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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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Ordnung in die tausend Gedanken zu bringen, die auf dich einstürmten, einen winzigen Strudel bildeten und den Rest deiner Gelassenheit mit sich rissen.
    Danach ging es dir etwas besser, trotzdem zogst du noch mehrmals an der Camel, als wolltest du dieser bemitleidenswerten Light-Zigarette die Seele rauben. In der nächtlichen Dunkelheit blitzte in regelmäßigen Abständen das rote Lämpchen eines Urlaubsfliegers auf, der lautlos eine Diagonale in das Stück Himmel über deinem Kopf zeichnete. Du verfolgtest seine Flugbahn, bis dich etwas sanft an der Schulter berührte.
    Verblüfft fuhrst du herum und sahst, dass es Selvaggia war, die Ursache allen Übels.
    Â»Tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe«, sagte sie.
    Du winktest ab und stießt Rauch durch die Nase aus.
    Â»Ich wusste gar nicht, dass du rauchst«, sagte sie.
    Â»Nur ab und zu. Und du?«
    Â»Na ja, bekanntlich kann ich mich schon bei Alkohol schwer beherrschen.« Diesmal klang sie etwas peinlich berührt.
    Â»Allerdings«, sagtest du lachend und dachtest an euren Abend im Prince zurück. »Vorhin im Auto – warst du da sauer?«
    Â»Nein, wieso?«
    Â»Es sah ganz danach aus.«
    Â»Ich war aber nicht sauer.«
    Â»Na ja trotzdem, irgendwas hattest du. Du warst so seltsam.«
    Â»Ãœberhaupt nicht! Wenn du dir einbildest, dass ich sauer auf dich bin, hast du dich getäuscht, mein lieber Johnny.« Lachend umarmte sie dich. Du versuchtest sie wegzustoßen, wenn auch nicht sehr überzeugend. Schon kurz darauf hatte sie sich an dir festgesaugt wie ein Blutegel. »Wieso sollte ich sauer auf dich sein? Du bist doch ein Schatz«, rief sie.
    Das gab dir endgültig den Rest: Wenn sie dich schon quälen musste, brauchte sie sich nicht auch noch über dich lustig zu machen!
    Du schütteltest Selvaggia ab und starrtest sie wutentbrannt an. »Hör sofort auf damit!«, zischtest du.
    Â»Ich soll aufhören? Womit denn?«, fragte sie und schien aus allen Wolken zu fallen. Sie wirkte aufrichtig, und obwohl du ganz genau wusstest, dass sich hinter diesem hübschen Gesicht eine giftige, angriffslustige Schlange verbarg, wusstest du zu gleich, dass es ihr mit dieser gespielten Naivität gelingen würde, jeden Vorwurf zu entkräften – zum Beispiel den, dass sie dich nachweislich grundlos provozierte. Sie wäre glatt in der Lage, sich eine Millionen Ausreden auszudenken, die dich zum Täter und sie zum Opfer stempelten – und das so geschickt, dass du es irgendwann selber glauben würdest!
    In diesem Moment kam eure Mutter aus dem Restaurant und rief euch zum Dessert.
    Du schenktest Selvaggia einen weiteren giftigen Blick und gingst wieder hinein, die Hände in den Hosentaschen zu Fäusten geballt. Du wolltest jetzt nur noch das Dessert essen, nach Hause fahren und schlafen. Doch leider hatten deine Eltern andere Pläne. Kaum saßt ihr erneut am Tisch, be gann dein Vater mit seiner Ansprache: »Liebe Kinder«, wandte er sich aufmerksamkeitsheischend an euch. »Eure Mutter und ich haben beschlossen, heute Abend schön mit euch auszugehen, weil wir etwas zu feiern haben.« Währenddessen griff die Rechte eurer Mutter nach der seinen. »Wir haben beschlossen, es noch mal zu versuchen«, fuhr er fort. »Wir wollen wieder zusammenziehen, und wer weiß, vielleicht klappt es ja diesmal! Wir sind erwachsener geworden, reifer … Alles in allem glaube ich, dass wir jetzt bereit dafür sind.«
    Â»Na super «, dachtest du bei der Vorstellung, mit Selvaggia zusammenleben zu müssen. Wenn sie dich jeden Tag in solche Schwierigkeiten brachte, war das alles andere als ermutigend! Nicht ganz zu unrecht fragtest du dich, woher du bloß die Kraft nehmen solltest, das auszuhalten, als dein Vater sagte: »Und Kinder, was meint ihr?«
    Selvaggia und du, ihr saht euch bloß an, vermutlich mit einer ziemlich ausdruckslosen Miene.
    Â»Super«, sagte sie.
    Â»Großartig«, bemerktest du relativ tonlos, während Selvaggia jenes Lächeln zur Schau stellte, das du mit ziemlicher Sicherheit als falsch ausmachen konntest. Tja, wirklich su per. Und wer weiß, vielleicht war eure Mutter ja wieder schwanger?
    Â»Außerdem …«, schaltete sich diese prompt ein, »werden wir die Wohnung in der Via Anfiteatro untervermieten und endlich wieder alle unter einem Dach leben.«
    Dein Vater nickte, während

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