Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
gar nicht belegt. Sie stehen nur dort, um uns vorzumachen, ihre Streitmacht sei weit größer als unsere.«
Arturo lachte leise. »Ich bin noch nicht lange hier, aber dass man mit einem Silberlöwen nicht wetten sollte, habe ich schon gelernt.«
Luc lächelte. »Alte Geschichten, Capitano.«
Er mochte den Jungen, dachte Arturo. Luc hatte so etwas Unbeschwertes an sich. Wenn er sprach, schien die Welt heller zu werden, das Unmögliche schien plötzlich denkbar. Er
würde einmal einen guten Offizier abgeben. Einen, dem seine Männer ohne zu zögern in eine Trollhöhle folgten. »Von welchen Drachen hast du gesprochen, Luc?«
»Das sind die Novizen auf der anderen Seite. Wir waren immer Rivalen. Sie heißen Drachen wegen des Wappenbilds, das sie neben der Bluteiche führen. Aber lassen wir das. Dir ist klar, dass wir angreifen müssen?«
»Weil es eine Frage der Ehre ist?«
»Nein. Weil wir den Befehl bekommen haben.«
Arturo maß den Jungen skeptisch mit Blicken. Nein, er scherzte nicht. »Wenn es aber nicht zu schaffen ist …«
»Meine Ordensbrüder müssen es für möglich halten, sonst hätten sie uns nicht den Befehl gegeben. Die meisten Männer dort drüben sind junge Rekruten. Sie sind noch keine drei Monde im Waffendienst. Und du hast dreihundertsiebenundzwanzig Veteranen. Sie werden die Grünschnäbel einfach hinwegfegen!«
Arturo massierte sich nachdenklich das Kinn. »Aber die Kanonen. Die werden uns in Stücke reißen.«
»Dann versuchen wir es mit Booten von der Rückseite der Insel.«
»Sie werden das Knarren der Ruder hören«, warf Arturo ein. »So werden wir sie nicht überraschen. Wenn wir sie überrumpeln können, dann spielen Zahlen keine Rolle mehr.« Er dachte an die verfluchte Schlacht an der Bresna. Sie waren den verdammten Schnittern um ein Vielfaches überlegen gewesen, und dennoch hatten die Elfen sie einfach niedergemacht.
»Wie viel ist dir ein Sieg wert, Luc?«, fragte die junge Frau plötzlich.
»Viel. Wir müssen gegen die Schande unseres Wappens ankämpfen. Jeden Tag aufs Neue.«
»Wenn du dich auf meinen Vorschlag einlässt, dann werden wir einen glorreichen Sieg oder eine vernichtende Niederlage erleben. Dazwischen gibt es nichts. Können wir uns eine vernichtende Niederlage und das Gespött leisten, das damit einhergeht?«
Luc sagte eine Weile nichts, und als er endlich sprach, tat er es so leise, dass Arturo die Worte kaum verstehen konnte. »Was wir uns nicht leisten können, ist, auch nur eine einzige Gelegenheit für einen glorreichen Sieg auszulassen. Jetzt sag, was du willst!«
Arturo hörte mit Entsetzen ihren Plan. Und stumm verfluchte er sich. Warum hatte Tjured ihn hierher verschlagen ? War die Schlacht an der Bresna nicht schlimm genug gewesen?
KEIN FRIEDEN!
Die großen Büffel scharrten mit ihren Hufen im Schnee. Es mussten Hunderte sein, die sich in das weite Tal zurückgezogen hatten. Eiszapfen hingen in ihrem zotteligen Fell.
Ein eisiger Wind schnitt Tiranu ins Gesicht. Er war am Ende seiner Kräfte. Zu lange hatte er seine Beute mit einem schützenden Zauber umgeben, aus Angst zu verlieren, was er wissen musste. Jetzt reichte seine Kraft nicht einmal mehr, um sich gegen die Kälte zu wappnen.
Er blickte zum dunklen Höhleneingang. Er hatte niemandem verraten, wohin ihn seine Reise führen würde. Vielleicht
war es ein Fehler gewesen. Er wog den Lederbeutel in der Hand, den er so weit getragen hatte. Nein, umkehren würde er nicht mehr. Bisher hatte ihn auch niemand aufzuhalten versucht.
Der Elfenfürst schlug den Schnee von seinem Umhang und stieg zum Höhleneingang hinauf. Eine Fahne aus schwarzem Rauch kroch die Höhlendecke entlang und wurde vom eisigen Nordwind zerpflückt, kaum dass sie den Eingang erreichte.
Kein Trollkrieger war zu sehen, aber Tiranu spürte, dass er beobachtet wurde. Er trat ins Dunkel der Höhle. Ein zerschlagenes Relief bedeckte die Felswand zur Linken. Die vagen Umrisse einiger stilisierter Blüten waren alles, was von Jahrhunderten elfischer Herrschaft in der Snaiwamark noch geblieben war. Tiranu hatte es bislang nicht mit eigenen Augen gesehen, aber er kannte die Geschichten über die Verwüstungen. Kunstvoll angelegte Höhlengärten, die von Ziegen kahl gefressen worden waren, zerschlagene Mosaiken und Statuen … Nichts von dem, womit die Elfen den großen unterirdischen Labyrinthen Licht und Schönheit verliehen hatten, war verschont geblieben. Nun waren die Höhlen der Snaiwamark fast wieder so, wie die Natur
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