Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
Vom Netzwerk:
dem Konfekt und trat ihm beherzt in den Weg. »Herr Sprugasci?«
    Der Mann blieb stehen und nickte überrascht.
    »Ich …« Ihr Mund war trocken. »Ich möchte Ihnen etwas verkaufen.«
    »Du?« Der Mann musterte sie erstaunt. »Wenn du Schwefelhölzer verkaufen möchtest, geh in die Wirtshäuser, so etwas kann ich hier nicht gebrauchen«, sagte er ungeduldig. Dabei ging sein Blick an ihr vorbei zu den Herren am vorderen Tisch, die ihn erkannten und zu sich riefen.
    »Nein, keine Schwefelhölzer«, beeilte sie sich zu sagen. »Ich weiß um die Herstellung einer Arznei, die sich in einer Konditorei zu einem guten Preis verkaufen lässt.«
    Sprugasci war gerade im Begriff gewesen, sich an ihr vorbeizudrängen. |116| Nun aber hielt er inne. Seine Augen hatten sich zu kleinen Schlitzen verengt. Er sah sie an, als sei sie verrückt oder eine jener Frauen, die von ihrer Herrschaft entlassen worden waren und sich fortan mit Gaunereien durchschlugen.
    Helene atmete tief ein, dachte an Albert und an die Hoffnung, ihn bald in die Arme schließen zu können. Dafür und nur dafür tue ich es, dachte sie und hielt seinem Blick stand. »Marzipan«, sagte sie fest.
    Um Herrn Sprugascis Mund zuckte es. Er nahm ihren Arm und zog sie ein wenig abseits zu einem Lagerraum. »Kaum jemand kennt das Rezept. Vor allem keine Dienstmädchen. Es ist ohnehin nur Apothekern erlaubt, diese Arznei herzustellen.«
    Sprugascis Finger schmerzten an ihren Arm. »Ich kenne das Rezept«, beharrte Helene. »Mein Vater ist Apotheker.«
    »Und wenn schon. Was soll ich damit anfangen? Es ist eine Arznei, wenn auch eine überaus wohlschmeckende. Die Herstellung ist Konditoren unter Strafe verboten.«
    »Ich weiß um die Möglichkeit, es so zu Konfekt zu veredeln, dass es nur der Zunge eines geübten Apothekers als Marzipan erkennbar ist.«
    Sprugasci lockerte den Griff. »Was verlangst du?«
    »Dreißig Reichstaler.«
    »Unmöglich. Das ist zu viel.«
    »Dann werde ich zu einem anderen Zuckerbäcker gehen.«
    »Ich gebe dir fünf.«
    Helene zögerte. Mit fünf Talern würde sie gerade über die Stadtgrenze hinaus kommen. »Zwanzig. Und Sie erhalten eine der kostbaren Zutaten, mit der Sie Marzipan für drei Monate herstellen können.« Ihre Hand tastete unwillkürlich nach dem Fläschchen mit dem Rosenwasser, als müsse sie sich vergewissern, dass es sich nicht in Luft aufgelöst hatte.
    Sprugasci rieb sich das Kinn. »Abgemacht. Aber bevor ich das Rezept kaufe, möchte ich eine Kostprobe deines Könnens.« Er wies in die Backstube.
    Helene zuckte zusammen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie |117| sah auf die Uhr. Halb elf. Auguste wartete auf sie. »Ich komme am Nachmittag wieder.«
    Herr Sprugasci lachte auf. »Das würde mich überraschen. Aber sei’s drum, ich bin bis um vier in der Konditorei.«
    »Ich werde hier sein.«
    »Vier Uhr«, rief er ihr nach, als sie aus der Tür eilte.
     
    Vor dem Haus stand ein Landauer, vor den zwei edle Pferde gespannt waren, von zwei livrierten Herren flankiert. In der offenen Kutsche saß eine ältere Dame in violettem Kleid und mit breitkrempigem Hut, die mit zusammengekniffenen Lippen zum zweiten Stock hochsah. An ihrem Hals funkelte ein weithin sichtbarer violetter Stein.
    Die Juweliersgattin! Helene hastete die Stufen zur Wohnung hinauf. Sie hatte die Tür kaum geöffnet, als sie ein plötzlicher Schlag traf und zu Boden riss.
    »Wo bist du gewesen?« Auguste beugte sich über sie, in den Geruch schweren Parfums gehüllt. Sie trug ein volantbesetztes Kleid, das sie noch fülliger wirken ließ, als sie ohnehin schon war. Auf ihrem Haar saß ein mit Straußenfedern besetzter Hut, der nun gefährlich wippte.
    »Das Konfekt …«, stammelte Helene und begann auf Knien die verstreuten Stücke einzusammeln, die sich bei dem Sturz über den Holzboden verteilt hatten.
    »Ist das deine einzige Sorge?« Ein weiterer Schlag stieß sie gegen den Pfosten der Stubentür. »Ich möchte wissen, wo du gewesen bist.«
    »In der Konditorei. Ich habe auf das Konfekt warten müssen.« »Und kannst du mir erklären, was das hier ist?« Auguste hielt ein blaues Stück Keramik zwischen spitzen Fingern, und Helene erkannte darin eine der Scherben des zerbrochenen Kruges, die sie in der Speisekammer verborgen hatte.
    »Das kostet dich einen weiteren Monatslohn«, schrie Auguste, bohrte ihr erbost die Scherbe in den Arm und zog einen blutigen Strich.
    |118| Helene schrie auf. »Es tut mir leid«, wimmerte sie und hielt sich die Hände vor

Weitere Kostenlose Bücher