Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
Pilze suchen. Da habe ich ihn singen gehört. Ein wunderbares Liebeslied. Ich sagte dir ja, mit seiner Stimme kann er Steine zum Weinen bringen.« Die Erinnerung wühlte Juztina noch immer zutiefst auf. Sie war den Tränen nahe. »Und dann hörte ich meinen Namen. In dem Lied, verstehst du! Er hatte es für mich geschrieben. Ein Lied über seine Liebe zu mir … Und in diesem Lied hat er mich wieder um Verzeihung gebeten. Außerdem hat er es in meiner Sprache geschrieben … So lange habe ich meine Sprache nicht mehr gehört! Sie ist wie das Wispern des Windes in den Bäumen. Wunderschön, ein
bisschen melancholisch. Nie habe ich ein so schönes Lied in meiner Sprache gehört. Ich stand dort wie angewurzelt, noch lange nachdem er aufgehört hatte zu singen. Und dann trat er aus dem Unterholz. Er trug sein Haar offen. Und er war gut rasiert. Ein Festgewand hatte er angelegt. Und ohne auf seine schönen weißen Hosen zu achten, kniete er vor mir im Schlamm nieder. Er hat mich gebeten, seine Braut zu werden, und bei Tjured geschworen, dass dies kein Scherz sei.« Juztina seufzte. Zwei Wochen waren seitdem vergangen, und noch immer hatte sie das Gefühl, als müsse ihr die Brust zerspringen, so heftig und überwältigend waren ihre Gefühle, wenn sie daran dachte. »Weißt du, ich konnte die Angst in seinen Augen sehen. Angst davor, dass ich ihn noch einmal zurückweisen würde.« Juztina schämte sich ein wenig dafür, doch sie hatte es genossen, Drustan vor sich im Schlamm knien zu sehen. Aber dieses Gefühl würde sie nie jemandem verraten.
»Dann hab ich mich vor ihm niedergekniet und habe ihn geküsst.«
Belinda seufzte. »Wie romantisch!«
»In kaltem Matsch zu knien? Ich habe mir einen Schnupfen geholt.« Dann lachte Juztina. »Aber du hast recht. Ich habe es nicht bereut. Wir haben uns sehr lange geküsst …«
»Nur geküsst?«
Juztina sah ihre Freundin finster an. »Du glaubst doch nicht, dass ich dir darüber etwas erzählen werde.«
»Also, ich würde dir alles anvertrauen. Ich hatte mal einen Novizen, der …«
Juztina winkte ab. »Das will ich gar nicht wissen. Lass mir ein paar Geheimnisse nur für mich.«
Belinda grummelte etwas vor sich hin, stellte aber keine weiteren Fragen mehr. Sie biss den Faden durch, legte die
Nadel auf das Fenstersims und hielt das Kleid hoch. »Fertig! Seide und feinste Spitzen. Ich würde mein Seelenheil dafür geben, wenn mir ein Mann einmal solch ein Kleid schenken würde.«
»Rede nicht so!«
»Das meine ich ernst! Das Kleid ist ein Traum. Komm, zieh es an. Du wirst wirklich die hübscheste Bohnenstange sein, die jemals vor einen Traualtar getreten ist. Die Novizinnen werden neben dir aussehen wie kleine Butterblumen neben einer Rose.«
»Bin ich wirklich hübsch? Werde ich ihm gefallen?«
»Ob du ihm gefallen wirst? Verdammt, dein Drustan ist vor dir auf Knien im Schlamm herumgerutscht und hat Liebeslieder für dich geträllert, als du ein Kleid anhattest, das aussah wie ein umgenähter alter Sack. Wenn er dich so sieht, dann wird er zu atmen vergessen. Ich nenne dich die ganze Zeit über Bohnenstange, weil ich maßlos eifersüchtig auf dich bin. Und jetzt zieh das Kleid an. Ich will dich endlich in deiner ganzen Pracht sehen!«
Juztina zögerte. »Ich habe Angst, dass er mich nicht wirklich liebt. Dass er all das nur tut, um sich bei mir zu entschuldigen. «
»Hah, du hast keine Ahnung! So edel sind Männer nicht. Auch unsere Ritter nicht. Der hat sich in dich verguckt. Und ehrlich gesagt, ich kann ihn verstehen. Du bist ein Schatz. Hör auf, dir so dumme Gedanken zu machen. Genieße den Tag. Juztina, alle Mägde in der Küche träumen davon, was dir heute passiert. Und wenn sich zeigen sollte, dass er doch ein blöder Kerl ist, dann gibst du ihm einfach einen Tritt in seinen Ritterarsch und kommst zu uns zurück in die Küche. Da wird es immer einen Platz für dich geben. So, und jetzt lass dich anziehen.«
Juztina beugte sich gehorsam vor und streckte die Arme aus. Der Stoff schien ihre Haut zu streicheln. Er war so wunderbar zart. Nie hatte sie ein Kleid aus Seide getragen. Bis Drustan ihr den Seidenballen gebracht hatte, hatte sie so einen kostbaren Stoff nicht einmal berührt.
»Drustan«, flüsterte sie.
Belinda sah zu ihr auf. Sie kniete vor ihr und legte das Kleid in Falten. Ihre Freundin lächelte. Diesmal stellte sie keine Fragen.
Drustan hatte seinen Freund, den Flottenmeister, gefragt, ob das nächste Schiff aus Marcilla weiße Seide und
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