Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
abstoßendes
Gesicht gehabt hätte. Es war beruhigend, dass auch Novizen ihre Makel hatten.
Der junge Krieger blieb vor Arturo stehen und verneigte sich. »Capitano Arturo Duarte, Befehlshaber der Dritten Andalanen. Siebenmal im Kampf verwundet. Teilnehmer an fünfzehn größeren Gefechten zu Lande und zur See. Dreimal wegen besonderer Tapferkeit ausgezeichnet. Es ist mir eine Ehre, an deiner Seite mit deinen Veteranen in die Schlacht zu ziehen.«
Der Offizier versteifte sich. Es musste eine Akte über ihn geben. Irgendein Tintenkleckser hatte über sein Leben Buch geführt! Er schluckte den Kloß in seinem Hals herunter. Der Junge hatte das alles nur auswendig gelernt! Und trotzdem tat es unendlich gut, all das vor seinen Männern stehend zu hören.
»Mein Name ist Luc. Ich freue mich, von dir lernen zu dürfen.« Er deutete auf den Hügelkamm hinter den angetretenen Pikenieren. »Wollen wir uns gemeinsam den Feind ansehen?«
Der Capitano räusperte sich. Dieser Lümmel hatte eine Art, ihn zu behandeln, die ihn aus der Fassung brachte. Einen arroganten Schnösel hatte er erwartet. Einen Besserwisser, der Dutzende Bücher verschlungen und dabei den Blick für die Wirklichkeit verloren hatte. Aber das hier … Er winkte dem Mädchen, das neben ihm geritten war. »Komm, Gishild. Ich will auch deine Meinung hören. Löwen! Absitzen ! Macht euch mit den Veteranen aus Drusna bekannt. Hört von ihren Heldentaten und lernt, wie man Schlachten überlebt.«
Arturo räusperte sich erneut. »Andalaner! Rührt euch!« Er sah seinen Soldaten an, dass sie von den Löwen genauso überrascht waren wie er.
Aus den Augenwinkeln erhaschte er einen Blick, den das rotblonde Mädchen Luc zuwarf. Sie müssten ein Liebespaar sein. So sah man nur einen Mann an, dem man sein Herz geschenkt hatte. Anders waren sie, die Novizen. Fremd. In den Regimentern der Kirche dienten ausschließlich Männer. Nur der Orden vom Blutbaum duldete Frauen in seinen Reihen. Arturo hatte oft darüber gespottet, mit Weibern ins Feld zu ziehen. Doch der eine Blick, den er nun erhascht hatte, erschütterte seine Meinung. Vielleicht ging der Orden doch den besseren Weg.
Hinkend folgte er den beiden. Sie kauerten sich nicht dicht hinter dem Hügelkamm ins Gras; vielmehr standen sie hoch erhobenen Hauptes über dem Fluss und blickten auf das feindliche Heerlager hinab.
Die bronzenen Kanonenrohre funkelten im Herbstlicht. Es wimmelte nur so von Soldaten hinter den Schanzen. Dazwischen sah man vereinzelt Novizen in Kettenhemden und weißen Umhängen.
Die feindliche Stellung lag auf einer lang gezogenen, licht bewaldeten Flussinsel. Sie teilte den Strom. Das Wasser zwischen ihnen und ihren Feinden war seicht und klar. Arturo konnte die Schatten von Fischen über das Kiesbett gleiten sehen. Zwanzig Schritt waren es bis zum anderen Ufer.
Auf der Rückseite der Insel war der Fluss dunkler, tiefer. Sein Wasser floss träge.
In die Soldaten am anderen Ufer kam Bewegung. Eine Linie von Arkebusieren formierte sich hinter den Schanzkörben. Arturo entdeckte jetzt auch zwei Ritter mit auffallenden roten Umhängen unter ihren Feinden. »Wir sollten zurück hinter den Kamm, bevor sie beginnen zu schießen.«
Wie um seine Worte zu unterstreichen, knallte es am anderen Ufer. Aus einer Arkebuse wallte Rauch. Ein Novize erschien
neben dem Schützen. Bis auf den Hügel hinauf konnte man seine Flüche hören.
»Komm, lasst uns kein leichtes Drachenfutter werden«, sagte Lucs junge Gefährtin. Gemeinsam stiegen sie zu den wartenden Truppen hinab. Das verletzte Knie peinigte Arturo. Bei jedem Schritt pochte der Schmerz. Obwohl die Novizen keineswegs schnell gingen, konnte er nicht mit ihnen Schritt halten. Ihm wurde bewusst, dass er sein ganzes Regiment dem feindlichen Feuer nur noch länger aussetzen würde, wenn er es in die Schlacht führte. Er war zu langsam. Ein Krüppel!
»Nun, Capitano, wie würdest du angreifen?«, fragte Luc höflich.
Arturo blieb stehen und massierte mit der Rechten sein schmerzendes Knie. »Gar nicht würde ich angreifen! Wer eine befestigte Stellung attackiert, sollte mindestens eine doppelte Übermacht haben. Hast du gesehen, wie viele Zelte unter den Bäumen stehen, junger Ritter?«
»Ich bin kein Ritter.« Der Junge lächelte bescheiden. »Nur ein Schüler. Und ja, du hast recht. Es ist aussichtslos, die Kanonen frontal anzugreifen. Aber lass dich von den Drachen nicht täuschen. Ich würde wetten, die Hälfte der Zelte unter den Bäumen ist
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