichen Berliner Arroganz geschuldet. Ob man dieses Tubocurarin auch in einer drei Monate alten Leiche noch nachweisen könnte? Rath musste Doktor Karthaus danach fragen. Und dann sollten sie den Kerl in Dortmund gefälligst wieder ausbuddeln.
    Er schaute auf den Artikel und auf das Foto von Wawerka. Der Mann war tot, er hatte Wasser in der Lunge und eine Einstichstelle im Hals, alles andere aber blieb ein Rätsel, genau wie bei Lamkau. Es gab keinerlei Kampfspuren und keinerlei Tatverdächtige, jedenfalls keine lebenden. Ein kommunistischer Zeitungsverkäufer, mit dem Wawerka bekanntermaßen Streit gehabt hatte, kam als Täter nicht mehr infrage, da er tags zuvor einem wahrscheinlich politisch motivierten Brandanschlag auf seinen Zeitungskiosk zum Opfer gefallen war.
    Hans Wawerka war gerade mal dreiunddreißig Jahre alt geworden und hatte allein in einer kleinen Dachgeschosswohnung in Dortmund-Bövinghausen gelebt, ein einfacher Bergmann, Hauer in der Zeche Zollern, ein zurückgezogen lebender Junggeselle. Der Mittvierziger Herbert Lamkau dagegen war ein erfolgreicher Geschäftsmann und Familienvater.
    Die Fotos gaben noch weniger her. Wawerka hatte die kräftige Statur eines Arbeiters, groß und muskulös, während Lamkau zeitlebens das gewesen war, was man gemeinhin einen Hänfling nennt. Nur die Entschlossenheit in seinen Augen, die einem aus seinem Führerscheinfoto entgegenblitzte, zeugte von Kraft. Dagegen blickten die Augen von Hans Wawerka eher einfältig in die Kamera des Fotografen. Zwei Menschen, so unterschiedlich wie Feuer und Wasser.
    Nur gestorben waren sie offensichtlich auf dieselbe Art und Weise, der eine in Dortmund, der andere in Berlin. Wären da nicht die auffälligen Übereinstimmungen in den gerichtsmedizinischen Gutachten, Rath hätte nie und nimmer darauf gewettet, dass die beiden Todesfälle etwas miteinander zu tun haben könnten. Der Artikel in den Kriminalistischen Monatsheften beschäftigte sich hauptsächlich mit den mysteriösen Aspekten des Falls, jedenfalls hatten die Dortmunder Mordermittler genauso wenig eine Spur oder auch nur den Ansatz einer Erklärung wie ihre Berliner Kollegen. Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Todesfälle, wenn man so wollte.
    Als Rath seine letzte Overstolz

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