Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Albertis: Roman (German Edition)

Die Albertis: Roman (German Edition)

Titel: Die Albertis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
Vom Netzwerk:
Küche, ja?»
    Laura schnappte sich die Tasche und lächelte ein wenig. «Komm, Luis», rief sie. «Ich zeige dir dein Zimmer.»
    Alle setzten sich in Bewegung.
    Sie hatten den Mittwoch für den Umzug ausgewählt, denn an diesem Wochentag war Pauls Praxis ab zwölf Uhr geschlossen, und er hatte Zeit, sich um die Neunankömmlinge zu kümmern. Erst vor acht Wochen hatten sie sich entschlossen zusammenzuziehen. Es bedeutete unnötigen Stress für beide, ständig zwischen zwei Wohnsitzen hin und her zu pendeln, außerdem konnte Anne, die sich immer noch nicht getraut hatte, mit Wolf eine finanzielle Regelung zu besprechen, auf diese Weise die Miete sparen.
    Danach war alles sehr schnell gegangen. Bei einem Abendessen mit Apfelpfannkuchen – der Lieblingsspeise ihrer Söhne – hatte sie ihnen die Entscheidung mitgeteilt. Pavel blieb stumm. Luis wiederum freute sich: Er liebte Neuerungen, Abwechslung, Abenteuer, er liebte das Ahrensburger Haus mit seinem schönen Garten, er war vernarrt in Paul und noch mehr in Laura, mit der er mehr Unsinn anstellen konnte als mit allen anderen zusammen. Edward war eigentlich für einen Umzug nicht mit vorgesehen. Anne und Paul gingen davon aus, dass er sich endlich entscheiden würde zu studieren und sich zunächst einen Job suchen und ein Zimmer nehmen oder zu seiner Colleen ziehen würde. Doch er dachte gar nicht daran. Er behauptete, es sei unmöglich zu studieren und nebenher einen Job zu haben, und er appellierte an Annes schlechtes Gewissen und erwartete eine finanzielle Unterstützung von ihr. Und außerdem wisse er auch noch gar nicht, wo er studieren wolle und was, und überhaupt: bei Muttern war es doch am bequemsten. Natürlich sagte er das nicht so, aber Anne spürte aus jedem Wort und jeder Geste und jedem Augenaufschlag: Er war ein Nesthocker. Pavel hingegen wäre lieber heute als morgen abgehauen und wünschte sich nichts sehnlicher als eine eigene Wohnung. Doch weder reichte dafür sein Lehrgeld, noch war Anne bereit und in der Lage, ihn angemessen zu unterstützen. Natürlich verübelte er ihr das und ließ es sie spüren. Er sprach mit seinem Vater darüber, Wolf war aber ebenfalls nicht bereit, eine Wohnung zu finanzieren. Er war fast pleite – Steuernachzahlungen drückten ihn, und Anne hatte während ihres letzten Gesprächs den Eindruck, daran sei sie auch schuld. Es half nichts: Edward musste mit.
    In Pauls Haus wurden deshalb die beiden Gästezimmer im Obergeschoss – neben den Mädchenzimmern – renoviert und für Luis und Pavel hergerichtet; das Studio im Dachboden, das bisher Pauls Reich gewesen war, wurde für Edward ausgeräumt.
    Begleitet von Laura, führte Paul alle ins Haus. Er zeigte ihnen ihre Zimmer und bat sie dann ins Esszimmer, wo Anuschka bereits am Tisch saß und Frau Merk – seltsam distanziert – eine große Terrine mit Gemüsesuppe servierte. Den Packern brachte sie belegte Brötchen und Bier nach draußen. Während des Essens wurde wild durcheinander geredet, nur Anuschka saß still am Kopfende, löffelte ihren Teller leer, sagte kaum ein Wort und verschwand dann, um Hausaufgaben zu machen.
    «Du könntest auch helfen!», meinte Paul.
    Doch sie entgegnete, sie habe leider keine Zeit.
    Während Anne und Paul die Balkonpflanzen nach hinten auf die Terrasse schleppten und unter dem schützenden Dachvorsprung abstellten, kam Paul noch einmal auf die lange Diskussion mit seinen Töchtern in der vergangenen Nacht zurück und auf das kurze Begrüßungsgespräch, das Anne mit Laura geführt hatte.
    «Das war genau richtig!», meinte er. «Danke, dass du so einfühlsam warst.»
    «Es fällt mir furchtbar schwer, Paul! Ich gucke in die Augen unserer Kinder und habe das Gefühl, außer bei Luis vielleicht, ich sehe nur Anklagen. Wie soll das nur werden?»
    «Da kommt noch einiges auf uns zu!», erklärte er, «ich kenne meine Älteste. Wenn sie erst einmal was in sich reingefressen hat, dann braucht es viel Überzeugungsarbeit, das wieder abzubauen.»
    «Meinst du, es hat Zweck, wenn ich mal mit ihr rede?»
    Er schüttelte den Kopf.
    «Ja, aber sie ist ja kein Kind mehr, Paul. Man muss reden. Ich mache das. Mir wäre das unangenehm, wenn es da Misstöne gäbe. Ich finde, wir sollten von Anfang an klare Verhältnisse schaffen.»
    «Na, Misstöne ist glaube ich nicht das richtige Wort. Aber sieh selber. Mach mal, was du denkst.»
    Eine Sekunde lang hatte Anne das Gefühl, dies sei ein typischer Wolf-Satz: Mach mal, was du denkst. Das wollte sie nicht

Weitere Kostenlose Bücher