Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Titel: Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
erinnern müssen! Angst schnürte ihm die Kehle
zu. Sein Atem ging schwer, so als liege eine ganze Wagenladung Steine auf seiner Brust.
    Er tastete über seinen Leib. Er trug nur ein dünnes Hemd. Entschlossen versuchte er sich aufzurichten. Sein Kopf stieß gegen das Holzbrett. Er wollte die Arme ausstrecken und stieß seitlich an Bretter. Er stemmte sich dagegen, mit aller Kraft. Und jenes schreckliche Bild, das er seine ganze Kindheit lang gefürchtet hatte, stieg wieder in seinen Erinnerungen auf.
    Es war ein kalter Wintertag gewesen, als sie die Familiengruft öffneten, um das Jahresfest zu feiern. Sein Vater war im Winter zuvor verstorben, ein Fieber hatte ihn dahingerafft. Drei Tage lang hatte man ihn aufgebahrt, bevor er zu Grabe getragen worden war. So gut erinnerte er sich an diese Gruft. An den Geruch von Fäulnis und vertrockneten Blumen. Seine Onkel und älteren Brüder hatten die Steinplatte vom Grab gehoben. Direkt neben ihnen hatte er gestanden. Wäre er doch nie dort gewesen! Die Finger seines Vaters hatten wie verkrümmte Krallen ausgesehen. Seine Nägel waren zersplittert, das Fleisch bis auf die Knochen abgeschürft.
    Die Leichen in den Steinsärgen ihrer Familiengruft verfaulten nicht. Sie trockneten langsam aus. Wenn man die Särge öffnete, sah man in hagere Gesichter.
    Im Gesicht seines Vaters hatte sich all der Schrecken erhalten, der sein Herz im Augenblick des Todes ausgefüllt hatte. Bis zuletzt hatte er versucht, die schwere Steinplatte zur Seite zu schieben. Und niemand hatte ihn in der abgelegenen Gruft schreien hören.
    Seitdem hatte Louis panische Angst davor, lebendig begraben zu werden. Er war ein guter Ritter. Ein tapferer Kämpfer. Er fürchtete nicht den Tod … Wieder drückte er gegen
die Holzwände der engen Kiste. Warum erinnerte er sich an nichts mehr? Wie war er hierher gelangt?
    »Bruder Louis!«
    Sein Herz machte einen Satz. Sie hatten es bemerkt. Er war gefunden worden. »Hier«, rief er. »Hier!«
    »Bruder Louis, schnell!« Jemand packte seinen Arm und schüttelte ihn. Der Ritter schlug die Augen auf. Ein schattenhaftes Gesicht beugte sich über ihn. »Schnell, Bruder. Sie wollen uns die Ruderer rauben!«
    Louis brauchte einige gehetzte Atemzüge lang, um zu sich zu finden. Das dunkle Zimmer … die vertraute Stimme der Schattengestalt. Er war im Arsenal der Ordensflotte. Alles war nur ein Traum gewesen! Nur ein Traum …
    »Was ist los?«
    »Die Wachen des Erzverwesers haben unser Quartier umstellt. «
    »Was?« Das ergab keinen Sinn. Er hatte damit gerechnet, dass Lilianne irgendeine Verzweiflungstat wagen würde. Deshalb waren die Geschütztürme an den Hafenausfahrten bemannt. Aber der Erzverweser … Das ergab keinen Sinn!
    Hastig schlüpfte Louis in seine Hose und griff nach dem Rapier. Der steinerne Boden war eiskalt. Für die Stiefel war keine Zeit. Die Kälte würde die letzten Erinnerungen an seinen Traum vertreiben.
    Er folgte seinem Ordensbruder die enge Treppe hinab. Der schwefelige Gestank schwelender Arkebusenlunten hing in der Luft. Der Geruch von nahem Unheil.
    Louis war mit seinen Männern in einem alten Turm einquartiert. Es gab nur eine enge Tür und keinen weiteren Eingang. Die Schießscharten waren zu schmal, um einen Mann hindurchzulassen.
    Seine Soldaten und Ordensbrüder hatten sich im Erdgeschoss
versammelt. Viele waren augenscheinlich gerade erst aus dem Bett gekommen. Er entdeckte die fünf Wachen, die bei dem Quartier der Ruderer hätten sein sollen.
    Louis drängte an den Männern vorbei zur Tür des Turms. Keine zwanzig Schritt entfernt stand eine Reihe von Arkebusenschützen. Sie hatten die Läufe ihrer schweren Waffen auf Gabelstöcken aufgestützt und zielten auf den Eingang. Am äußersten Rand der Schützenreihe stand Lionel le Beuf, der Hauptmann der Leibwache des Erzverwesers. Ein Kerl mit vernarbtem, hartem Gesicht, ein ehemaliger Söldnerführer. Louis hatte nie begriffen, warum sich der Erzverweser mit solchem Abschaum umgab. Er hätte auch Truppen des Ordens haben können, gut ausgebildete und gottesfürchtige Krieger.
    »Bleibt im Turm!«, rief le Beuf herüber.
    Die Ruderer marschierten in langer Kolonne aus dem Arsenal. Neben der Schützenlinie waren Männer in Lederschürzen damit beschäftigt, Steine heranzukarren. Überall auf dem weiten Platz des Arsenals waren Fackeln aufgestellt worden. Die Söldner hatten gute Sicht.
    Etwas abseits entdeckte Louis die verdammte Komturin. Keiner der Söldner war in ihrer Nähe. Sie

Weitere Kostenlose Bücher