Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
entgegnete Honoré gut gelaunt. »Es gibt magische Tore. Auf manchen von ihnen haben wir Tempeltürme, Kapellen oder Heiligenschreine errichtet. So versiegeln wir diese Tore. Die Anderen können sie nicht länger benutzen. Wir aber halten den Schlüssel in der Hand. Wenn wir diese Orte entweihen, dann ist auch das Tor wieder frei. Wir müssen nur lernen, wie man sie öffnet. Oder jemanden finden, der es für uns tut. Jemanden, der so enttäuscht von den Anderen ist, der sich so verraten von ihnen fühlt, dass er bereit ist, gegen sie in den Krieg zu ziehen.«
Honoré sprach so eindringlich und überzeugend, als seien diese Pläne schon weit gediehen.
»Wenn wir das erste Mal hinübergehen nach Albenmark, dann werden die Anderen völlig überrumpelt sein. Gleich bei diesem ersten Angriff müssen wir Emerelle stellen und töten.«
»Warum sagst du mir das alles? Was kann ich dabei tun? Ich bin doch nur ein Novize.«
»Du weißt, dass ich kein netter Mensch bin, Luc. Ich tue es für die Bruderschaft. Sie braucht dich. Zu viele von uns sind tot. Und in keinem ist die Gabe so stark wie in dir. Du darfst dich nicht länger treiben lassen, Luc. Dein Leben muss wieder ein Ziel bekommen, ganz gleich welches.
Ich komme also nicht als Freund. Es ist allein Eigennutz, der mich antreibt. Ich bin davon überzeugt, dass unser beider Schicksal eng miteinander verbunden ist. Jeder von uns kann seine Bestimmung in dieser Welt nur durch den anderen finden.«
Luc war noch immer nicht klar, wie er dem Primarchen helfen sollte. Aber er war bereit, ihm zu glauben. Honoré hatte recht. Ein Leben brauchte ein Ziel. Daraus schöpfte es Mut und Kraft. »Was kann ich tun?«
»Ich glaube, du wirst mich heilen können, wenn wir den richtigen Ort und die richtige Zeit finden. Und da ist noch etwas … Mit deiner Gabe hat es eine besondere Bewandtnis. Doch davon werde ich dir erzählen, wenn du die goldenen Sporen der Ritterschaft erhältst. Es gibt aber etwas, womit du schon jetzt, in dieser Nacht, zu unserem großen Werk beitragen kannst. Schreib einen Brief an Gishild! Schreibe ihr von deiner Liebe und deiner Sehnsucht.«
»Was?«
»Du hast schon richtig verstanden, Luc. Ihr könnt einander nicht sehen … Vielleicht für viele Jahre. Sorge dafür, dass das Band zwischen euch nicht zerreißt. Du ahnst nicht, wie kostbar eure Liebe eines Tages sein kann …«
»Wie meinst du das?«
»Wenn Albenmark besiegt ist, dann werden wir mit dem Fjordland verhandeln. Aber wie soll man miteinander reden, wenn Jahrzehnte des Krieges die Herzen verwüstet haben? Wie soll ein gerechter Frieden gefunden werden? Wie kann man ohne Misstrauen an einem Tisch sitzen? Wie kann gerade Gishild das, die während der Friedensverhandlungen schändlicherweise entführt wurde?«
Luc begann zu begreifen.
»Wenn ihr beide euch eure Liebe erhaltet, dann werdet
ihr miteinander reden können. Du gehörst zur Bruderschaft des Blutes. Du bist sehr begabt. Ich verspreche dir, eines Tages wirst du ein bedeutender Mann in unserer Kirche sein. Und du wirst es sein, der für uns alle spricht, wenn wir Frieden mit dem Fjordland schließen werden. Und Gishild wird alles, was du sagst, tiefer verstehen, als irgendein anderer Mensch es je könnte. Ich sagte dir ja, sie ist noch immer eine von uns. Unsere Lehren und unser Glauben sind nach all den Jahren in Valloncour tief in ihr verwurzelt, auch wenn sie es selbst gewiss nicht wahrhaben will. Und wichtiger noch ist ihre Liebe zu dir. Sie wird dich mit offenem Herzen empfangen. Nur so kann ein wirklicher Friede geschlossen werden.«
»Aber wie sollte ein Brief zu Gishild gelangen können? Willst du eine Gesandtschaft schicken?«
Honoré lachte leise. »Nein, das ist nicht die Art, wie Liebesbriefe überbracht werden. Glaube mir, er wird sie erreichen. Binnen eines Mondes. Eines Abends wird sie ihn auf ihrem Bett liegend finden. Oder auf dem Tisch, an dem sie all den Schreibkram erledigt, der zu den täglichen Lasten der Herrschaft gehört. Wie von Zauberhand wird er plötzlich da sein.«
»Aber …«
Honoré stemmte sich auf seinem Gehstock hoch. »Frage nicht, Luc. Ich werde es dir nicht verraten. Du weißt, ich war für viele Jahre der stellvertretende Leiter des Handelskontors. Ich habe die Spitzel unseres Ordens geführt. Unsere Netze sind weit gespannt, Luc. Dein Brief wird Gishild erreichen!«
Der Junge hatte ein ungutes Gefühl dabei. Die Vorstellung, dass irgendwelche Männer oder Frauen, die Honorés Befehlen
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