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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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hättest du dich übergeben vor lauter Enttäuschung und neu aufflackerndem Pessimismus.

17
    Die Schmierenkomödiantin tauchte drei Tage, nachdem deine Mutter Alarm geschlagen hatte, wieder auf, und da war die Wunde noch längst nicht verheilt. Es war Vormittag, und du warst gerade erst aufgestanden, hattest in diesem komatösen Zustand geglaubt, draußen Stimmen zu hören. Bis du merktest, dass diese Stimmen aus dem Erdgeschoss kamen und unverwechselbar deinem Vater, deiner Mutter und der Schmierenkomödiantin gehörten, die so gut darin war, andere auszunutzen. Auf einmal war das Haus viel zu klein für euch beide! Deshalb hast du angezogen, was gerade in Reichweite lag, und bist aus deinem Zimmer geschlichen. Hast dich im Bad eingeschlossen, um dich frisch zu machen und zu kämmen, und kaum dass du dich auf Zehenspitzen in den Flur gewagt hattest, stand die Schmierenkomödiantin da und schien irgendwas von dir zu wollen, die blöde Kuh! Du hast so getan, als gäbe es sie gar nicht, machtest weder Muh noch Mäh, und sie hat dich angesehen wie einen armen Irren.
    Â»Entschuldige«, sagte sie. »Das ist alles meine Schuld.«
    Â»Vergiss es!« Würdevoll wie ein Hollywoodstar gingst du nach unten – wie der beste Johnny Strong aller Zeiten.
    Unten im Esszimmer unterhielten sich deine Eltern gerade angeregt.
    Â»Hallo, allerseits!«, hast du gesagt und die Küche betreten, weil du etwas essen wolltest, auch wenn du im Moment das Gefühl hattest, nichts runterbringen zu können. Und tatsächlich bist du nur wenige Minuten später, ohne das Geringste zu dir genommen zu haben, zu deinen Eltern gegangen und hast dich zu ihnen aufs Sofa gesetzt.
    Â»Und?«, fragtest du neugierig. »Irgendwelche Neuigkeiten, über die euer Sohn Bescheid wissen sollte?«
    Auf dem kleinen, niedrigen Tischchen vor dem Sofa lagen einige Unterlagen, die anscheinend etwas mit der Vermietung der Wohnung in der Via Anfiteatro zu tun hatten, und so erfuhrst du eher zufällig, während du zusammengesunken auf dem Sofa saßt, dass deine bekanntlich hyperaktive Mutter nicht erst einen Nachmieter finden wollte, bevor sie umzog. Dank dieser Entscheidung schien dein Vater förmlich im siebten Himmel zu schweben wie ein moderner Cupido. Du dagegen hättest es tausendmal vorgezogen, der Nachmieter zu sein, statt dich mit der verhassten Schmierenkomödiantin Selvaggia unter einem Dach wiederzufinden.
    Und genau in diesem Moment tauchte die verdammte Komödiantin doch tatschlich auf.
    Â»Johnny, gehen wir?«, sagte sie.
    Â»Wohin denn?«
    Â»Eine Runde drehen«, erwiderte sie zuckersüß und zuckte die Achseln. »Bis zum Mittagessen haben wir doch noch nichts anderes vor.«
    Und anstatt sie zum Teufel zu schicken oder ihr einen Aschenbecher an den Kopf zu werfen, hast du wortlos zu deinem Handy und deinem Geldbeutel gegriffen und in Begleitung der Schmierenkomödiantin und des mysteriösen Meister Geppetto, der mit Sicherheit den geräumigen Kokon deines heroischen Bahnenbezwingerkörpers beherrschte, das Haus verlassen. Du warst wütend auf dich und die ganze Welt, vor allem aber auf Selvaggia, der es jedes Mal mühelos gelang, dich wie einen Lakaien um den Finger zu wickeln.
    Aber egal, du hattest beschlossen, sie zum Giardino Giusti zu bringen, und nach einer kurzen Fahrt mit der französischen Rostlaube betratet ihr wortlos den Park. Die Schmierenkomödiantin bestaunte sofort die Schönheit dieses Ortes, den italienischen Garten, die von sachkundigen Gärtnerhänden perfekt gepflegten Pflanzenlabyrinthe, wobei sie sich in der Betrachtung der Statuen erging, die in diesen Irrgärten eine Heimat gefunden hatten. Von dir kam hingegen gar nichts, kein einziges Wort. Du hast eisern geschwiegen.
    Als ihr schließlich das Ende des Parks erreichtet, wo dieser in eine Zypressenallee überging, stiegt ihr zur Aussichtsterrasse eines typischen Türmchens empor und bewundertet das Panorama, das sich unter euch ausbreitete, so weit das Auge reichte.
    Â»Was ist bloß los mit dir heute?«, fragte Selvaggia. »Du bist kaum wiederzuerkennen. Bedrückt dich irgendwas?«
    Ob dich etwas bedrückte? Natürlich, hättest du sie am liebsten angeherrscht. Und ob dich etwas bedrückte. Alles bedrückte dich. Allein dass es sie gab und sie mit dir hier war, bedrückte dich enorm!
    Â»Mich bedrückt so schnell nichts. Ich

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