Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
besser wusste. Auch sie lächelte. Hundert Mal hatte sie sich gewünscht, dass sie ihn nicht dazu aufgestachelt hätte, mit ihr zu gehen. Was hatte er schon mit dem Adlerbussard zu schaffen! Sie hatte Luc nichts von Silwyna erzählt. Davon, wie die Elfe heimlich nach Valloncour gekommen war. Und Gishild hatte auch nicht davon gesprochen, wie verzweifelt sie sich herbeisehnte, endlich gerettet zu werden. Er hätte das nicht verstanden. Er ging darin auf, ein Novize zu sein. Eines Tages zum Ritter des Ordens zu werden, war alles Glück, das er sich wünschte. Er würde sie niemals verstehen können.
Es war nicht gut, dass sie ihr Herz an Luc gehängt hatte. Es war dumm! Sie passten nicht zueinander. Und doch mochte sie es, wenn er sich umdrehte und sie anlächelte. Sie
mochte es, wenn er sie verstohlen berührte. Und sie mochte die Vorstellung, dass er ihr Ritter war. Ein Ritter, wie sie nur noch in den alten Heldenliedern der Skalden vorkamen. Ihn zu lieben, war wunderbar romantisch, aber durch und durch unvernünftig.
Als Lilianne zu ihnen in die Bilge gestiegen war, hatten sie eine strenge Strafe erwartet. Doch die Ritterin hatte nur geredet. Sie hatte vor allem mit Luc gesprochen und gesagt, wie unendlich enttäuscht sie von seinem Verhalten sei. Ihre Worte waren schlimmer als Schläge gewesen.
Davon hatte Luc sich nicht mehr erholt. Eine Zeit lang hatte Gishild sogar den Eindruck gehabt, er würde es begrüßen, wenn die Windfänger mit Mann und Maus in den Fluten versänke. Wieder spähte er besorgt zum Ufer. Dann drehte er den Kopf und blickte plötzlich wie versteinert.
Gishild folgte seinem Blick. Unter einem Torbogen, etwas abseits des Gedränges der Schaulustigen, die sie willkommen heißen wollten, wartete ein Trupp Reiter. Es waren Pistoliere in schwarzen Rüstungen. Nicht die glänzenden Ritter, die hierher kamen, um die neuen Anwärter auf die Novizenschaft hinauf zur Ordensburg zu geleiten. Sie waren Gefangenenwärter.
Die Galeasse schwang herum. Nun mischten sich auch Fanfarenklänge unter das Glockengeläut. Sie hatten einen ganzen Jahrgang Novizen gerettet. Wären sie nicht nach Marcilla gesegelt, wäre dort nur wenige Tage später die Flottille mit den Anwärtern auf die Novizenschaft eingelaufen. Und niemand zweifelte daran, dass sie dasselbe Schicksal erwartet hätte wie die Windfänger. Sie waren Helden. Doch das würde Luc nicht helfen.
So erschöpft die Ruderer und Seeleute waren, schlich sich doch ein Lächeln auf ihre Lippen.
»Ich werde zwei Tage lang nur schlafen«, sagte der stämmige Ramon, der neben Gishild saß. »Und endlich wieder etwas Warmes essen …«
»Ich werde nie wieder einen Fuß auf ein Schiff setzen!«, murrte Giacomo hinter ihr. »Diese Reise war genug für ein ganzes Leben. Und von Kanonen habe ich auch die Nase voll!« Er blickte hinauf zu Anne-Marie. Verstümmelt wie sie war, konnte sie nicht mehr rudern. Den Arm in der Schlinge, stand sie auf dem Laufgang über den Ruderbänken.
Die langen Wochen auf dem Schiff hatten die Blässe aus dem Gesicht des zierlichen Mädchens verbannt. Ihre Miene war verkniffen, die Lippen schmal. Sie bedachte Giacomo mit einem abfälligen Blick. »Ich mag Kanonen.« Sie hob den Armstumpf. »Das hier hat nur mit einem unfähigen Gießer zu tun. Ich werde die verdammt beste Richtschützin unseres ganzen Jahrgangs werden, das schwöre ich dir. Und ich werde dabei sein, wenn Kapitän Alvarez zum Schlangennest reitet, um sich den Gießer zur Brust zu nehmen, der hierfür verantwortlich ist.«
»Und dann?«, mischte sich Joaquino ein. »Wird es deiner Hand besser gehen, wenn man den Gießer bestraft? Rachsucht ist ein niederer Gedanke. Wahre Ritter sollten darüber erhaben sein.«
Anne-Marie verzog die Lippen zu einem abfälligen Lächeln. »Wenn ich mir nur ein wenig die Brust verbrannt hätte, würde ich vielleicht auch so hochtrabend daherreden. Aber ich werde nie mehr ein Rapier halten können. Meine Hand wird es mir nicht zurückbringen, wenn ich zusehe, wie der Gießer seine gerechte Strafe erhält. Aber mein Herz wird sich danach besser fühlen. Das weiß ich!«
»Ich finde, gegen Rache ist nichts einzuwenden«, bemerkte Raffael.
»Ja, ja. Pferde, Blutfehden und zwielichtige Wetten, das ist alles, was euch in Equitania interessiert«, sagte Joaquino.
»Genau!«, entgegnete Raffael ernsthaft. »Da Männer von Stand keiner Arbeit nachgehen, sind unsere Betätigungsfelder eingeschränkt. So war das schon immer. Und euch hat
Weitere Kostenlose Bücher