Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
so viele Fuhrwerke verkehrten.
Sie folgten dem Weg, bis sie einen Bergwerksschacht erreichten, der in einem engen Tal verborgen lag. Deutlich konnte man hier das Rauschen der Meeresbrandung hören. Das lange Haus, das wohl das Quartier der Grubenarbeiter war, wirkte heruntergekommen. Moos wucherte auf den grauen Steinen. Eine kleine Quelle sickerte seitlich des Hauses aus dem Fels. Rings um die Grube waren Halden mit taubem Gestein angeschüttet. Luc bemerkte, dass auf dem Geröll Grasbüschel wuchsen.
In einem Stall standen drei Pferde. Ein junger Mann, der zwar wie ein Pferdeknecht gekleidet war, sich aber mit dem Selbstbewusstsein eines Kriegers bewegte, kam ihnen entgegen.
Honoré saß ab und reichte dem vermeintlichen Knecht die Zügel. »Komm mit, Luc. Wir müssen in das Bergwerk. Dort erwartet dich mein erstes Geschenk.«
Beklommen folgte ihm der junge Ritter. Die Enge des Stollens machte ihm zu schaffen. Es stank nach Rauch und heißem Pech. In der Ferne war dumpfes Hämmern zu hören. Es klang nicht wie Stahl, der auf Stein schlug. Der Laut war dumpfer. Es roch auch nach frisch geschnittenem Holz. Aber die Stützstreben des Stollens waren aus dunklen Eichenbalken, die augenscheinlich schon viele Jahre die Last der Wände und der Decke trugen.
Der Lärm wurde stärker. Wie eine Schlange wand sich der
Stollen in den Fels. Dann machte er plötzlich einen Knick und weitete sich zu einer riesigen Höhle.
Honoré führte Luc auf eine hölzerne Plattform, die über den Abgrund führte. Staunend sah der Junge sich um. Die Höhle war fast so groß wie der Hafen von Valloncour. Vielleicht siebzig Schritt unter ihnen lag Wasser. Es gab einen Ausgang zum Meer, so groß wie die ganze Ordensburg. Eine vorgelagerte Klippe verbarg ihn vor Blicken von der See aus. In Trockendocks, die aus dem Felsen geschlagen waren, ruhten die Rümpfe von mehr als einem halben Dutzend Galeassen, an denen Hunderte von Arbeitern schufteten. Luc konnte gleich zwei Sägewerke entdecken. An einem Kai etwas abseits lag eine ganze Flotte von Lastenseglern. Doch nicht sie hielten seinen Blick gefangen. Es waren die beiden Schiffe, die inmitten der Hafenanlage vertäut waren. Nie zuvor hatte er etwas Vergleichbares gesehen.
»Das sind die Stolz und die Gotteszorn«, erklärte Honoré. »Alle Arbeiter hier kommen von auswärts. Wir halten sie zwei Tage unter Deck ihrer Schiffe, bevor sie hier ankommen. Sie sollen nicht einmal ahnen, wo sie sind! Nur sehr wenige Ordensbrüder wissen um diesen Hafen. Durch den Stollen werden nichts als Kanonenrohre zum Hafen gebracht. Alles Weitere kommt über See.«
Luc betrachtete noch immer die beiden Schiffe. Sie waren beängstigend fremd.
»Ich sagte dir ja, dass ich nicht über Zauberschwerter oder magische Umhänge gebiete. Aber ich bin nicht machtlos. Hier entsteht die Flotte, die Emerelle den Tod bringen wird. Von hier aus werden wir den Schritt nach Albenmark wagen. Ich zeige dir das alles, damit du neuen Mut schöpfen kannst. Glaube mir, Albenmark ist nicht unerreichbar für uns. Dein zweites Geschenk erhältst du heute Nacht. Dann
wird die Bruderschaft sich versammeln und dich als Ritter in ihrer Mitte willkommen heißen. Wir werden dir die geheime Macht deiner Gabe offenbaren, denn sie ist nicht nur ein Geschenk, das heilt, sie kann auch als tödliche Waffe gegen die Erzfeinde der Tjuredkirche eingesetzt werden. Eine Waffe, gegen die alle Magier und Waffenmeister der Anderen wehrlos sind.«
Luc war ganz benommen von allen Eindrücken. Er sah das Feuer in den Augen des Primarchen. Honoré hoffte nicht nur auf einen Sieg, er war davon überzeugt, dass die Neue Ritterschaft Albenmark bezwingen konnte.
»Es ist nun wichtig, dass du dir einen Namen machst, Luc. Morgen Abend schon wirst du Valloncour verlassen. Suche dir ein Ziel! Eine Aufgabe zum Ruhme der Kirche, die du binnen Jahresfrist bewältigen kannst. Ich habe Großes mit dir vor. Es ist wichtig, dass die Heptarchen in Aniscans auf dich aufmerksam werden. In dreizehn Monden aber musst du am Rabenturm in Drusna sein. Und wenn ich mit deinen Taten zufrieden bin, dann erwartet dich dort ein drittes Geschenk.« Der Primarch stutzte, da Luc keine Frage stellte. »Du kennst den Rabenturm?«
»Gishild hat dort mit Drustan und Juztina einen Winter verbracht«, entgegnete der Junge. »Es ist ein einsamer Wachturm auf einer kleinen Insel. Drustan war dorthin verbannt …«
»Nein, das war er nicht. Du weißt, auch Drustan war von Tjured mit der Gabe
Weitere Kostenlose Bücher