Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
allein würde er sich doch nicht einschüchtern lassen. Worte waren billig!
Der Käfigwagen wurde geöffnet. Zwei grobschlächtige Kutschknechte zerrten ihn heraus und führten ihn über einen von Fackeln erleuchteten Hof. Es regnete so stark, dass der Lutin völlig durchnässt war, als sie ihn eine Kellertreppe hinabzerrten.
Sie brachten ihn in einen Gang, der nach feuchtem Stein roch. Und nach Pisse. Schwere Holztüren mit rostzerfressenen Eisenbeschlägen säumten ihren Weg. Doch da war ein Geruch, den er nicht in einer Burg der Menschen erwartet hätte. Er wurde stärker …
Sie hielten vor einer ungewöhnlich großen Tür. Valerian öffnete das schwere Schloss. »Willst du mir nicht doch mein wahres Gesicht zurückgeben?«, fragte der Ritter plötzlich. »Du musst dann nicht dort hinein.«
Ahtap hatte den Verdacht, dass der Kerl ihn schon allein aus Rache in dieses Verlies stecken würde. Ganz gleich, ob er den Zauber rückgängig machte oder nicht. Nur solange er etwas von ihm wollte, würde der Ritter freundlich bleiben. Vielleicht konnte man ihn ja hereinlegen. »Ich fürchte, ich bin zu sehr von der Reise geschwächt, um jetzt einen Zauber wirken zu können. Vielleicht wenn ich ein warmes Bad genießen könnte … Und ein paar Tage in einem sauberen Bett. Vernünftiges Essen wäre auch eine Hilfe. Versteh mich nicht falsch … Ich würde dir ja helfen, aber im Augenblick kann ich nicht.«
Der Ritter schnitt eine Grimasse. »Natürlich.« Dann öffnete er die Tür. Atemberaubender Gestank quoll aus der Finsternis des Kerkers.
Ahtap wich einen Schritt zurück und stieß gegen einen der Fuhrknechte.
Valerian kniete vor dem Kobold nieder. Dem Krieger standen Tränen in seinen schleimbedeckten Augen. »Bitte, erlöse
mich. Du musst dort nicht hinein. Mein Wort als Ritter Gottes.«
Ahtap hob die mit Bleibändern gefesselten Arme. »So kann ich nicht zaubern. Du musst sie mir abnehmen.«
»Tu das nicht, Herr!«, mahnte einer der Fuhrknechte. »Der lügt doch, wenn er nur seine Schnauze aufmacht. Am Ende wird er auch uns verzaubern oder noch schlimmeres Unheil anrichten. Du darfst ihm das Blei nicht abnehmen!«
Valerian sah ihn durchdringend an. War es, weil er ihn kaum noch erkennen konnte? Oder hoffte der Mensch, etwas in seinen Zügen zu entdecken, das ihm erlaubte, ihm zu vertrauen? Ahtap dachte daran, wie der Kerl seinen Glücksbringer zerstört hatte. Eigentlich passte das neue Gesicht gut zu ihm!
Valerian stieß ihn in den Kerker. Hatte der Kerl bemerkt, was er dachte? Die schwere Tür schloss sich. Ahtap war gefangen in Finsternis und Gestank. Weit entfernt, so kam es ihm vor, glomm ein winziges Licht. Ein lang gezogener, röchelnder Laut erklang. Dann herrschte wieder Stille.
»Wer da?«
Er bekam keine Antwort. Langsam ging er dem Licht entgegen. Noch zwei Mal rief er vergebens. Er war sich darüber klar, was hier eingesperrt war. Der Gestank war ihm vertraut. Ahtap hatte keine Angst vor Trollen. Seit der Eroberung von Burg Elfenlicht verband Trolle und Lutin eine tiefe Freundschaft. Gut, es war schwer, ihren Gestank auszuhalten, und sie hatten auch sonst ein paar unangenehme Eigenarten, aber fürchten musste man sie nicht. Was immer sich die Menschen gedacht hatten, als sie ihn hier hinein gesperrt hatten, Angst machte ihm der schnarchende Troll nicht. Ganz im Gegenteil! Es war gut, nicht mehr allein zu sein.
»Heh! Aufwachen!«
Der Kerker war nicht ganz so groß, wie er erwartet hatte. Er hatte sich verschätzt. Das Licht war kaum mehr als ein Glutfunken auf einem Docht. Die massige Gestalt, die neben der Öllampe hingestreckt lag, rührte sich endlich.
Ahtaps Augen hatten sich ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt. Seinen Zellengenossen konnte er nun deutlicher erkennen. Der Troll sah erbärmlich aus. Sein Leib war bedeckt mit schwärenden Wunden. Arme und Beine waren wenig mehr als Haut und Knochen. Um den Hals trug er ein breites Band, offenbar aus Blei. Warum hatte er es nicht abgerissen? Seine Kräfte mussten dazu doch leicht ausreichen.
Das Schnarchen war verstummt. Jetzt war da ein anderes, gurgelndes Geräusch. Es hatte etwas Beunruhigendes an sich.
»He, Kamerad«, sagte Ahtap. »Gut, mal wieder ein ehrliches Gesicht zu sehen.« Ein ziemlich dämlicher Spruch, dachte er, wenn man einen geschundenen Rücken ansah und sonst nichts.
In den Fleischberg kam Bewegung. Der Troll richtete sich mit einem Seufzer auf und drehte sich zu ihm um. Kleine schwarze, mitleidlose Augen
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