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Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Titel: Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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das Bild eines explodierenden Kanonenrohrs gemalt.
    »Du wirst nicht ohne Wappenschild in die Dunkelheit gehen«, sagte die Prinzessin leise. »Zumindest für mich nicht. Lebe wohl, Daniel, mein Löwenbruder.«

    Sie trat zur Seite und fühlte sich erleichtert. Der Wappenschild auf dem Sarg würde leer bleiben, wie es die ehernen Gesetze des Ordens verlangten, aber sie hatte sich dieser Ungerechtigkeit nicht unterworfen. Vielleicht würde sie Daniels Gesicht mit den Jahren vergessen – auch das Bild ihres toten Bruders Snorri vermochte sie sich nicht mehr in allen Einzelheiten vorzustellen –, aber an das Wappen, das sie für Daniel entworfen hatte, würde sie sich immer erinnern!
    Gishild trat zur Seite. Hinter ihr kam Raffael. Sie sah aus den Augenwinkeln, wie er ein schwarzes Holzpferd in den Sarg legte, und war erschüttert, wie kindlich ihr Kamerad sich aufführte. Ein Spielzeug als letztes Geschenk!
    Raffael musste ihren Blick bemerkt haben. »Es ist nicht, wie du denkst«, raunte er ihr zu, als er an ihr vorüberging.
    Sie hob fragend die Brauen, doch Raffael schüttelte den Kopf. »Nicht hier. Nicht in dieser Stunde.«
    René war der letzte von ihnen, der von Daniel Abschied nahm. Gishild hätte jeden Eid geschworen, dass Drustan es so beabsichtigt hatte. Wenn er nicht gerade betrunken auf Stühle schoss, war ihr Magister ein Mann, der stets auf die Form bedacht war. Renés herausragende Eigenschaft war, dass jeder Schmutz vor ihm zu weichen schien. Selbst wenn sie am Turm arbeiteten, blieb seine Kleidung stets makellos sauber. Er schwitzte nie. Weder Pickel noch ein erster Flaum verunstalteten sein Gesicht. Weißblondes Haar umfloss sein Haupt wie eine Aureole aus Licht. Wie sie alle trug auch René ein kurzes Kettenhemd, einen weißen Waffenrock und einen weißen Umhang. Bei ihm jedoch glänzte jeder Kettenring wie frisch poliertes Silber. Nicht der kleinste Hauch von Flugrost war zu sehen. Und sein Leinen war weiß wie frisch gefallener Schnee.
    Gishild konnte nicht sehen, was René in den Sarg legte.
Als der Novize zurücktrat, legte er eine Hand auf sein Herz. Und dann begann er zu singen. Mit einer hohen, hellen Knabenstimme, die in ihrer Vollkommenheit wohl selbst einen Troll zu Tränen gerührt hätte. Er sang den Choral Mein Weg zu Gott. Und als er die erste Strophe vollendet hatte, stimmte auch ihr Magister Drustan in das Lied mit ein.
    Nach und nach schlossen sich die Novizen dem Gesang an. Der große, gut aussehende Joaquino, der bis zum letzten Spiel im Buhurt der Kapitän ihrer Lanze gewesen war. Bernadette mit ihrem zerzausten roten Haar, die eine Hand Joaquinos hielt, um selbst in diesem Augenblick zu zeigen, dass er ihr gehörte. Der schmale Giacomo, der kleinste von ihnen. Mit seinem schlimm vernarbten Gesicht und der krumm geschlagenen Nase sah er zum Fürchten aus. Er hatte sie alle überrascht, als er trotz der schlimmen Prügel, die er dabei bezog, Mascha, die Kapitänin der Drachen, in den Schlamm gezogen hatte.
    Raffael mit seinen schönen schwarzen Locken blickte grinsend zu Bernadette, deren Wangen darauf rot wurden. Gishild wusste, dass sie manchmal Raffael küsste. Raffael war ein Rätsel. Angeblich hatte er auch schon Mädchen aus anderen Lanzen geküsst. Ob er auch Anne-Marie … ? Das Mädchen hatte sich von ihrer Verwundung erholt, soweit man sich davon erholen konnte, künftig nur noch mit einer Hand durchs Leben zu gehen.
    Sie sang inbrünstig und mit geschlossenen Augen. Den Arm mit dem Stumpf hatte sie auf ihre Brüste gelegt. Ihr Gesicht war härter geworden. Sie betete sehr oft. Einmal hatte sie Gishild anvertraut, dass Tjured ihr nun näher stünde als vor dem Unfall. Sie war seltsam. Auch dass sie unbedingt wieder in die Kanonenkammer wollte, hatte Gishild nicht begreifen können. Für die Prinzessin war die enge, stets
nach Pulverdampf riechende Kammer ein Ort des Schreckens geblieben.
    Wieder sah sie zu Raffael. Der Lump machte nun Esmeralda schöne Augen! Luc, Joaquino und auch René sahen in Gishilds Augen besser aus, aber Raffael hatte etwas an sich, dem man nur schwer widerstehen konnte. Er hatte es auch bei ihr schon versucht … Dass sie mit Luc zusammen war, hatte ihn nicht davon abgehalten. Wenn er einen anlächelte, einem tief in die Augen sah, dann glaubte man, es gäbe für ihn niemand anderen auf der Welt. Und das, obwohl sie es besser wusste!
    Gishild sah, wie Esmeralda unter seinem Blick und seinem Lächeln erschauderte, als habe er sie sanft berührt.

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