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Die Albertis: Roman (German Edition)

Die Albertis: Roman (German Edition)

Titel: Die Albertis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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Goldschmuck und eine auffällige Handtasche aus Straußenleder. Offensichtlich war sie beim Friseur gewesen. Sie hatte sich dezent und gut geschminkt, sah aus, als habe sie im Hause Ross einen Geschäftstermin zu absolvieren. Um die Augen herum, konstatierte Anne für sich, wirkte sie müde und abgespannt Kaum hatte sie auf dem Sofa Platz genommen (sie sah sich nicht einmal um), kam sie zur Sache: «Ich weiß nicht, Paul, ob Anne das unbedingt hören muss, aber ...» Sie hielt inne und es schien, als warte sie darauf, dass Anne sich freiwillig zurückziehen würde. Doch Anne dachte gar nicht daran, sondern setzte sich ihr gegenüber und sah sie erwartungsvoll an.
    «Anne bleibt hier», erklärte Paul, der stehen geblieben war, und legte seine Hände auf die Rückenlehne eines der Sessel.
    «Ich habe nicht gesagt, dass sie rausgehen soll.» Sybille war nicht unfreundlich und kalt; sie schien nur, wie man an ihren Händen merken konnte, die sie ununterbrochen knetete, um Fassung zu ringen. «Also kurz und gut: Ich möchte Anuschka zu mir holen. Zu uns. Zu Ruth und mir.»
    Paul nahm auf einem Sessel Platz und zog eine Augenbraue hoch: «Warum das?»
    «Ich möchte einfach nicht, dass sie länger hier bleibt.» Sie ließ ihren Blick schweifen, quer durch den Raum, hinaus in den Garten, der von der Mittagssonne warm übergossen dalag.
    «Das ist hier ein Unglückshaus geworden. Ständig passieren diese schrecklichen Sachen. Ich bin nicht abergläubisch, das weißt du ...» Sie sprach nur zu Paul, ignorierte Anne völlig. «... aber hier liegt ein bad spell auf allem, wenn du verstehst, was ich meine.»
    «Ist das deine Interpretation oder die von Ruth?», wollte ihr Mann wissen.
    «Das tut doch nichts zur Sache. Außerdem sind mir Geschichten zu Ohren gekommen, die mir überhaupt nicht passen.»
    Paul unterbrach sie: «Was für Geschichten?»
    «Nun ...» Sie schlug ein Bein über das andere.
    Sie hat fabelhafte Beine, dachte Anne seltsamerweise in diesem Moment, und sie weiß das.
    «... Frau Merk war das eine und andere Mal bei uns, das kannst du dir ja denken. Was sie uns erzählt hat, gefällt mir ganz und gar nicht. Dass es hier Drogen im Haus gibt, und sei jetzt bitte nicht wieder so punktgenau von wegen, in jedem Arzthaushalt gibt es Drogen, ich rede von anderen Dingen, dass es hier also Drogen gibt, dass die Kinder völlig unbeaufsichtigt tun und lassen können, was sie wollen, dass ihr sie vollkommen sich selber überlasst, das ist unverantwortlich.»
    «Was redest du denn da, Sybille?», hakte Paul nach.
    Anne mischte sich ein: «Das ist doch Unsinn!»
    Sybille würdigte Anne keines Blickes, ging auf ihre Bemerkung nicht ein: «Dieser Stivi, und mir tut das wirklich verdammt Leid, das kannst du mir glauben, stimmt es, dass er hier ständig übernachtet hat? Als ich hier noch wohnte, gab es das nicht. Anuschka ist minderjährig!»
    «Ich glaube es nicht!», rief Paul wütend aus. «Was soll denn diese Moralapostelei? Was hast du denn plötzlich für Maßstäbe und Grundsätze? Wir leben im 21. Jahrhundert. Glaubst du, die hätten weniger miteinander gepennt, wenn wir Stivi hier nicht hätten übernachten lassen?»
    Sybille ließ sich nicht beirren. «Jedenfalls muss man so was ja nicht unterstützen. Die freie Lebensauffassung, wenn ich das mal so formulieren darf, aus dem Hause Alberti hat sich schon immer von unserer unterschieden. Da sage ich ja nichts Neues. Das sieht man ja schon daran, wie sich die ganze Sache hier entwickelt hat.» Sie warf Anne einen Blick zu, senkte dann ihre Augen. «Das ist ja auch nur ein Beispiel. Ich weiß von Frau Merk, was hier abläuft. Ich kann mich nur wiederholen: Ich weiß, dass ihr Kinder ... nun ... in gewisser Weise verwahrlosen lasst, vermutlich aus sehr egoistischen Motiven, ihr kümmert euch anscheinend vor allem um euch, nicht wahr? Und ich will auch überhaupt nichts weiter aufzählen. Mein Entschluss steht fest. Das ist hier ein Chaoshaufen! Anuschka kommt zu uns. Das Mädchen braucht in dieser Situation Halt und Zuwendung. Bei uns kriegt sie die.»
    «Aha. Und Laura?», fragte Paul kühl.
    «Und Laura? Sobald es geht, kommt sie auch zu uns.»
    «Na, das werden wir ja sehen.» Paul erhob sich. Anne merkte, wie die Wut in ihm aufstieg. «Hörst du das Anne?» Er ging auf und ab, während er weiterredete: «Wer wollte die Kinder denn los sein? Wer war denn so verantwortungslos? Und egoistisch, von wegen ich gehe für drei Monate nach Asien, bei uns ist kein Platz für

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