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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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wolle er die ganze Welt umarmen. »Deutschland schuldet mir noch Sold.«
    »Und wie wird man dann zum Cowboy?«
    Husen zuckte die Achseln. »Von irgendwas muss der Mensch ja leben, also kellnere ich. Im Türkischen Café oder in der Wildwestbar. Hauptsache, exotisch. Neger gibt es nicht so viele in Berlin.«
    Charly drückte ihre Juno auf der Brüstung aus.
    »Sind Sie öfter hier zum Rauchen?«, fragte sie.
    »Wenn es nicht gerade regnet. Ich muss einfach raus. Da drinnen …« – Er zeigte nach hinten. – »… komme ich mir vor wie in einem Gefängnis, trotz all der schönen Landschaftspanoramen an den Wänden.«
    »Kann ich gut verstehen. Wenn ich noch einen Tag länger Zwiebeln schneiden muss, komme ich mir sogar vor wie im Zuchthaus.«
    »Das wird schon. Der Mensch gewöhnt sich an vieles.« Husen drückte seine Zigarette ebenfalls aus. Eine türkische, bemerkte Charly, keine amerikanische. »Besuchen Sie mich doch in der Wildwestbar, wenn Sie Feierabend haben«, sagte er. »Ich gebe Ihnen einen Whiskey aus …«
    »Haben Sie auch Luisenbrand?«
    »Wie Sie wünschen. Ist nicht das klassische Westerngetränk, dürfte aber für Joe kein Problem sein. In der Wildwestbar gibt’s das beste Angebot an Hochprozentigem, das Haus Vaterland zu bieten hat.«
    »Joe?«
    »Unser Barkeeper. Heißt eigentlich Johannes. Aber ich heiße eigentlich auch nicht Husen, sondern Hussein.«
    Charly nickte. »Mal schauen«, sagte sie, »wenn ich bis Feierabend nicht selbst zur Zwiebel geworden bin, komme ich vielleicht auf ein Gläschen vorbei.«
    »Also dann, Ma’am …«
    Die Art, wie Mohamed Husen an seinen Hut tippte, erinnerte tatsächlich an Tom Mix.
    21
    E s war still auf dem Gang, als er aus der Tür trat, kein Schreibmaschinengeklapper, keine Stimmen. Die meisten Kollegen waren längst in der Mittagspause, lediglich ein Blauer und zwei Zivile trieben sich auf dem langen Korridor der Mordinspektion herum. Rath wollte die Bürotür gerade abschließen, da hörte er doch noch eine Schreibmaschine losklappern. Das Geräusch wirkte in der Mittagsstille so laut wie ein Maschinengewehr. Rath glaubte zu wissen, aus welchem Büro das kam. Die Tür stand offen, und er schaute hinein. Das Vorzimmer war verwaist, das Geklapper kam von weiter hinten. Kurz entschlossen ging er hinein und gleich weiter durch ins Büro. Dort saß Kommissar Harald Dettmann vor einer Schreibmaschine, die er mangels Sekretärin offensichtlich selbst hatte aktivieren müssen, und zog gerade ein Blatt aus der Walze.
    »Ah, der Kollege Rath«, sagte er mit hochgezogener Augenbraue.
    »Mahlzeit.«
    Dettmann packte das Blatt auf einen Stapel beschriebenes Schreibmaschinenpapier, nahm den ganzen Packen hoch und stauchte ihn akkurat zusammen. Das hatte Rath ganz vergessen: Dettmann war nicht nur ein Arschloch, er war auch ein verdammter Pedant.
    »Was gibt’s denn?«, fragte der ehemalige Rauschgiftfahnder und legte den Papierstapel unter einen Locher. Rath konnte ein paar Satzfetzen erkennen, mit dem Phantom hatte das nichts zu tun. Sah aus wie der ausführliche Bericht zu Dettmanns altem Tiergartenfall. Den hatte er vor Tagen abgeschlossen, Gennat hatte den Bericht am Montag schon angemahnt. Die Ausrede mit der kranken Sekretärin zog offensichtlich nicht länger, jetzt, wo Kriminalkommissar Dettmann den populärsten Fall bearbeiten durfte, den Gennat derzeit zu vergeben hatte. Es krachte, als Dettmann den Locher betätigte. Rath schätzte den Papierstapel ab, bestimmt zwanzig Blatt.
    Er baute sich vor dem Schreibtisch auf.
    »Blöd, wenn die Sekretärin krank ist, was? Dann sieht man erst einmal, wie viel Arbeit so was macht.«
    »Das Formulieren braucht mehr Zeit als das Tippen.« Dettmann schaute ihn misstrauisch an. »Was willst du von mir, Rath? Trauerst du deinem alten Fall nach? Tut mir wirklich leid, ich habe meine Ermittlungsgruppe schon zusammengetrommelt, und du gehörst nicht dazu.«
    »Habt ihr denn schon etwas rausbekommen aus den beiden Tatverdächtigen?«
    »Wieso willst du das wissen?«
    Rath zuckte die Achseln. »Nur so. Würde mich wundern, wenn einer von denen das Phantom ist.«
    »Die Vernehmungen laufen noch.«
    »Und du bist nicht dabei?«
    »Wenn du auf die Uhr schauen würdest, dann wüsstest du, dass wir seit fast einer Stunde Mittagspause haben. Und die nutze ich, um den Tiergartenbericht für Gennat und den Staatsanwalt fertig zu machen.«
    »Lobenswert. Dann stimmt es also?«
    »Was?«
    Rath taxierte Dettmann und nickte

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