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Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Titel: Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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zusammen. Skanga befahl dem Menschen zurückzukehren. Ihre Stimme hatte jetzt einen dunklen, widernatürlichen Klang. Eine Windbö verfing sich heulend am Höhleneingang. Die Lippen des Toten zitterten. Plötzlich klappte sein Mund auf. Licht troff in zähen Fäden wie klebriger Honig über seine verwesten Lippen. Hinter den geschlossenen Augenlidern war ein helles Glühen zu sehen. Unter das Heulen des Windes mischte sich ein herzerweichendes Wimmern.
    »Widersetze dich nicht«, flüsterte Skanga. »Gib dich hin. Du kannst meiner Macht nicht widerstehen. Ich habe dein Licht zurückgerufen. Ich kann es halten, so lange ich will. Und so lange du verweilst, wird alle Qual vom Augenblick deines Todes in dir brennen. Gehorche mir, und ich schenke dir Erlösung.«
    Die Lippen zitterten. Doch kein Laut kam über sie. Versagte Skangas Macht?
    »Sage mir, wo du das Wolfsrapier gefunden hast«, forderte Tiranu in der Sprache der Menschen.
    Draußen vor der Höhle war ein Wimmern im Wind zu vernehmen, grässlicher als alles, was der Elf bisher auf den Schlachtfeldern gehört hatte. Ein Laut reiner Verzweiflung und Qual.
    »Verstehst du mich?«
    »Ja«, hauchte es draußen im Wind.
    Skanga blickte auf. Sie wirkte erschrocken. War der Zauber missglückt?
    »Wirst du mir antworten, Mensch?«, drängte Tiranu.
    »Hör auf, Elf! Das ist nicht der Tote. Wir haben eine andere Macht beschworen. Bei den Alben, hör auf, Elf!«
    »Wo finde ich Silwyna?«

    Die Augen der Leiche schlugen auf, und gleißendes Licht erfüllte die kleine Höhle. Gleichzeitig sickerte eine solche Kälte aus den Felsen ringsherum, dass Tiranu der Atem wie grauer Nebel vor dem Mund stand.
    Skanga richtete sich auf. »Ich beschwöre dich, Tiranu, hör auf! Wir haben nicht den Toten gerufen, sondern die Kraft, die ihn schützt. Lass mich den Zauber beenden. Daraus kann nichts Gutes erwachsen.«
    Der Fellvorhang schlug zurück, ohne dass jemand zu sehen gewesen wäre. Die letzten Flammen verloschen. Nur das gleißende Licht des Schädels war geblieben. »Ich werde dir sagen, wo du sie findest.« Der Wind war in die Höhle gedrungen. Tiranu hatte das Gefühl, als liebkosten eisige Hände seine Wangen. »Du musst hoch in die Berge gehen, Tiranu.«
    »Hinfort mit dir!«, kreischte Skanga. Sie hielt den Albenstein hoch. »Ich verbanne dich! Du gehörst nicht in diese Welt!«
    Tiranu blinzelte. Die beengenden Wände der Höhle verschwanden. Er sah ein Tal hoch in den Bergen. Und er sah Silwyna.
    »Sie hat eine Botschaft für dich, Tiranu«, raunte der Wind.
    Skanga schrie ein Wort der Macht. Wie Dolchklingen stach der Laut in seine Ohren. Tiranu riss die Hände hoch. Das Licht verschwand.
    Der Elf sackte nach vorne. Die Höhle drehte sich. Raben stürzten aus dem Bild auf ihn herab, und mit dem Rauschen schwarzer Schwingen schwanden seine Sinne.
    »Geh nicht!«, rief die Schamanin. »Du darfst nicht gehen. Wenn du sie findest, wird das Albenmark, wie wir es kennen, vergehen.«

    Tiranu begriff, dass sie ihn töten würde. Seine Hand tastete nach dem Rapier mit dem Wolfsknauf. »Weiche von mir, Skanga.«
    Taumelnd kam der Elf auf die Beine. Er blinzelte. Die Höhle war verschwunden. Auch Skanga. Der Himmel über ihm erschien ihm seltsam blass und farblos. Es war der Himmel der Anderen Welt. Wie war er hierhergekommen? Welche Macht war mit dem Wind in Skangas Höhle gedrungen? Konnte es Tjured sein? Hatte er die Seele des Söldners vor dem Zauber der Schamanin geschützt?
    Einer der Berggipfel kam Tiranu vertraut vor. Er hatte ihn gesehen. Eben erst … In der Vision von dem Tal, in dem er Silwyna finden würde.

DER SCHMALE GRAT

    Luc hatte sie richtig eingeschätzt. Sie hätten alles getan, um ihre Ehre wiederherzustellen. Dabei vermochte Gishild nicht einzusehen, auf welche Weise sie ihre Ehre besudelt haben sollten. Schließlich waren sie es gewesen, die beim Überfall an der Bresna gekämpft hatten. Auch wenn man sie vor der Zeit zurückgeschickt hatte. Man musste wohl Andalane sein, um das zu begreifen. Ihr Capitano hatte seine hundert Besten ausgewählt. Die übrigen warteten hinter dem Hügelkamm auf ihr Signal.
    Gishild stand das Wasser fast bis zum Hals. Es war eisig. Nebelschwaden trieben über dem Fluss. Sie hielt eine
Radschlosspistole hoch über ihrem Kopf. Vorsichtig tasteten ihre Füße im Schlamm. Der scheinbar so träge Fluss war ein überaus trügerisches Gewässer. Nördlich der Insel, dort, wo das Wasser tief war, gab es eine starke Unterströmung.

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