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Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Titel: Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Die Ruderer begrüßten seinen Befehl mit lautem Johlen.
    »Wehe denen, die morgen Mittag nicht zurück sind! Ich kenne jeden verdammten Platz in Marcilla, an den es einen im Vollrausch verschlagen kann. Ich werde euch finden. Und wenn das passiert, werdet ihr euch wünschen, eure Mütter wären euren Vätern niemals begegnet!«
    Alvarez ignorierte die unflätigen Bemerkungen, die halblaut gerufen wurden. Er wusste, dass er sich auf seine Mannschaft verlassen konnte. Sie würden pünktlich zurück sein. Nicht weil er ihnen drohte, sondern weil sie ihn mochten. Er würde die meisten von ihnen wiedersehen, wenn er sich heute Nacht auf die Suche nach Mirella machte. Sie liebten ihn dafür, dass er in denselben billigen Schenken unterwegs war wie sie. Er legte großen Wert darauf, ihre Welt zu kennen. Und ihre Gesellschaft war ihm lieber als die der aufgeblasenen Pfeffersäcke mit prallen Geldbeuteln, die in besseren Gegenden flanierten.
    Ein vertrautes Geräusch ließ ihn aufblicken. Ein Geräusch, das nicht hierher gehörte. Der Gleichtritt genagelter Sohlen auf Kopfsteinpflaster. Vieler Sohlen!
    Lilianne berührte ihn am Arm und deutete zu den beiden alten Wachtürmen. Zwischen ihnen hob sich triefend eine dicke, rostige Sperrkette aus dem Hafenwasser.

AUS DEM BLICK

    Emerelle legte den Kopf in den Nacken und verharrte so einen Augenblick. Ihre Schultern waren steif. Zwei Tage hatte sie neben der Silberschale gestanden, dem Kaleidoskop möglicher Zukünfte. Die Macht der Bilder blendete sie noch immer.
    Müde ging die Königin der Elfen hinüber zu ihrem Thron. Sie hörte das beruhigende Rauschen der Wasserschleier an den Wänden des Thronsaals und spürte die sanfte Wärme der Herbstsonne auf ihrer Haut. Kein Dach und keine Kuppel versperrten den Blick in den Himmel.
    Sie fühlte sich wie ein alter Drache, der träge hingestreckt den Augenblick genoss, wohl wissend, dass das Jahr nicht mehr viele Sonnentage schenken würde.
    Obwohl ihre Lider schwer waren, blickte sie zum Himmel hinauf. Eine einzelne zerfaserte Wolke glitt langsam vorüber. Emerelle kämpfte gegen eine Müdigkeit an, die unendlich viel tiefer war als die Erschöpfung, die von zwei durchwachten Nächten herrührte. Sie hatte Angst, die Augen zu schließen, weil sie ahnte, dass die Bilder aus der Silberschale dann wieder an Macht gewinnen würden.
    Emerelle wusste seit langem, dass die Silberschale mit einem Makel behaftet war. Womöglich war sie sogar eine Schöpfung der Yingiz, jener dämonischen Wesenheiten, die einst das Nichts bevölkert hatten. Die Bilder aus der Zukunft, die dem Kundigen in dem spiegelnden Wasser erschienen, zeigten stets Szenen, die dazu angetan waren, falsch gedeutet zu werden. So mochte man den Mann mit den blutigen Händen, der sich über einen Sterbenden beugte,
für dessen Mörder halten, obgleich es sein Heiler war. Und wenn sie Ollowain in den Bildern, die offensichtlich in naher Zukunft lagen, nicht wiederfand, hieß das wirklich, dass sein Tod unmittelbar bevorstand? Oder suchte sie nur an den falschen Orten nach ihm?
    So sehr ihr der Schwertmeister am Herzen lag, war er diesmal nicht der Grund für ihre Sorgen, auch wenn er der Schlüssel zu sein schien. In den letzten Wochen war ihr ein Phänomen bewusst geworden, dessen Wurzeln möglicherweise Jahrhunderte zurückreichten. Bisher hatte sie sich stets nur Gedanken darüber gemacht, was sie gesehen hatte. Oder aber sie hatte nach Bildern gesucht, die sie sehen wollte. Eine Zukunft, wie sie sich eine wünschte. Eine Zukunft in Frieden und Harmonie.
    Erst seit kurzem dachte sie über das nach, was sie nicht sah. Der Blick durch die Silberschale reichte durchaus auch in die Welt der Menschenkinder, deren Schicksal so eng mit dem der Völker Albenmarks verknüpft war. Sie sah in der Schale die Städte des Fjordlands und die der unabhängigen Provinzen Drusnas. Die Städte, in denen die Tjuredpriester regierten, blieben ihrem Blick verborgen. Seit Jahrhunderten hatte sie Aniscans nicht mehr gesehen. Sie kannte die Refugien der Priester allein aus den Berichten von Spähern. Von der Ordensburg der Neuen Ritterschaft wusste sie nur den Namen: Valloncour. Den Ort selbst hatte sie nie gesehen, dabei musste er doch von großer Bedeutung für die Zukunft sein. Oder irrte sie sich? Würde die Macht der Neuen Ritterschaft verlöschen? Doch selbst wenn dies geschehen sollte, erklärte es nicht, warum sie keine einzige der großen Städte sah.
    Als sie vor zwei Tagen an die

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