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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Zigarette an. »Ich werde noch zum Gut Luisenhöhe rausfahren«, sagte er dann, »geben Sie mir doch bitte mal die Wagenschlüssel …«
    Kowalski guckte unwillig und verunsichert. So war das in den Augen seiner Vorgesetzten offensichtlich nicht gedacht, dass er dem Kommissar aus Berlin einfach so den Wagen überließ.
    »Soll ich Sie nicht fahren? Ich kenne den Weg. Deswegen hat man mich doch mitgeschickt.«
    »Keine Sorge, den finde ich schon allein.« Rath zeigte auf den staubigen Aktenberg. »Machen Sie mal hier weiter, da sind Sie mir eine größere Hilfe.«
    »Eigentlich«, sagte Kowalski, »weiß ich gar nicht, ob ich Ihnen den Wagen überhaupt überlassen darf …«
    »Der Pkw da draußen ist ein Dienstwagen der preußischen Polizei, richtig?«
    »Richtig.«
    »Und was sagt ein preußischer Kriminalassistent, wenn ein preußischer Kriminalkommissar einen Dienstwagen zu fahren wünscht?«
    »Er sagt: ›Jawohl, Herr Kommissar!‹, Herr Kommissar.«
    »Richtig.« Rath nickte zufrieden und streckte seine Rechte aus, um die Autoschlüssel in Empfang zu nehmen.
    Der schwarze Wanderer fuhr sich gar nicht schlecht. Rath jedenfalls genoss es, den Wagen allein durch die Landschaft zu steuern, ohne Aufpasser an seiner Seite. Eigentlich fühlte er sich immer besser, wenn er alleine arbeiten konnte, irgendwie konnte er dann besser denken. Er nahm die Landstraße nach Schwentainen, doch das stellte sich als falsch heraus. Ein Bauer auf einem Heuwagen, den er unterwegs nach dem Weg fragte, schickte ihn zurück nach Treuburg, er solle dort die Straße nach Lyck nehmen, die führe gleich an der Luisenhöhe vorbei. Rath tat wie geheißen und brauchte keine zehn Minuten, bis er die Kleinbahntrasse erreicht hatte und kurz darauf den Haltepunkt sah mit dem leicht verrußten Schild Luisenhöhe . Das Backsteingebäude der Brennerei mit seinem hohen Schornstein erinnerte eher an eine Fabrik als an ein Gutsgebäude. Der Firmenname Mathée war groß und in denselben schnörkeligen Buchstaben auf den Giebel gemalt, wie sie auf den Luisenbrandflaschen prangten; darunter stand, deutlich kleiner und in schlichten Blockbuchstaben: Brennerei Gut Luisenhöhe . Ein flacher, moderner Anbau, hinter dem zwei große kupferne Lagertanks in der Sonne blitzten, begrenzte einen asphaltierten Platz, auf dem zwei Lastwagen mit Gerstenmalz auf ihre Entladung warteten. Welche Mengen hier produziert werden mussten! Das war wahrlich keine kleine Provinzbrennerei, die nur für die eigene Stadt und die umliegenden Dörfer billigen Schnaps brannte.
    Rath stellte den Wagen auf dem Hof ab und sprach den nächstbesten Arbeiter an.
    »Wo ist denn hier der Chef?«
    »Wollense zum Betriebsleiter oder zum Geschäftsführer?«
    »Zu Direktor Wengler«, sagte Rath und zückte das Führerscheinfoto von Lamkau. »Oder zu irgendjemandem, der mir etwas über diesen Mann hier erzählen kann. Herbert Lamkau.«
    Der Arbeiter schaute sich das Foto kurz an und zuckte die Achseln.
    »Hat der sich nie hier blicken lassen?«, hakte Rath nach. »Lamkau hat Luisenbrand vertrieben, in ziemlich großen Mengen.«
    Der Arbeiter zeigte den Hügel hinauf, an dessen Fuß die Brennerei lag. »Direktor Wengler hat sein Büro oben im Gutshaus.«
    »Vielen Dank.« Rath nickte. »Ach, noch etwas … Das Jahr vierundzwanzig … Da hat Herr Lamkau die Stadt verlassen, er und einige andere Herren. Ich vermute, dass damals hier etwas passiert ist, das die Männer aus ihrer Heimat vertrieben hat. Haben Sie eine Ahnung, was das sein könnte?«
    Wieder zuckte der Arbeiter mit den Achseln, und diesmal hatte Rath den Eindruck, dass dieses Achselzucken eine Lüge war, dass der Mann ganz genau wusste, was vor acht Jahren passiert war.
    Eine schattige Allee führte zum Gutshaus hinauf, das längst nicht so protzig war, wie Rath erwartet hatte: eher große Villa als kleines Schloss. Er parkte vor einer Freitreppe und musste nicht einmal klingeln; ein Mann im Anzug, der wie ein Buchhalter aussah, kam schon die Treppe herunter, kaum war Rath aus dem Wagen gestiegen. Entweder lagen sie hier permanent auf der Lauer oder der Arbeiter unten in der Brennerei hatte schon nach oben telefoniert.
    »Guten Tag«, sagte der Anzugträger und klang überaus höflich.
    »Herr Wengler?«, fragte Rath.
    »Bedaure, aber der Herr Direktor ist beruflich unterwegs; wir erwarten ihn erst heute Abend wieder zurück.« Der Mann streckte die Hand aus. »Fischer mein Name, ich bin Herrn Wenglers Privatsekretär. Und mit wem

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