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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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durfte dir auf keinen Fall einen Strich durch die Rechnung machen, wenn es darum ging, mit Selvaggia zusammen zu sein. Und ihre Anwesenheit verhinderte nun mal, dass du dich so verhalten konntest, wie du wolltest. Deshalb schlugst du ihre Einladung dankend aus.
    Ihr verabschiedetet euch voneinander an der Tür, und sie machte eine von diesen mütterlichen Gesten, die dir bis dahin so sehr gefehlt hatten: Sie strich dir zuerst übers Haar und zerzauste es dann.
    Du hast ihr einem Kuss auf die Wange gegeben und bist die Treppe hinuntergelaufen. Erst als du gehört hast, wie die Tür ins Schloss fiel, bist du stehen geblieben und hast dich umgedreht, um ein letztes Mal an Selvaggia zu denken, die in diesem Moment seelenruhig in ihrem Bett schlief.

16
    Weil ein Teil von dir dort zurückgeblieben war, bist du in Gedanken gern nach Malcesine zurückgekehrt und hast an Selvaggia gedacht, der du – das spürtest du aufrichtig – dein Herz geschenkt hattest.
    Leider war es so, dass deine Schwester nach diesem Tag nichts mehr von sich hören ließ, obwohl dir deine Mutter anvertraute, ihr habe der Ausflug unheimlich gut gefallen und sie könne es kaum erwarten, neue Orte mit dir und deinen Freunden zu besichtigen.
    Am dritten Tag ohne sie hast du deiner Mutter, die ein paar Temperafarben und Pinsel kaufen wollte, angeboten, sie zu begleiten – in der Hoffnung, ihr unter diesem Vorwand ein paar Informationen entlocken zu können. Ihr hattet das Bastelgeschäft kaum betreten, als du ihr die einzige Frage stelltest, die dir auf den Nägeln brannte: »Mama«, fragtest du gespielt beiläufig und nahmst die ersten Artikel entgegen, die sie kaufen wollte. »Kann es sein, dass Selvaggia neue Freunde gefunden hat? Ich habe schon länger nichts mehr von ihr gehört.«
    Â»Nicht dass ich wüsste«, erwiderte sie. »Normalerweise bleibt sie zu Hause oder bummelt durch die Geschäfte. Sie beginnt, die Stadt zu erkunden«, fügte sie hinzu und setzte ein Lächeln auf, bei dem man nicht wusste, wem oder was es nun eigentlich galt.
    Und so fragtest du dich, warum sie nicht angerufen und dich gebeten hatte, sie irgendwohin zu begleiten, gemeinsam auszugehen oder so. Nach Malcesine hättest du das eigentlich erwartet.
    Â»Warum willst du das wissen?«, erkundigte sich deine Mutter und riss dich aus deinen Gedanken. »Stimmt was nicht?«
    Â»Nein, nein, alles in bester Ordnung«, improvisiertest du. »Meine Freunde fragen sich nur, ob sie sich in ihrer Gegenwart wohlgefühlt hat.«
    Und deine Mutter, die sich ganz auf die Maße einiger kleiner Leinwände konzentrierte, die sie kaufen wollte, vergaß leider, dir die bittere Medizin zu versüßen: »Soweit ich weiß, hat sie sich wohlgefühlt. Gestern habe ich ihr vorgeschlagen, sie soll dich doch anrufen und etwas ausmachen. Aber anscheinend hat sie das nicht getan. Doch, genau das habe ich ihr, glaube ich, vorgeschlagen, aber jetzt leg meine Worte bitte nicht auf die Goldwaage.«
    Das zog dir den Boden unter den Füßen weg. Und natürlich machte diese Verwirrung rasch Raum für den Teil von dir, der unwiderruflich beleidigt war.
    Selvaggia manipulierte dich also nach Belieben, ansonsten warst du ihr völlig egal.
    Sie gab sich nur mit dir ab, wenn es ihr gerade passte – zum Beispiel wenn sie eine Begleitung für den Clubbesuch brauchte oder einen Tag am See verbringen wollte. Beim ersten Mal hat test du das noch nicht glauben wollen, deshalb warst du so naiv gewesen, dich ein zweites Mal ausnutzen zu lassen! Wahrschein lich machte sie sich insgeheim lustig über dich, mehr nicht. Sie betrachtete dich als eine Art Page, Knappe, Laufbursche! Meine Güte, wie konntest du ihr nur zweimal hintereinander auf den Leim gehen, dir einreden, sie würde mehr für diesen gutmütigen Meister Geppetto hier empfinden! Deshalb ihre Lobeshymnen in Malcesine! All die Küsse und Umarmungen waren also bloß gespielt gewesen! Kaum kehrtest du ihr – peng! – den Rücken zu, warst du der Heuchlerin völlig egal und alles andere auch. Sie war eine Schmierenkomödiantin, die nicht einmal wusste, was das Wort Ehrlichkeit überhaupt bedeutete!
    Meine Güte, es war wirklich sinnlos, sich zu ärgern wegen so einer arroganten, skrupellosen Zicke, die so tat, als hätte sie dich gern. Allerdings nur, wenn es ihr gerade in den Kram passte!
    Fast

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