Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
Valloncour tut ihm gut. Sein ruheloses Herz hat hier Frieden gefunden.«
»Ja, im Schoß einer Vogelscheuche.«
Juztina schluckte. Plötzlich standen ihr Tränen in den Augen. Verdammt! Sie war doch sonst nicht so nah am Wasser gebaut. Aber seit jenem Nachmittag war sie völlig durcheinander.
Belinda legte ihre Näharbeit ab. »Gib nichts auf mein Geschwätz, meine Hübsche.«
Ihre Freundin nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich. »Ich bin nichts als eine eifersüchtige, etwas pummelige dumme Kuh, der die Ritter stets davonlaufen. Und jedes Mal nehmen sie ein Stück von meinem Herzen mit.«
Belinda atmete tief ein. Und Juztina spürte, dass nun auch ihre Freundin mit den Tränen rang. »Ich war im Apfelkeller. Dort, wo der Lichtschacht zum Hof ist«, sagte sie ganz leise. Sie hatte noch niemandem die Geschichte anvertraut. Es war Unsinn, aber sie hatte das Gefühl, dass es Unglück brachte, darüber zu reden. Sie wollte nicht als die Dumme dastehen, wenn er es sich im letzten Augenblick noch einmal anders überlegte. Aber das würde er nicht tun! Nicht jetzt … In ein paar Stunden wäre sie das Weib eines angesehenen Ordensritters. Eines Magisters!
»Ich habe dort Äpfel von der neuen Ernte mit Wachs eingerieben. Plötzlich stand er hinter mir. Ich hatte ihn gar nicht kommen gehört. Das Schleichen hat er von Gishild, gelernt diesem Fjordländermädchen. Die bewegt sich auch leise wie eine Katze.«
»Lass das Mädchen!«, drängte Belinda. »Was hat er zu dir gesagt?«
Juztina lächelte bei der Erinnerung. »Er hat sich bei mir entschuldigt. Weißt du, wir haben lange in einem Turm auf
einer einsamen Insel gelebt. Allein. Damals war er ganz anders. Gemein, unberechenbar … Und traurig. So traurig. Du hättest ihn hören sollen, wenn er nachts manchmal gesungen hat. Er könnte selbst Steine zum Weinen bringen. Hier in Valloncour mit den Novizen zu leben hat ihn geheilt. Sie verfluchen ihn oft, weil er ein strenger Lehrer ist. Aber ich weiß, er hat jeden einzelnen von ihnen ins Herz geschlossen. Das merkt man, wenn er von ihnen spricht.«
»Ach, Juztina. Ich will keine Geschichten über seine Novizen hören. Was hat er noch zu dir gesagt? Ich meine mit der Entschuldigung … Das kann doch nicht alles gewesen sein. Jeder in der Küche hat gemerkt, wie er dir hinterherblickt. Wie ihm seit Monden kein Vorwand zu dumm ist, um bei uns vorbeizuschauen …«
Juztina hatte das auch bemerkt. Nicht die Blicke, aber diese Besuche. Allerdings hätte sie sie niemals auf sich bezogen. »Er hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, noch einmal mit ihm in einem Turm zu leben.«
»Und?«
»Ich habe ihm geantwortet, dass ich nicht mehr seine Dienstmagd bin.«
»Das ist nicht dein Ernst.« Belinda ließ sich auf ihrem Stuhl nieder. »Du wolltest ihn vergraulen?«
»Er sagte, ich solle nicht seine Magd sein. Er wolle ein festes Band zwischen uns knüpfen. Und alles sollte diesmal besser werden.«
Belinda seufzte. »Ein Heiratsantrag von einem Ritter. Mädchen, so was gibt es nur in Märchen. Hier hat noch nie einer der Ritter eine von uns zur Braut gewählt. Ich glaube, ich wäre ohnmächtig geworden. Was hast du getan?«
»Ich habe ihm eine Ohrfeige verpasst und ihm gesagt, was ich von seinen grausamen Scherzen halte.«
Ihre Freundin sah sie mit weit offenem Mund an. »Du hast was getan? Bist du völlig verrückt? Du hast …«
»Ich bin gegangen und habe ihn bei den Äpfeln stehen lassen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie es mit ihm war, auf der Insel im Turm. Ich wollte nie wieder …«
»Dich sollte man ohrfeigen für so viel Dummheit. Was hat er dir nur angetan …« Belinda blickte auf das Kleid. »Und wie kommt es, dass ich das hier nähe? Warum haben sie dich nicht in Schimpf und Schande aus der Burg gejagt? Bei Gott! Du hast einen Ritter geschlagen und gedemütigt!« Sie kicherte plötzlich. »Das hätte ich zu gern gesehen. Manche von ihnen hätten wirklich ein paar Backpfeifen verdient, so hoch wie die ihre Nasen tragen.«
Juztina blickte aus dem Fenster. Eine plötzliche Bö entfaltete die Banner auf den Türmen. Hoffentlich blieb das Wetter beständig. Die Hochzeiten sollten im Freien stattfinden. Es würde ein riesiges Fest werden. Sie lächelte … Und zum ersten Mal, seit sie nach Valloncour gekommen war, würde sie daran teilhaben und nicht bis tief in die Nacht in der Küche stehen.
»Drustan hat sich mehr als eine Woche nicht mehr blicken lassen. Und dann … Ich war im Wald,
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