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Die Albertis: Roman (German Edition)

Die Albertis: Roman (German Edition)

Titel: Die Albertis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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«Wir werden sie uns nehmen!»
    Am letzten Tag – die Zeit war gerast, und der Gedanke, schon wieder nach Hause zu müssen, bedrückte Anne – führte Paul sie aus. Mit dem Taxi fuhren sie eine halbe Stunde in Richtung Anacapri, dann bog der Fahrer rechts ab und lenkte seinen Wagen durch ein unwegsames Gelände. Schließlich hielt er, Paul zahlte, sie stiegen aus, doch weit und breit gab es nichts außer Gestrüpp und Steinen und Wegen aus rotem Sand.
    «Ein Stück müssen wir noch laufen!», erklärte Paul und zeigte auf einen Weg, der endlos zu sein schien. Es war erst später Nachmittag, doch Paul hatte darauf bestanden, dass sie früh aufbrechen, damit sie im Restaurant noch den Sonnenuntergang erleben könnten.
    Hand in Hand gingen sie schweigend nebeneinander her. Sie hatten viel gesprochen in den letzten Tagen, und in ihrem Schweigen lag keine Fremdheit, sondern Nähe und Vertrauen. Der Weg war leicht abschüssig. Nach einer Weile und hinter zwei Biegungen entdeckten sie, fast zugewachsen von Gardenien-Hecken, das Lokal. Es war ein flacher, nichts sagender Bau, der von einem wilden Garten umgeben war. Als sie näher kamen, merkten sie, dass der Wind stärker wurde. Er pfiff. Dann hörten sie auch das Rauschen des Meeres. Paul ließ Annes Hand los und öffnete die Gartenpforte. Sie betraten das Grundstück. Ein Kiesweg führte seitlich am Gebäude entlang. Sie folgten ihm. Letzte Rosen blühten wuchernd an der Fassade hoch. Paul brach eine ab gab sie Anne. Als sie um das Haus herumgegangen und an dessen Rückseite angelangt waren, verschlug es ihnen fast den Atem: Vor ihnen lag, tief unten, das Meer. Eine Terrasse zog sich entlang der Rückseite des Lokals. Fenster bis zum Boden ließen es wie ein Glashaus erscheinen. Sie traten ein. Es gab nur wenige Tische. Sie waren mit rot-weiß karierten Tischdecken gedeckt. An einer Bar mit Espressomaschine, getürmtem Geschirr und Gläsern vor verspiegelten Regalen lehnte ein junger Kellner. Er lächelte. Ein schöner Mann, der mehr Augen für Paul als für Anne hatte.
    «Buona sera!», sagte er grinsend, achtundvierzig weiße Zähne oben und achtundvierzig weiße Zähne unten, wie Ebba zu sagen pflegte. Er schüttelte ihnen die Hände und führte sie zu einem Tisch direkt am Fenster. Paolo Conte sang von der Liebe. Sie waren die einzigen Gäste.
    «Wie toll!», sagte Anne und schaute hinaus. Wie eine Apfelsine hing die Sonne im Himmel. «So etwas habe ich noch nie gesehen.»
    «Nicht zu viel versprochen, was?» Paul strahlte. Er war zufrieden mit sich.
    Er ist doch ein eitler Junge, dachte Anne liebevoll.
    Die paar Tage haben ihr gut getan, dachte Paul, wie schön sie aussieht, wie gelassen, wie glücklich!
    Schade!, dachte der Kellner auf Italienisch, als er sah, wie Paul Annes Hand nahm, und er fragte: «Was möchten Sie trinken?»
    Paul bestellte eine große Flasche Mineralwasser und eine Karaffe mit weißem Hauswein. Der Kellner stellte die Rose ins Wasser und brachte die Getränke zusammen mit zwei Speisekarten, einem Korb voller Brot, einen Salzstreuer, einer Pfeffermühle und einem Keramikleuchter mit einer Kerze. Er schenkte ihnen ein und zog sich an die Bar zurück, um von dort aus immer wieder Paul einen Blick zu schenken.
    Anne hob ihr Glas: «Ich möchte mit dir anstoßen, Paul, ich möchte dir danke sagen. Danke für die schönsten Tage meines Lebens.»
    «Hör auf!»
    «Nein, wirklich! Danke für dieses ... dieses Glück. Danke, dass du mich überredet hast mitzukommen. Danke für dein Zuhören, deine Geschichten, deine Klugheit, deinen Humor, danke für deine ... Liebe...»
    Auch er nahm sein Glas. Sie stießen an, tranken. Dann erhob sich Anne ein wenig, beugte sich quer über den Tisch und küsste ihn. Sie setzte sich wieder, guckte hinaus. Die Sonne schien näher zu rücken und größer zu werden. Annes Gedanken wanderten fort, zurück nach Hamburg, zu ihren Kindern, zu Wolf. Eine kleine Angst stieg in ihr auf.
    Paul klappte die Speisekarte auf und sah hinein. Ohne aufzublicken fragte er, so beiläufig wie möglich: «Wie geht es denn nun weiter mit uns?»
    «Du wirst es mir sagen!», antwortete sie und war verlegen. «Wir essen Fisch!», erwiderte er und lachte.
    «Genau. Fisch und Salat!»
    «Und vorher Insalata caprese ... hier passt es ja nun wirklich her!» Er schlug die Karte zu und legte sie weg.
    «Paul, ich habe noch gar keinen Hunger. Lass uns noch etwas warten. Den Sonnenuntergang ansehen. Es ist doch noch so früh!» Sie war wie ein

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