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Die Albertis: Roman (German Edition)

Die Albertis: Roman (German Edition)

Titel: Die Albertis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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Hemd vom Badewannenrand. «Gehöre nämlich selber zu den Leuten.» Er ging auf sie zu zur Tür.
    Sie trat einen Schritt zur Seite. «Na ja, dann sind wir ja einer Meinung!»
    Sie standen dicht voreinander, sahen sich an. Er merkte, wie ihre Nasenflügel bebten, ganz zart. Am liebsten hätte er sie umarmt und geküsst. Aber das blieb natürlich sein Geheimnis. Er mochte Anuschka, sehr sogar. Eigentlich schon immer, zumindest so lange er sich erinnern konnte. Anuschka: Das war das Mädchen, an das er immer dachte, von dem er träumte, derentwegen er jede andere bisher irgendwann hatte sitzen lassen, sie war das Mädchen, das er wollte und von dem er auch glaubte, dass er sie nie bekommen würde. Sie schien unerreichbar für ihn zu sein, denn er fühlte sich ihr total unterlegen. Außer seinem Freund Köppi und seinem Bruder Edward, mit dem er fast alles besprach, wusste das niemand, und Pavel in seiner verschlossenen Art hatte perfekt verstanden, es zu verbergen. Er hatte seine Zuneigung, die geradezu eine Leidenschaft war, einer Kumpelhaftigkeit untergeordnet, er verstellte sich ihr gegenüber und gab den coolen Typen, mit dem es sich gut quatschen und diskutieren und lachen ließ und der den Eindruck erweckte, man könne mit ihm Pferde stehlen. Sie sah süß aus, sie war so klug, sie roch so gut, sie hatte Stil und Klasse und war zudem eigen, und wie sie jetzt so vor ihm stand, ganz nah, und ihr Atem seine Nase kitzelte, hätte er ihr am liebsten gesagt: «Wenn es überhaupt einen Grund gab für mich, mit hier rauszuziehen in diese beschissene Einöde, und zu tun, was meine Mutter verlangt hat, und diese Zumutung auszuhalten, jeden Morgen eine Stunde zur Arbeit zu fahren, weil die Werkstatt, wo ich meine Ausbildung mache, nämlich in Hamburg-Altona liegt, und das ist verdammt weit weg von hier, wenn ich auf meine Kumpels verzichten muss und auf die Läden, in denen ich mich bisher jeden Abend mit ihnen getroffen habe, wenn es also überhaupt einen Grund gibt, das alles auf mich zu nehmen, dann bist du es.»
    Doch das sagte er nicht. Stattdessen schob er sie sanft beiseite, öffnete die Tür und verließ das Badezimmer. Anuschka seufzte und dachte, eigentlich ist er süß, aber er ist und bleibt ein Alberti, und jeder, der Alberti heißt, ist von nun an mein Feind. Sie ging vor den Spiegel, kämmte ihre Haare, überprüfte ihr Make-up, öffnete den Toilettenschrank und besprühte sich mit Calvin Klein, das Ruth ihr letzte Woche geschenkt hatte. Kurz darauf ging sie über die Treppe, die ins Wohnzimmer führte, nach unten.
    Anne hatte gerade einen Karton mit Vasen vor dem Kamin abgestellt und wollte zurück nach draußen, um ihren Volvo weiter auszuladen. Doch Paul, der mit einem Bücherkarton auf den Schultern gerade hereinkam, hielt sie zurück.
    «Warte!», sagte er und knallte den Karton auf den Parkettfußboden.
    Sie sah ihn an. Er sah zerzaust aus und er schwitzte. Mit den Fingern fuhr sie zärtlich durch sein Haar, um es zu ordnen.
    Er umfasste ihr Handgelenk und hielt es fest: «Ich habe es dir noch gar nicht gesagt, Liebling.»
    «Was?» Sie schaute ihn fragend an.
    «Schön, dass du da bist.» Er näherte sich ihrem Gesicht. «Herzlich Willkommen», sagte er leise und setzte flüsternd hinzu: «Endlich!» Er küsste sie.
    In diesem Moment kam Anuschka die Treppe herunter. Die letzten drei Stufen nahm sie auf einmal. Als sie ihren Vater sah, wie er inmitten von Kartons, Taschen und fremden Gegenständen, die das elegante Ambiente, das sonst hier herrschte in ein hässliches Durcheinander verwandelten, Anne leidenschaftlich in seinen Armen hielt und küsste, nahm ihr das fast den Atem. Sie hielt inne. Einen Augenblick nur. Dann holte sie tief Luft, ging schnurstracks auf die beiden zu und sagte im Vorbeigehen: «Ich bin bei Stivi. Weiß noch nicht, wann ich wiederkomme.»
    Paul fühlte sich ertappt und ließ Anne los. Er schnappte nach Anuschka und konnte sie gerade noch am Ärmel ihres dicken Rippenpullovers festhalten.
    «Mo-ment!», sagte er.
    «Was?» Ihre grauen Augen wurden fast grün, wie immer, wenn sie wütend war.
    «Du gehst zu Stivi?»
    «Ja.»
    Anne, die eine Latzhose aus Jeansstoff trug – was Anuschka absolut lächerlich fand –, strich sich ihre Handinnenflächen am Stoff ab, beugte sich zu ihrem Karton mit den Vasen herunter und machte sich daran zu schaffen.
    «Jetzt?», fragte Paul, und er hatte einen Ton in der Stimme, der scharf klang und den Anne von ihm nicht kannte.
    «Wieso nicht

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